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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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hatte er sich noch nie einer derartigen Übermacht
stellen müssen, und er war nicht mehr in Form. Er hatte sich
auf Virimonde so sicher gefühlt … Owen schob den Gedanken beiseite und ließ unbewußt seinen Instinkten freien Lauf.
Am Ende würde er also doch noch zu einem Kämpfer werden
müssen, trotz aller geheimen Schwüre und Versprechen, die
er sich nach dem Tod seines Vaters gegeben hatte. Er würde
ein echter Todtsteltzer sein, mit allen Konsequenzen, die sich
darauf ergaben.
Owen atmete tief ein, hielt die Luft einen Augenblick an
und stieß sie dann langsam wieder aus. Eine bedächtige, zielgerichtete Ruhe überkam ihn. Er lächelte kurz, als er die Ironie anerkannte, und murmelte das Aktivierungswort: »Zorn!« Blut donnerte durch seinen Kopf, und sein Herz begann zu
rasen. Eine unterschwellige Psyche schaltete sich ein und
überflutete seinen Körper mit Adrenalin, Endorphinen und
anderen Sekreten aus gentechnisch veränderten Drüsen. Seine
Muskeln schwollen an, und seine Sinne blühten auf. Er war in
jeder Hinsicht stärker, schneller und effizienter als zuvor. Seine Gedanken waren klar und flink wie der Blitz. So lange der Zorn andauerte, war er jedem normalen Menschen überlegen.
Allerdings konnte Owen den Zustand nicht sehr lange aufrechterhalten, sonst würde er innerlich ausbrennen. Trotzdem
würde die Zeit ausreichen, um das zu tun, was er tun mußte.
Owen stürmte erneut aus dem Eingang zum Tunnel, so
schnell, daß das menschliche Auge nicht imstande war, ihm
zu folgen, hob seinen Disruptor und schoß den Mann mit der
Energiewaffe mitten durch die Brust, während dieser eben erst
begann, auf Owens Auftauchen zu reagieren. Der Energiestrahl fraß sich durch die Brust des Sicherheitsmannes und
warf ihn zur Seite. Die Waffe fiel aus seiner Hand und außer
Reichweite der anderen. Owen hatte sich bereits zu den beiden umgewandt, bevor der erste Mann noch auf dem Boden
aufschlug. Sie schienen sich wie in Zeitlupe zu bewegen; jede
Sekunde dauerte eine Ewigkeit. Ihre Schwerter hoben sich
alptraumhaft langsam, und dann war er über ihnen, unmenschlich schnell und stark, überladen bis an die Grenzen
dessen, was ein menschlicher Körper auszuhalten imstande
war. Sein Schwert schnitt durch die Kehle des ersten Gegners
und trennte den Kopf halb vom Rumpf. Dann zuckte die Waffe wie von allein weiter und durchbohrte die Brust des zweiten. Und plötzlich war alles vorbei, noch bevor es richtig begonnen hatte.
Owen verließ den Zornmodus und wäre beinahe gestürzt, als
ihn der aufgestaute Streß traf. Er hatte kontrollierte hysterische Kräfte eingesetzt, aber er war nicht bis an die Grenzen
gegangen, sonst hätte es ihm die Sehnen glatt von den Knochen gerissen. Sein mißbrauchtes Herz hämmerte schmerzhaft
in der Brust, sein Atem ging schnell und abgerissen, und
Schweiß strömte ihm aus allen Poren. Er zitterte unkontrolliert, als das chemische Gebräu, das seine Drüsen in den
Kreislauf gepumpt hatten, langsam versiegte. Der Schock
allein hätte ausgereicht, einen gewöhnlichen Menschen zu
töten, doch Owen war kein gewöhnlicher Mensch. Er war ein
Todtsteltzer, und der Zorn war das wahre Todtsteltzer-Erbe.
Langsam verging das Zittern, und er lächelte unsicher. Verdammt, er fühlte sich phantastisch. Owen schüttelte den Kopf
und versuchte seine Euphorie zu bekämpfen. Sie war nicht
echt, nur ein Nebeneffekt der Endorphine, die sich noch immer in seinem Blut befanden. Das war das Geheimnis der
Todtsteltzer, der Grund, aus dem seine Familie so perfekte
Kampfmaschinen hervorgebracht hatte. Man mußte der konstanten Versuchung entgegentreten und sie unter Kontrolle
bringen. Es war ein Rausch, stärker als jede Droge ihn je erzeugen konnte; eine potentielle Sucht, die mächtiger war als
jeder Wille. Das war der Schlüssel des Todtsteltzer-Trainings,
tief im Unterbewußten durch unterschwellige Kommandos
unter Kontrolle gehalten: Benutze den Zorn nur, wenn du
wirklich in Gefahr schwebst. Owen war niemals zuvor in Versuchung geraten. Die wenigen Male, die er den Zorn bisher in
seinem Leben unter streng kontrollierten Bedingungen eingesetzt hatte, hatten ihn jedesmal mit einer Scheißangst zurückgelassen. Der Zorn schob den Verstand einfach beiseite und
weckte das Raubtier, das in jedem Menschen steckte – und er
machte einen zu diesem Tier. Machte ihn genau zu dem Menschen, der Owen nie hatte sein wollen. Lieber wäre er gestorben.
Owen schob den Gedanken beiseite

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