Der Elbenschlaechter
Seite ein.
»Wir sind gekommen, um Ihnen zu Ihrem wegweisenden kriminologischen Ermittlungserfolg zu gratulieren«, verkündete Hippolit tonlos. Es bereitete ihm fast körperliche Schmerzen, eine derart absurde Lüge auszusprechen, doch er hatte die Erfahrung gemacht, dass Glaxiko seinen Konkurrenten vom IAIT gegenüber bedeutend zugänglicher war, wenn man ihm gleich zu Anfang etwas Honig ums Maul schmierte. Signalisierte man zu früh, dass man seine Schlussfolgerungen für die geistige Diarrhöe eines Schwachsinnigen hielt, konnte er bockig werden wie ein verzogenes Kind. Und dann blockte er gewöhnlich jeden weiteren Versuch, auch nur den geringsten Einblick in die ihm vorliegenden Informationen zu nehmen, nachhaltig ab.
Hippolits Strategie war erfolgreich: Während Jorge als Reaktion auf seine Worte noch ein ungläubiges Würgen hervorstieß, hellte sich Glaxikos rosiges Gesicht auf.
»Da kommen Sie genau rechtzeitig, Meister«, tönte er. »Sie werden gerade noch einen letzten Blick auf das verabscheuungswürdige Subjekt werfen können, bevor meine Männer es auf direktem Weg in die Kerker von Pottz verfrachten!«
»Ah, ja.« Hippolit rieb sich, scheinbar höchst interessiert, das Kinn und hoffte, dass das nervöse Ticken an seiner Schläfe dem General nicht auffallen würde.
Natürlich fiel es ihm nicht auf.
»Sie haben also den fünffachen Mörder überführt, der sein Unwesen in Foggats Pfuhl getrieben hat? Wie sind Sie ihm denn auf die Spur gekommen, wenn ich so frei sein darf, dies zu fragen?«
»Sie dürfen, mein Lieber, Sie dürfen!« Glaxiko stemmte die Hände in die Hüften und reckte sich. »Es war der Tipp eines Informanten, der Benktram dem Elbenschlächter letztlich das Genick brach. Die Stadtwache hat Verbindungen zu sämtlichen Schichten der Bevölkerung, müssen Sie wissen. Wir arbeiten mit allen Tricks!«
»Wers glaubt«, prustete Jorge, verstummte jedoch, als sein Freund einen scharfen Seitenblick in seine Richtung abschoss.
»Sie haben also einen Hinweis erhalten?«, vergewisserte sich Hippolit vorsichtig. »Dürfte ich fragen, von wem?«
Glaxiko lachte gekünstelt. »Natürlich dürfen Sie nicht, mein Lieber, das versteht sich doch von selbst, oder?« Er sah sich verschwörerisch nach allen Richtungen um, eine Scharade, die bei einem Laienspiel unter Vorschulkindern aufgrund mangelnder Authentizität mit Buhrufen abgestraft worden wäre. Dann flüsterte er übertrieben geheimnisvoll: »Ich kann lediglich preisgeben, dass die Information, geografisch betrachtet, aus dem Osten der Stadt kam …« Er verdrehte bedeutungsschwanger die Augen. Als Hippolit nichts erwiderte, fügte er hinzu: »Quasi aus dem Getto, wenn Sie es ganz genau wissen wollen.« Ein erneuter fragender Blick, ob sein Gegenüber die gewitzte Andeutung wohl verstanden hätte. »Dem Flatulgetto – bei Lorgon, jetzt ist es heraus!«
»Du willst damit sagen, General, die Vampyre haben euch einen Tipp gegeben?« Jorges tiefe Stimme klang ungläubig. »Also, wir Trolle haben da ein Sprichwort, und das geht so: Das kannst du den Hasen erzählen!«
Glaxikos Haltung straffte sich, er richtete sich zu seiner ganzen Größe auf und verschränkte die Arme vor der Brust, wobei er tunlichst darauf achtete, keinen seiner zahlreichen Orden zu verdecken. »Sie lesen wohl wie üblich keine Zeitung, Agent Jorge? Sonst wüssten Sie, dass die Vampyre sich durch die in den letzten Tagen geäußerten Verdächtigungen in höchstem Maße angegriffen gefühlt haben. Ihre Sprecher sind mit uns – das heißt genauer: mit mir-in Kontakt getreten und haben uns essenzielle Informationen zugetragen, die es uns ermöglichten, ihr Volk von jedem ungerechtfertigten Verdacht zu befreien. Denn der Täter ist ein Mensch wie Sie und ich, Meister Hippolit. Und darüber hinaus jetzt arretiert!«
Hippolit legte zwei Finger gegen seine heftig pochende Schläfe. »Welche ›essenziellen‹ Informationen mögen das wohl gewesen sein?«, erkundigte er sich.
Bevor der General ihm antworten konnte, entstand hinter ihm, im Flur des Hauses, plötzlich Bewegung. Drei stämmige Soldaten erschienen, die sich damit abmühten, einen nicht übermäßig großen, dafür aus Leibeskräften um sich schlagenden Mann ins Freie zu befördern. Er mochte um die vierzig Jahre alt sein, hatte ein blasses, nichtssagendes Gesicht und einen dichten sandfarbenen Backenbart.
Er sah ungefähr so bedrohlich aus wie ein halbvolles Glas Milch.
»Lasst mich! Lasst mich!«, schrie der
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