Der Elfenpakt
Zittern des Gewürzmeisters nahm zu und ging in Zuckungen über, wie bei jemandem, der kurz vor einem starken Anfall stand. Sein Kopf begann immer stärker rhythmisch nach hinten zu zucken.
»Gewürzmeister!«, rief Blue aus. Er fiel auf alle viere, wie ein Tier, doch seine Zuckungen wurden eher noch schlimmer. Es war dieses Rucken des Kopfes, das sie wirklich ängstigte. Der Mann würde sich noch das Genick brechen. Trotz ihrer plötzlichen Panik machte sie einen Schritt nach vorn. Was auch immer geschah, er brauchte ihre Hilfe.
»Zurück!«, zischte der Gewürzmeister. Seine wilden Augen blickten für einen kurzen Moment in ihre, dann begann das Kopfzucken erneut. Er heulte wie ein Wolf und umklammerte mit beiden Händen seinen Schädel. »Bleibt … zurück …«, keuchte er unter größter Anstrengung. »Ihr … seid innerhalb … der Spirale … nicht sicher!«
Blue blieb stehen, den einen Fuß kurz vor dem Eingang. Ihre Gedanken überstürzten sich. Die Spirale bestand aus nichts anderem als aus Markierungen auf dem Fußboden. Ob man nun drinnen oder draußen stand, machte doch sicher keinen Unterschied. Außerdem brauchte er Hilfe. Sie konnte doch nicht zulassen, dass er sich verletzte, egal, wie wichtig diese Befragung des Orakels für sie war. Trotzdem zögerte sie.
Doch dann, es war unglaublich, kam der Gewürzmeister wieder auf die Beine, aber er war nicht mehr er selbst. Der alte Mann war verschwunden, und an seiner Stelle ragte nun ein Wesen von gigantischen Ausmaßen auf. Einen Moment lang erschien es Blue zweieinhalb Meter hoch und ungeheuer massig. Die Möglichkeit eines Illusionszaubers schoss ihr durch den Kopf, aber dies hier war keine magische Illusion – zumindest keine von denen, die sie kannte. Trotz allem hatte der Gewürzmeister sich im Grunde nicht wirklich verwandelt. Andeutungsweise konnte sie ihn immer noch erkennen: die Überreste seiner Gesichtszüge, seinen verdrehten Körper. Doch es schien, als wäre ein fremdes Wesen in ihn gefahren und hätte ihn aufgepumpt wie einen Ballon. Fast rechnete sie damit zu sehen, wie seine Haut aufplatzte und irgendetwas Riesenhaftes heraussprang.
Das Geschöpf, in das der Gewürzmeister sich transformiert hatte, begann zu tanzen.
Es war ein rauer, ungehobelter Tanz, ein Stampfen und Schlurfen, das Bilder von Sümpfen heraufbeschwor und an wütende Bestien erinnerte. Irgendwo im hintersten Winkel ihres Bewusstseins vermeinte Blue die wilden Rhythmen urzeitlicher Musik zu hören: Schlaghölzer, Toma und Merkomba, knurrende Stimmen.
Das Wesen wirbelte herum und blickte sie an …
Es lächelte.
Die Stimme, die im nächsten Moment durch die Kammer hallte, hätte unmöglich aus der Kehle des Gewürzmeisters kommen können. Sie vibrierte wie der Klang der Drachenhauttrommel, doch sie trug die unendliche Kälte aus den Tiefen des Universums mit sich, ein Klang, so fremdartig, so anders, dass Blue erschauderte. »Ich sehe Euch, Elfenkaiserin«, sagte die Stimme.
SIEBEN
P yrgus fuhr herum und griff instinktiv nach seinem Halekmesser. Dann erkannte er die lange, geschwungene schwarze Haarsträhne.
»Was zum Hael tust du hier?«, fragte Gela wütend. »Ich hab dir doch gesagt, zum Bootshaus! « Sie hatte eine wunderschöne Stimme, aber einen seltsamen Akzent – wahrscheinlich weil die Ogyris-Familie ursprünglich aus Haleklind stammte.
»Ich habe mich verlaufen«, erwiderte Pyrgus schnell, was nicht so ganz stimmte, weil er schließlich einfach nur abgelenkt worden war, während er nach dem Bootshaus Ausschau gehalten hatte. Aber Pyrgus hatte festgestellt, dass man bei Gela vorsichtig sein musste, weil sie einen sonst mit einem ganzen Haufen Fragen bombardierte. Sein Herz schlug immer noch rasend schnell, aber das lag nicht mehr am Schreck über die Hand auf seiner Schulter.
»Wie konntest du dich denn verlaufen?«, fragte Gela. »Ich hatte dir doch alles ganz genau beschrieben. Weißt du denn nicht, dass es dich das Leben kosten kann, wenn man dich hier findet?«
Jetzt fing sie schon wieder damit an. Pyrgus beschloss, die erste Frage zu beantworten und die zweite einfach zu ignorieren.
»Ich konnte deine Anweisungen nicht lesen«, sagte er.
»Und wieso nicht? Du hast sie doch selber notiert.«
»Stimmt. Ich beschwere mich ja auch gar nicht. Ich sage nur, dass ich die Anweisungen nicht lesen konnte – die, die ich selbst aufgeschrieben habe.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Weil ich …« Er wollte schon sagen: Weil ich sie nicht
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