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Der eiserne Wald

Der eiserne Wald

Titel: Der eiserne Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Howard
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machte mich ganz krank. Wie ihre Falten sich zusammenzogen, als hätte sie Gift geschluckt. Fast hätte ich das Gleichgewicht verloren, dann klammerte ich mich an einem Stuhl fest. Das war also Projekt Zion. GenTech schnappte sich wer weiß wie viele Leute und dokterte an ihnen herum, und diese Frau stand im Zentrum des Ganzen.
    »Nur die Hybridzellen können modifiziert werden«, fuhr sie fort. »Und es gibt sonst nichts, was wir verwenden könnten. Der Mais ist zu synthetisch. Wir hätten ja Tiere eingesetzt, aber es sind keine mehr da. Nur noch Menschen.«
    »Was macht ihr mit ihnen?«, flüsterte ich fast gegen meinen Willen.
    »Wir nennen es Fusion.«
    »Ihr bringt sie um?«
    »Ich bringe niemanden um. Es ist ein Opfer, nichts weiter.«
    »Ein Opfer? Wofür?«
    »Damit wir die Welt neu bepflanzen, Luft und Wasser reinigen können. Holz, Papier, Schutz. Und Obstbäume, Banyan. Echte Obstbäume.«
    »Klar doch!«, schrie ich. »Bepflanzt die Welt und stempelt auf jedes verdammte Teil das GenTech-Logo drauf!«
    Sie sah mich an, als hätte ich sie geschlagen.
    »Und mein Dad hat dabei geholfen?«
    »Als uns klarwurde, was getan werden musste, ist er gegangen.«
    »Wollte wohl kein Blut an den Händen haben, wie?«
    »Er hatte Angst.«
    »Sicher hatte er die. Scheiße. Vielleicht hatte er ja Angst vor dir!«
    Da stand sie auf und verpasste mir eine Ohrfeige. Ihr knochiger Handrücken klatschte brennend auf meine Haut. Aber irgendwie fühlte es sich trotzdem an, als hätte ich gewonnen. Tränen schossen in ihre Augen, und sie stieß zitternd den Atem aus. Dann drehte sie sich zu den Apparaten um.
    »Willst du ihn immer noch sehen?«, fragte sie, als hätte sie mir nichts anderes mehr zu bieten.
    Doch ich redete mir ein, dass ich nicht nur wegen Pa gekommen war. Verdammt, viel eher hatte ich nach etwas gesucht, das mich nicht verlassen würde. Und nach etwas, das man nicht verlassen konnte.
    »Den könnt ihr behalten«, sagte ich. »Alles, was mich interessiert, sind die Bäume.«

Kapitel 48
    Z ee packte mich in GenTech-violette Sachen und zog mir eine dicke Kapuze über den Kopf. Ich konnte nicht mit ihr reden. Stattdessen ließ ich mich von ihr anziehen, während meine Gedanken sich so langsam drehten wie Mühlsteine.
    »Komm schon«, flüsterte sie, als sie meinen Mantel zuschnallte. »Es geht dir bestimmt besser, wenn du sie siehst.«
    Ich hatte den Kopf gesenkt und konnte Zees Gesicht nicht sehen, vermutete aber, dass sie lächelte. Und ich versuchte, mich vom Gedanken an dieses Lächeln wärmen zu lassen, denn im Moment fühlte ich mich nur einsam und verloren.
    Glaub bloß nicht an irgendwelche Märchen, hatte Pa gesagt. Mach dir nichts vor. Es gibt keine Bäume, sagte er immer. Es ist nichts mehr da.
    Aber Pa hatte mich mein ganzes Leben lang belogen.
    Zee führte mich durch Flure und über Treppen, bis wir endlich nach draußen kamen und die kalte Luft durch meinen Mantel drang.
    Ich betrachtete die Eisklumpen, den grauen Himmel und die Betongebäude. Dann nahm Zee meine Hand und zog mich hinter sich her.
    »Mag ja sein, dass sie eine Kopie war«, meinte ich, als wir eine verschneite Anhöhe hinaufstiegen, »aber deine Mom habe ich wesentlich lieber gemocht als die echte.«
    »Hina war echt.«
    »Echt genug, schätze ich.«
    »Sie sollte als Zeichen dienen«, erklärte Zee. »Ich glaube, mich hätte es eigentlich gar nicht geben sollen.«
    »Als Zeichen? Wofür denn?«
    »Die Schöpferin sagt, sobald sie Menschen auf dieselbe Art vervielfältigen konnten, wie sie die Bäume hier reproduzieren, wusste sie, dass sie die beiden Spezies miteinander verbinden könnten. Also hat sie Hina nach Süden geschickt, damit sie deinen Vater fand. Um ihm zu zeigen, dass sie es geschafft hatten.«
    »Und wie weit nach Süden: bis zur Südlichen Mauer.«
    »Unser Vater hatte sich mit einigen Rebellen zusammengetan. Leuten, die gegen GenTech gekämpft haben.«
    »Ja, und ich habe gesehen, was von ihnen noch übrig ist«, sagte ich und versuchte, mich daran zu erinnern, was Jawbone mir über die Piraten erzählt hatte. Ihre Flagge fiel mir wieder ein – die Armee der Versunkenen Sonne.
    »Hina war der Durchbruch«, fuhr Zee fort. Es klang so, als wäre sie stolz darauf. »Deine Mom dachte, wenn unser Vater erst einmal gesehen hätte, was alles möglich war, würde er vielleicht zurückkommen und mithelfen. Wenn er sah, dass sie eine perfekte Kopie eines Menschen herstellen konnten. Deine Mom glaubte, dann würde er seine

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