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Der eiserne Tiger

Der eiserne Tiger

Titel: Der eiserne Tiger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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als
eine Ziegenherde den Weg versperrte.
      Janet sah sich interessiert um, als
sie in die Stadt einfuhren. Doch in Sadar fand sie nichts von der
farbigen Fröhlichkeit Jumas und Altafs. Die Bewohner waren kleine,
gedrungene Mongolen mit wettergegerbter, pergamentener Haut und
Schlitzaugen. Die Männer trugen Stiefel aus ungegerbtem Leder,
ausgebeulte Hosen und Lammfelljacken. Nur wenige hatten einen Turban
auf, die meisten konische Schaffellmützen mit Ohrenklappen. Die
Kleidung der Frauen unterschied sich nur in einem Punkt von der der
Männer: Anstelle der Schaffelljacken trugen sie dreiviertellange
schwarzbraune Filzmäntel. Manche hatten eine Kette aus
Silbermünzen um den Hals gelegt.
      Sie blickten finster und humorlos
drein und wirkten genauso düster wie die Landschaft, die sie
hervorgebracht hatte.
      Selbst die Kinder auf dem Marktplatz
ließen die Lebensfreude und Lebendigkeit vermissen, die sie bei
den indischen Kindern beobachtet hatte. Nicht einmal der Basar wirkte
geschäftig.
      »Niemand lächelt hier«, sagte Janet verwundert. »Ist Ihnen das auch aufgefallen?«
      »Das ist ein armes Land«,
erklärte Hamid. »Alles, was sie haben, müssen sie
mühselig dem Felsgestein abringen. Das Leben ist hier sehr schwer,
die Leute müssen von Tagesanbruch bis zum Einbruch der Nacht
arbeiten. Da gibt's nicht viel zu lachen.«
      Auf der anderen Seite des Platzes
fiel ein barackenartiges Gebäude auf, geschmückt mit der
Flagge von Baipur - ein schwarzer Adler auf grauem und goldfarbenem
Untergrund. Sie flatterte im Wind über dem Eingang. Zwei
Wachtposten in gutsitzenden Khakiuniformen und Militärturbanen
präsentierten die Gewehre, als Drummond vorfuhr und Hamid ausstieg.
      Er griff nach seiner Reisetasche aus
Segeltuch. Sofort sprang eine Ordonnanz hinzu und nahm sie ihm ab.
»Also, bis heute abend«, sagte Hamid und hob die Hand zum
Gruß.
      Nach etwa hundert Metern erreichten
sie den Palast, der aus der Nähe längst nicht so abweisend
aussah wie aus der Luft. Das schmiedeeiserne Tor stand auf. Eine mit
Kies bestreute Auffahrt führte hinein. An der Mauer entlang
wuchsen hohe Zypressen, üppiges
      Grün wucherte überall, und ein Springbrunnen versprühte Wasser.
      »Ich muß schon sagen, das sieht allerdings viel einladender aus«, bemerkte Janet.
      »Das ist nicht weiter
verwunderlich«, erklärte Drummond. »Sie wissen ja, der
Khan ist Moslem. Die verstehen zu leben.«
      »Und welchem Glauben hängen die Leute hier sonst an?«
      »Viele hängen halbherzig
dem Islam an, und eine ganze Menge sind Buddhisten, jedoch in stark
abgewandelter Form. Die Hindus sind in der Minderheit. Von denen gibt
es im ganzen Lande nicht mehr als zwei- oder dreitausend.«
      Sie fuhren jetzt wieder aus der Stadt
heraus. Die Häuser wurden seltener. Es waren in der Hauptsache
zweistöckige Häuser mit festen Mauern, die anscheinend den
Reichen der Stadt gehörten, wer diese auch immer sein mochten.
      Drummond nahm das Gas weg, fuhr durch
einen Torbogen und hielt im Hof eines kleinen Bungalows, der von einem
eingezäunten Garten umgeben war.
      »Hier bin ich zu Hause«,
erklärte er. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, ein Weilchen zu
warten, bringe ich schnell meine Sachen rein. Ich bin gleich wieder
da.«
      Als er aus dem Jeep sprang,
öffnete eine kleine, grauhaarige Frau in einem dunklen Gewand die
Haustür und trat auf die Veranda. Sie neigte den Kopf zur
Begrüßung. Sie legte dabei die Hände zusammen, wie es
die Inder tun. Das Gesicht der Frau war faltig und von Runzeln
durchzogen. Doch das trog vielleicht. Es wäre Janet
schwergefallen, das Alter der Frau zu schätzen.
      »Ihre Haushälterin?« fragte sie Drummond.
      Der nickte und griff nach seiner Reisetasche. »Bin gleich wieder da.«
      »Darf ich mit reinkommen?« fragte Janet. »Ich möchte gern das Innere des Hauses sehen.«
      Er zögerte eine ganze Weile,
nickte aber dann schließlich zustimmend. »Wenn Sie
unbedingt wollen - aber da gibt es wirklich nicht viel zu sehen.«
      Sie folgte ihm die Stufen hinauf.
Oben angekommen, besprach er rasch etwas mit der Frau, die daraufhin
sofort im Haus verschwand. Dann trat er beiseite, um Janet den Vortritt
zu lassen.
      Sie befand sich in einer kleinen
Diele mit glatten Wänden und einem Fußboden aus poliertem
Holz. Er öffnete eine Tür zur Rechten, und sie gelangte in
das Wohnzimmer. Darin befand sich ein großer Kamin, vor dem Felle
lagen. Das Zimmer war nur

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