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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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verzierte Blechdose.
    Â»Im Namen meiner Frau, Caroline Shackleton«, sagt er und beißt unter unseren stummen Blicken in den goldenen Keks. »Und im Namen meiner Geliebten, ebenfalls Caroline Shackleton.«
    Der Erste, der es ihm nachmacht, ist der Skipper.
    Â»Theodora Worsley«, sagt der Käpt’n und nimmt einen Keks. »Mmhh! Jawohl, Gentlemen, so duftet sie!«
    Und während wir noch lachen, langen schon Marstons Finger in die Dose und sind ebenso bunt von lauter Farbe. Kein Tag vergeht, an dem Marston nicht an Namen, Ziffern und Bildern malen würde, mit denen er die ihm zurückgebrachte antarktische Uhr schmückt.
    Â»Hazel Marston, Gott schütze sie.«
    Â»Ja, George, das tut er«, sagt Shackleton. »Da bin ich mir sicher.«
    Der Reihe nach fallen die Namen von Ehefrauen, Bräuten, Müttern und Töchtern. Einige zücken gar Fotografien der betreffenden Ladys und jungen Damen. Aber es gibt auch Geheimniskrämer.
    So sagt Holie nur: »Rose.«
    Und Wordie meint: »Wer sie ist, wird nicht verraten, nur dass sie Gertrude Mary Henderson heißt. Gilt das?«
    Jeder Name gilt. Bakewell bekommt sein Stück Schokolade für ein Barmädchen aus Brooklyn mit Namen Lilly, Crean bleibt Stina Jacobsen treu, und Mick McIlroy kennt alle sieben Vornamen Ihrer Majestät, der Gattin unseres Königs: Mary Augusta Louise Olga Pauline Claudia Agnes Prinzessin von Teck.
    Einer der Letzten, die noch einen Keks ergattern, bin ich. Nachdem ich lange gezögert habe, ob ich überhaupt einen Namen nennen soll, ist mein Hunger nach etwas Süßem doch größer als mein Zweifel, und so folge ich der Stimme meines Herzens und sage zu meiner eigenen Überraschung den Namen meiner Schwester, Regyn.
    Ãœber den Spielen verstreichen einer nach dem anderen die Tage des Sommers, und wie die Zeit vergeht, merken wir nur daran, dass wir immer dünner werden. Darin gleichen wir dem Eis der Scholle, auf der wir über das nicht enden wollende Weddellmeer treiben. Schmelzwasserseen bilden sich überall dort, wo wir länger als ein paar Tage kochen und schlafen, und nicht selten bricht, kurz nachdem wir ein Zelt umgesetzt haben, die See durchs Eis und frisst ein weiteres Leck in unser gefrorenes Floß.
    Die Durchlöcherung hat ihre Vorteile: Ab und zu taucht aus dem Wasser einer der wenigen Krabbenfresser auf, die sich zu dieser Zeit an die Polargrenze verirren, und bevor die verblüffte Robbe begreift, dass sie mitten unter Robbenfresser geraten ist, hält Wild das Gewehr schon in Anschlag. Frank Wilds Treffsicherheit rettet an einem Tag Anfang April Stornoway das Leben, als der im Glauben, eine prächtige Weddellrobbe entdeckt zu haben, mit gezücktem Messer auf ein Wasserloch losrennt. Keine zehn Meter vor ihm und getrieben vom wohl selben Irrglauben wuchtet sich ein grau und schwarz getigertes Ungeheuer aufs Eis. Mit toten Augen sieht es sich um, es hat Flossenfüße, und es stößt gellende Schreie aus einem Maul voller Nadeln.
    Â»McLeod! Zurück! Stornoway, nicht!«
    Doppelt so groß und doppelt so schnell wie er, schießt der Seeleopard in einer Mischung aus Gleiten, Schlängeln und Watscheln auf den wie ein Kind brüllenden Stornoway zu, und die Raubrobbe hat unseren übers Eis stolpernden Vollmatrosen fast erreicht, als Frank Wild den Karabiner abfeuert und nicht einmal nachzuladen braucht.
    Den Bauch des Seeleoparden finden Sir Ernest, Green und ich voller seltsamer, ganz und gar weißer Fische. Es sind Eisfische, wie uns Bob Clark erklärt, die kein rotes, sondern weißes Blut besitzen. Und es sind 31 an der Zahl, doch abzüglich dreier halb verdauter bleiben genau 28, so dass jeder von uns einen Fisch erhält.
    Ein kleiner Seeleopard, silbern mit schwarzen Tüpfeln, daneben das Datum und die Ziffer für unseren 435. Tag im Eis … Liebevoll hält George Marston unser Festmahl im Lager der Geduld auf der antarktischen Uhr fest.
    So bekümmert wir sind, weil wir an nichts anderes mehr denken können als ans Essen, so wunderbar ist es, mit vollem Magen an einem der Schollenseen entlang übers Eis zu stapfen und sich das offene Meer vorzustellen. Weit kann es nicht mehr sein! Zumal das Meer die ganze Zeit da ist. 3000 Meter tief und lakritzschwarz liegt es unter meinen Füßen.

11
Weißer Fleck im Schnee
    W as ist so tragisch daran, ein Meer nicht entdeckt zu haben? Hm, das verrat

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