Der Elbenschlaechter
königlichen Palast! Nach außen wurde dieser ungewöhnliche Schritt damit begründet, seine Hoheit wünsche den leitenden Beamten für seine exzellente Arbeit im laufenden Ermittlungsverfahren auszuzeichnen. Offenbar hatte der Pressesprecher des Königshauses den Zeitungsschmieranten weisgemacht, das IAIT sei im »Fall Elbenschlächter« nur noch eine Haaresbreite von einer Verhaftung entfernt. Diese Behauptung war natürlich rundheraus gelogen, weswegen auf der Hand lag, dass Salm Hippolit aus anderen Gründen sprechen wollte.
Im Anschluss an eine halsbrecherische Fahrt in einem zum königlichen Fuhrpark gehörenden Rennvulwoog empfing der Prinz ihn in einem abgedunkelten Salon mit hoher Decke, dicken Ledersesseln und kleinen Beistelltischen, auf denen ausgesuchte Spirituosen angerichtet waren. Auf einer langen Anrichte aus Edelholz reihten sich Jadeskulpturen aneinander, ohne Ausnahme Nachbildungen kopulierender Menschen und Tiere. In einem großen, mit weiß geädertem Marmor ummauerten Kamin flackerte ein heimeliges Feuerchen und tauchte die zahlreichen Ölgemälde an den Wänden in unstetes Licht, erweckte die Illusion, die darauf festgehaltenen Aktbilder und erotischen Szenen seien von unheimlichem, perversem Leben erfüllt. Die Luft war schwer vom Aroma würziger Zigarren und süßen Pfeifentabaks.
Bei Hippolits Eintreten wirkte der Prinz unruhig, beinahe fahrig. Wie sich herausstellte, hatte er sich am Nachmittag bei Geheimrat Karliban über den Verlauf der Ermittlungen erkundigt und dabei von der Sondergenehmigung erfahren, die Hippolit für die Befragung des Chauffeurs erwirkt hatte. Seither brannte er darauf zu erfahren, was Hippolit und sein Assistent in Erfahrung gebracht hatten.
»Es tut mir sehr leid, dass wir der Lösung des Falles noch immer keinen entscheidenden Schritt näher gekommen sind, Eure Hoheit«, griff Hippolit den Faden des Gesprächs wieder auf. »Sie müssen nicht eigens erwähnen, dass der öffentliche Druck in dieser Angelegenheit stündlich wächst, dessen sind wir uns schmerzlich bewusst. Aus den Reihen der Zeitungsschreiber ertönen schon wieder die Stimmen der Querulanten, die die Schließung des Instituts fordern; Geheimrat Karliban schläft nachts schon nicht mehr … falls er das überhaupt je tut.« Er legte sinnend eine Fingerspitze an die Nase. »Nicht zu vergessen: Ihr Cousin, der Graf von Sloterdinkh, der so dringend von jedem Verdacht entlastet werden soll.« Er überlegte einen Moment, dann hellte sich sein Gesicht plötzlich auf. »Sagen Sie, gewiss besitzt der Graf doch ein Alibi für die eine oder andere Mordnacht? Haben Sie das bereits überprüfen lassen, Hoheit? Letzte Nacht beispielsweise, zum Zeitpunkt des sechsten Mordes … wissen Sie zufällig, wo sich der Graf zu dieser Stunde aufgehalten hat? Vielleicht könnte das helfen, ihn im Falle einer aufkeimenden Verdächtigung …«
»Was?« Der Prinz, am entfernten Ende des Rauchsalons angekommen, machte auf dem Absatz kehrt und starrte Hippolit über eine Distanz von gut zwei Dutzend Schritten an. Für einen Moment schien es, als wisse er überhaupt nicht, wovon sein Gast gerade gesprochen hatte. »Verzeihen Sie, Meister, ich war in Gedanken. Was sagten Sie?«
»Na, Ihr Cousin, der Graf. Es müsste doch mit Blaak zugehen, wenn er nicht wenigstens für eine der Mordnächte ein hieb- und stichfestes …«
Der Arm des Prinzen schnellte in die Höhe, und mit einem starr auf Hippolit gerichteten Zeigefinger eilte er zu diesem zurück. »Was ist mit der anderen Spur?«, erkundigte er sich mit neu entfachtem Interesse. »Diesem B-Burschen mit seiner blutsaugenden Schlange?«
Nun war es an Hippolit, verständnislos dreinzuschauen. »Das war ein totes Gleis«, erklärte er vorsichtig. »Um sein Haustier, den tribekanischen Saugwurm, zu ernähren, hätte der Halter auf keinen Fall elbisches Blut …«
»Die Uhr«, schnitt ihm Salm das Wort ab. »Fand sich im Besitz des Mannes nicht eine Taschenuhr, die nachweislich einem der O-Opfer gehört hatte?« Wenige Schritte vor Hippolit blieb er stehen, stemmte die Hände in die Hüften und machte ein hoffnungsvolles Gesicht. »Wie konnte der Kerl in ihren Besitz gelangen, wenn er nicht der Mörder ist?«
Hippolit machte eine abwinkende Handbewegung. »Ich vermute, dass es sich um einen halbherzigen Verschleierungsversuch der politischen Rädelsführer im Flatulgetto handelte.«
Der Prinz machte ein so dümmliches Gesicht, dass Hippolit trotz des Respekts, den er dem
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