Der Elfenhuegel
ich hab’
solche Angst.« Sie weinte noch immer, als er sie in die Küche trug, kurz bevor sie bewußtlos wurde.
2
Gabbie blinzelte. In Ihrem Kopf pochte es, und ihr Mund war trocken.
»Wasser«, sagte sie, und ihre Stimme glich einem trockenen Krächzen.
Gloria schüttete ihr ein Glas Wasser aus einem Krug ein und half ihr, sich aufzusetzen, um zu trinken. Gabbies Kopf wand sich bei dieser Anstrengung, während sie von einem Schwindelanfall überwältigt wurde. Das Wasser war kühl und frisch, und Gabbie trank gierig. Der Schwindelanfall ging schnell vorüber, und sie betrachtete ihre Umgebung. Sie befand sich in ihrem Schlafzimmer.
Gloria stand neben dem Bett, Phil direkt hinter ihr. »Bist du in Ordnung, Liebling?« fragte Gloria.
»Sicher, ich denke schon.« Gabbie lächelte schwach. »Was ist passiert?«
Gloria schaute Phil an, der sagte: »Wir hofften, du könntest es uns erzählen. Erinnerst du dich nicht?«
»An was erinnern?« fragte Gabbie.
Gloria setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett. »Du bist gestern so gegen halb acht in die Scheune gegangen. Jack erschien um acht, und ich dachte, du wärst in dein Zimmer zurückgekehrt. Als ich feststellte, daß du nicht hier warst, schnappte sich Jack eine Lampe und ging zur Scheune. Er konnte dich nirgendwo finden, aber er sah Fußspuren auf dem schlammigen Boden, die über die Weide in Richtung der Wälder zeigten. Er folgte ihnen und fand dich auf dem Pfad.«
Gabbie runzelte die Stirn, während sie nachdachte. »Ich… ich erinnere mich, daß ich das Heu für die Pferde wendete, und ich dachte nach…« Ihre Stimme kippte um. »Ich kann mich an nichts anderes erinnern.« Plötzlich wurde sie von einem Grauen heimgesucht; aber sie konnte den Grund dieses Gefühls nicht ausmachen. Es war nur ein namenloser und betäubender Terror. Die Farbe wich ihr aus dem Gesicht, und sie flüsterte. »Was ist passiert?«
Phil sagte: »Liebling, jemand hat versucht, dich zu vergewaltigen.«
Gabbie hüllte sich in Schweigen. Irgendwie erschien ihr das ein Ding der Unmöglichkeit. Sie dachte, wenn jemand versucht, dich zu vergewaltigen, müßtest du dich daran erinnern. Sanft sagte sie:
»Vergewaltigung?« Sie schaute ihren Vater an und sah, daß sein Gesicht einer Maske kontrollierten Zornes glich.
Zum ersten Mal, seitdem sie bei ihm lebte, sah sie ihren Vater wirklich wütend. »Jemand hat versucht, mich zu vergewaltigen?«
»Du warst ziemlich zugerichtet, Liebes«, sagte Gloria. »Und du branntest vor Fieber. Du lagst dort…«
Gabbie schaute an sich herunter, als würde sie versuchen, durch die Decke und das T-Shirt, das sie trug, zu sehen, als würde sie versuchen, einen Blick in ihr Inneres zu werfen. »Getan…? Was…?«
Gloria nahm Gabbies Hand. »Der Arzt wird bald hiersein. Schau, wir können auch später noch darüber reden. Du brauchst deine Ruhe.«
Gabbie lehnte sich in die Kopfkissen zurück. »Ich bin nicht müde.
Nur durcheinander.«
»Erinnerst du dich an gar nichts?« fragte Phil.
Gabbie spürte, wie ihre Ängste abebbten. Die Möglichkeit einer Vergewaltigung schien irgendwie ganz weit entfernt. Sie fühlte sich einerseits zerschunden, als ob sie braune und blaue Flecken hätte, aber andererseits auch wieder nicht… Sie wußte nicht, was sie fühlte. Dann sagte sie: »Jack?«
»Er ist unten und wartet«, sagte Phil. »Er war die ganze Nacht hier und hat auf der Couch geschlafen, wenn er überhaupt geschlafen hat.«
»Die Jungen?« Plötzlich machte sich Gabbie um ihre Brüder Sorgen.
Wenn hier ein Verrückter frei rumläuft, könnten sie in Gefahr sein.
»Ihnen geht’s gut.«
»Kann ich Jack sehen?«
»Natürlich«, sagte Gloria und erhob sich von dem Stuhl neben dem Bett. Phil gab Gabbie einen Kuß und folgte seiner Frau aus dem Zimmer. Fast unmittelbar danach war Jack neben Gabbie. Er sah übernächtigt, unrasiert und zerzaust aus. Er lächelte auf sie herab. »Hi.«
»Selber hi«, sagte sie und erwiderte sein Lächeln. »Bekomm’ ich keinen Kuß?«
Er beugte sich nach vorne und küßte sie. »Bist du in Ordnung?«
»Ich… weiß nicht. Ach, ich kann mich nicht an sehr viel erinnern«, sagte sie und erforschte seinen Gesichtsausdruck, offensichtlich fiel es ihm schwer, fröhlich zu sein. Hinter den sanften Worten und dem schnellen Lächeln war er sehr erregt und tief getroffen. »Bist du in Ordnung?«
Die Maske fiel in sich zusammen, und Tränen traten ihm in die Augen. Seine Stimme wurde schwerfällig und
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