Der endlose Tod
war.
Es war viel zu früh, und ich war noch zu nah am Haus, um mich in die Lüfte zu erheben; auch ging ein stürmischer Wind mit der Aussicht auf Regen. Ich überlegte, ob ich zurückgehen und meinen Umhang holen sollte, entschied aber, dass mein einfacher blauer Wollmantel ausreichen würde. Mir war überhaupt nicht kalt.
Noch eine andere Unempfindlichkeit, Nora?, dachte ich, als ich in die Dunkelheit hinauswanderte, die für mich nicht dunkel war. So sehr ich mich auch zu erinnern versuchte, Nora hatte sich niemals über die Kälte beklagt, nicht einmal während des schlimmsten englischen Wetters.
Ich verließ den Weg, der zum Haus führte, und bog auf die Straße nach Glenbriar ein. Wenn ich vorsichtig und ruhig war, musste ich mir keine Sorgen über Wachtposten machen, bis ich mich ganz in der Nähe von Glenbriar befand, und selbst dann würden sie mir keine großen Probleme bereiten. Diejenigen unter dem direkten Kommando von Lieutenant Nash kannten alle mein Gesicht, obwohl Gott wusste, was sie sonst noch über mich wussten, falls die beiden Söldner, die ich vor einiger Zeit erschreckt hatte, über mich geplaudert hatten.
Das Wandern war eher belebend als ermüdend, abgesehen von dem rücksichtslosen Zerren des Windes an meiner Kleidung. Ich war nicht hungrig, noch nicht. Vielleicht würde ich sogar die ganze Nacht keinen Hunger bekommen, denn ich hatte gelernt, dass ich nicht jede Nacht Nahrungsaufnahme benötigte. Jede zweite Nacht reichte mir, das heißt, falls ich mir keine Kapriolen in der Luft leistete, Übungen, die natürlich einen guten Appetit hervorriefen.
Ich kam an vielen vertrauten Erkennungszeichen vorbei, und ich staunte erneut über sie in dem silberhellen Glühen, das durch die zerfließenden Wolken hoch über mir sickerte. Diffus und ohne Schatten, aber gelegentlich schwankend, ähnelten sie einem Tanz der Meereswogen, als das Licht über den Boden flatterte und sich einen Weg zwischen Bäumen und Hecken bahnte. Ich hätte dabei, abgesehen von der störenden Bewegung, ein Buch lesen können. Andererseits, warum sollte ich lesen, wenn sich mir solch eine vergängliche Unterhaltung der Natur bot? Das Buch war noch immer da, wenn sich diese herrlichen Aussichten wieder verflüchtigt hatten.
Allmählich wurde die Besiedlung dichter, und ich erweckte die Aufmerksamkeit einiger Hunde, als ich die Straße hinunterging. Fensterläden öffneten sich oder blieben geschlossen, abhängig von dem Mut der Bewohnerrinnen und Bewohner. Ich wurde von zwei barschen Wachtposten angerufen, aber sie erkannten mich und ließen mich ohne Befragung passieren. Es waren nicht die beiden, die mich ›Blutsauger‹ genannt hatten.
The Oak war ein altehrwürdiges Gasthaus, welches als einfache Taverne angefangen hatte, als die ersten Siedler hergekommen waren, um Land von den Indianerstämmen, die hier lebten, zu bekommen. Man munkelte, dass so manche Übereignung und mancher Betrug an den Tischen hier abgewickelt wurden, und es hatte sich seit jener Zeit nicht viel verändert. Es war mit den Jahren schnell angewachsen und rühmte sich nun mehrerer komfortabler Räume. Mr. Farr, der Besitzer, braute exzellentes Bier und Ale und hatte einen guten Koch, aber leider Gottes konnte ich an diesen speziellen irdischen Freuden nicht mehr teilnehmen.
Da Glenbriar nur ein kleines Dorf war, war eine frühe Sperrstunde die Regel gewesen, doch dies war nicht länger der Fall. Die Soldaten hatten das Gasthaus in eine Art Hauptquartier verwandelt, und die Sperrstunde richtete sich nach ihrer jeweiligen Laune. Vielleicht machte Mr. Farr einen guten Profit bei der Sache; aber mit Sicherheit verdiente er eine Entschädigung für all die Unannehmlichkeiten.
»Guten Abend, allerseits«, sagte ich, als ich eintrat.
Der Schankraum enthielt alle möglichen Arten von Soldaten; die meisten von ihnen teilten sich je nach kleinen Variationen ihrer Uniformen in Gruppen auf. Auch gab es einige vertraute Gesichter aus dem Dorf, die ebenfalls in einer Gruppe zusammensaßen. Es war kaum zu erwarten, dass die Gruppen sich untereinander mischten. Wegen der Störungen, Ausschreitungen und den unverschämten Diebstählen gab es wenig Liebe zwischen den Zivilisten und dem Militär.
»Mr. Farr.« Lächelnd näherte ich mich seinem Lieblingsplatz am Feuer, wo er saß und rauchte.
Er stand auf, ganz bleich und unsicher. Wie viele andere in unserer Gemeinde hatte er von meinem Tod und Begräbnis gehört. Und mittlerweile hatte er ebenfalls die
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