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Der eiskalte Himmel - Roman

Der eiskalte Himmel - Roman

Titel: Der eiskalte Himmel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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her! Bin da! Schau doch her, du amerikanischer Idiot!«
    Und ich möchte ihn hören: »Heilige Maria, genotzüchtigter Gabriel, Eberklüten und Bockszehen. Himmelkreuzdonnerwetter, mein Blackboro ist da und flucht schon wieder.« Und möchte ihn sehen, meinen Freund, wie er pitschnass durch die Reihen der nach ihm schnappenden Hunde zu mir gestiefelt kommt, breit grinsend, aber mit fragenden Augen, ob ich ihn etwa verpfiffen habe … »Wehe, du, du … du, mein Lieber!«
    Â»Brasst rund die Rahen!«, donnert Greenstreet stattdessen zwei Schritte hinter mir, so dass ich vor Schreck zusammenfahre.
    Und ich sehe noch, wie die Meute im Bug auseinander springt, um in die Wanten zu kommen, da hat mich Bakewell bemerkt, reckt den Arm und schwenkt zum Gruß die Hand.
    Aber Greenstreet sagt jetzt so leise, dass nur ich ihn verstehe: »Gehen Sie zum Skipper, Merce.«
    Worsley wartet auf mich am Eingang zum Achterdeckshaus und wirft mir eine Wolldecke um, nicht ohne zu erwähnen, dass es eine von denen ist, die die Familie von Kapitän Scott für die Expedition gespendet hat. Es ist also eine besondere Decke, nicht weil sie besonders warm wäre, sondern weil Scott erfroren ist.
    Wir gehen hinein. Das Deckshaus wird von einem schmalen Gang in zwei Hälften geteilt, bugwärts beherbergt es die Kajüte des Kapitäns, heckwärts die von Shackleton. Die Eingänge zu beiden Räumen liegen einander gegenüber. Worsley möchte, dass ich in seiner Kajüte warte, während er mit dem Sir spricht. Er schließt die Tür, und ich höre ihn drüben klopfen.
    Auf dem schmalen Bord über der Koje stehen fünf blaue Bücher, alle von Dickens. An die Bullaugen klatscht der Regen. Draußen liegen die aufgeraute Fläche des Meeres und darüber der riesige milchige Himmel. Ein einziges Bild hängt an der Wand neben der Tür. Die kleine Zeichnung zeigt einen Reiter, der sich auf seinem aufbäumenden Pferd soeben nach rückwärts wendet und tief herabbeugt, um ein Kind zu sich hinaufzuziehen.
    Worsley kommt herein; er schließt die Tür, zieht seine Jacke aus und hängt sie über den Stuhl am Schreibpult.
    Â»Setzen Sie sich«, sagt er und dreht den Stuhl um. »Wir warten. Er sagt Bescheid, wenn Sie rüberkommen sollen.«
    Er scheint nicht so recht zu wissen, was er mit mir anfangen soll. Ein Gespräch über das weitere Vorgehen erübrigt sich; das wird gleich Shackleton mit mir führen. Worsley betrachtet die Schokoladeflecken auf meiner Kleidung, und eine Zeit lang beobachtet er, wie das Wasser von meinen Haaren auf Scotts Wolldecke tropft. Dann reicht er mir ein Handtuch.
    Im selben Moment sagt er: »Es gab eine Zeitungsannonce, die der Sir aufgegeben hat. Davon gehört?«
    Crean hat Bakewell davon erzählt, aber da ich es für klüger halte, in meiner Lage Bakewell nicht zu erwähnen, lüge und verneine ich.
    Worsley nimmt eine Ledermappe vom Pult und zieht zwischen den darin befindlichen Papieren einen Zeitungsausriss hervor, den er mir vor die Nase hält.
    Bekanntmachung:
Männer für wagnisreiche Fahrt gesucht.
Geringe Entlohnung. Bittere Kälte.
Lange Monate in völliger Dunkelheit.
Beständige Gefahr. Sichere Rückkehr zweifelhaft.
Auszeichnung und Anerkennung bei Erfolg.
– Ernest Shackleton –
    Â»Daraufhin haben sich über 5000 Leute bei ihm gemeldet«, sagt Worsley und legt die Mappe wieder beiseite. »Abgesehen von einigen wenigen, die er unbedingt mit dabeihaben wollte – Frank Wild, Thomas Crean, Alfred Cheetham und der Matrose McLeod, die alle bereits unten waren und ihre Erfahrungen gesammelt haben, außerdem George Marston und Frank Hurley, deren Malerei und Fotografie er sehr, sehr schätzt –, abgesehen von denen hat sich jeder der Männer an Bord auf die Annonce hin bei ihm gemeldet und ist von Sir Shackleton persönlich angeheuert worden.«
    Damit gibt er mir zu verstehen, dass selbst er, der Kommandant, durch das Nadelöhr eines Einstellungsgesprächs mit Shackleton musste. Soll mir das zeigen, wie aussichtslos meine Lage ist? Oder will er mir im Gegenteil Mut machen, indem er klarstellt, dass Shackleton alle, Decksmatrose wie Kapitän, gleich behandelt?
    Â»Sir«, sage ich, »wenn ich etwas äußern dürfte.«
    Â»Nur zu. Hätten Sie die Güte, sich endlich abzutrocknen. Ich werde das nicht für Sie

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