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Der endlose Tod

Der endlose Tod

Titel: Der endlose Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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begrüßt, die etwas kleiner war als üblich. Da es eine ruhige Nacht war, war es leicht, daraus zu schließen, dass die Freischärler von Nassau County unterwegs waren, um den Sund nach Beutegut zu durchstreifen. Weder billigte noch missbilligte ich ihre Arbeit, aber ich hoffte, dass sie niemandem Schaden zufügten und Gefangennahmen vermeiden konnten, wenn irgend möglich. Ihre Behandlung als Gefangene wäre ohne Zweifel kurz und brutal, denn die Hinrichtungen hatten viele Angehörige der »Miliz« von Connecticut sehr grausam gemacht.
    »Gibt es irgendetwas, Mr. Farr?«, fragte ich ihn, nachdem ich ihn begrüßt hatte.
    Mit einer großen Geste, als habe er es selbst über den Atlantik gebracht, legte er breit lächelnd ein übel zugerichtetes Päckchen vor mich hin. Ich ließ einen Jauchzer los und fiel darüber her wie ein Verhungernder über einen Laib Brot. Dies amüsierte die anderen Stammgäste sehr. Ich machte mich zu einem Esel, aber es machte mir nichts aus. Ich schnitt das Päckchen auf der Stelle mit meinem Federmesser auf und entfaltete die darin enthaltenen Blätter.
    Der Brief war datiert vom späten Februar, wie ich mühsam aus Olivers grässlicher Handschrift entziffern konnte, was mir zeigte, dass er unmittelbar nach meiner letzten Nachricht an ihn geantwortet hatte. Also hatte er ganze vier Monate gebraucht, um zu mir zu gelangen. Mittlerweile waren die Neuigkeiten veraltet, aber das war wesentlich besser als nichts. Mein Blick flog über die eng geschriebenen Worte und suchte nach Noras Namen.
    Und als ich ihn dann fand ... nun, ich hatte auf mehr gehofft ... hatte mehr erwartet.
    Er berichtete mir, dass er meinen Brief an Nora an die Warburtons weitergegeben hatte, wie ich ihn gebeten hatte, und hoffte, dass ich eine rasche Antwort erhielt. Er hatte von ihnen nichts gehört, bis auf eine Nachricht von Mrs. Warburton, die besagte, dass ihr Sohn Tony sich in dem gemäßigten italienischen Klima ein wenig erholt habe, wenn er auch noch immer weit davon entfernt sei, wieder völlig zu genesen.
    Verdammter Bastard, dachte ich mit abrupt verdüsterter Laune aufgrund des Mangels an Neuigkeiten. Er spielte für mich keine Rolle, ich wollte Neuigkeiten von Nora.
    »Keine schlechten Neuigkeiten, hoffe ich?«, erkundigte sich Mr. Farr.
    »Eher überhaupt keine Neuigkeiten«, knurrte ich.
    Der Rest des Briefes spiegelte denjenigen wider, den ich ihm geschickt hatte, im Plauderton und voller Kommentare über Dinge, die lange vorbei und fast vergessen waren. Beinahe wollte ich den Brief schon falten, um ihn später zu lesen, als mir der Name »Norbury« ins Auge fiel und ich fortfuhr zu lesen. Ich hatte ihn nach seiner Meinung über die Familie gefragt, und er hatte sie mir geliefert.
    Ich war gerade dabei, den Brief zum vierten Male zu lesen, als Lady Caroline, offensichtlich ungeduldig vom Warten, hereinkam. Mr. Farr trat zu ihr und bat sie um die Erlaubnis, sie in den Damenbereich seines Hauses zu begleiten, doch sie wies ihn ab und kam lächelnd zu mir herüber.
    »Mr. Barrett? Ich hege nicht den Wunsch, Sie zur Eile anzutreiben, aber ich dachte, Sie könnten vielleicht vergessen haben, dass Ihre Kusine auf uns wartet.«
    Ich konnte nicht sprechen. Ich konnte sie kaum hören. Ich konnte nur ihr Gesicht anstarren. Seit so vielen Monaten war sie mir vertraut, hübsch, freundlich, intelligent, charmant, eine vollkommen liebenswerte Frau. Ich starrte sie an und fühlte, wie eine furchtbare Übelkeit aus dem Magen in mir hochkroch.
    Farr bemerkte, dass etwas nicht stimmte. »Mr. Barrett? Was gibt's? Mr. Barrett?«
    Mein Blick zuckte von ihrem Gesicht zu dem seinen hinüber, und ich bemühte mich, eine Antwort herauszubringen. Unmöglich. Die ganze Welt war unmöglich.
    Sie sagte wieder meinen Namen. Fragend.
    Ich konnte immer noch nicht antworten. Ich stand unter Schock, vermute ich. Er machte es schwer, zu denken.
    »... etwas Brandy, Sir?«, fragte Farr.
    Ich schüttelte den Kopf. Hob eine Hand zu meinen Augen und rieb sie. Als ich zwinkerte, um eine klare Sicht zu erhalten, war der Schrecken immer noch da. Eindeutig. Er würde nicht von allein fortgehen. Man müsste sich damit befassen, und diese verdammenswerte Aufgabe war mir zugefallen. Als ich dies erst verstand, setzte eine Art von Akzeptanz und Entschlossenheit ein. Ohne ein weiteres Wort ergriff ich sie beim Arm und führte sie zu einem der privateren Empfangsräume. Im Vorbeigehen ergriff ich eine Kerze von einem der Tische, sehr zur Verblüffung

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