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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Stimmenmehrheit entscheidet. Wird durch Stimmenmehrheit das Weiterbestehen festgesetzt, so sind damit automatisch auch die nötigen Mittel aus meinem Vermögen für diesen Zweck genehmigt. Über die Höhe der einzelnen Bezüge entscheidet Lynn Collins und später mein Sohn Stephen.

    Diese beiden Abschnitte konnten allerlei bedeuten. So war es klar, daß Stephen die Leitung sofort übernehmen konnte, sobald Collins tot war.
    Es konnte aber auch noch etwas anderes dahinterstecken, und deshalb nahm ich mir vor, gleich am nächsten Morgen dem Notar einen Besuch zu machen.
    Als der Morgen zu dämmern anfing, hatte ich meine sämtlichen Zigaretten verraucht. Ich war mir nicht schlüssig geworden, ob der alte Säufer seine dunklen Andeutungen nur aus Ärger gemacht hatte, oder ob tatsächlich etwas daran war; jedenfalls hatte Doktor William Dardington ein Testament zusammengebastelt, das einigen Leuten Grund genug gegeben hätte, ihn schnellstens um die Ecke zu bringen. Er schien auch keineswegs ein sehr liebenswerter Mensch gewesen zu sein, bestimmt nicht seiner Familie gegenüber, die durch seinen Tod praktisch nur Vorteile hatte.
    Auch ein Nachtrag zu diesem Testament machte mich stutzig. Er war nur etwa drei Wochen vor Dardingtons Tod eingetragen worden und betraf Dardingtons Sekretärin Julia Miles. Ihr hatte er „für besonders treue Dienste“ ein Legat von fünfzehntausend Dollar ausgesetzt. Na, wenn das nicht stank!
    Ich schlief nicht mehr als drei Stunden, und als ich, noch im Pyjama, auf den Balkon trat, hoben sich gerade die Morgennebel über dem Meer. Es sah schon ein wenig nach Herbst aus.
    Ich nahm mir nur wenig Zeit zum Duschen und Rasieren, und als ich fertig war, wollte ich sofort losfahren. Nicht so sehr aus Berufseifer, aber wer selber raucht, weiß, was man alles fertigbringt, wenn einem der Tabak ausgegangen ist.
    Mrs. Arillaga fing mich jedoch unten ab. Sie hatte mir ein Frühstück hergerichtet.
    „Darf ich’s Ihnen auf Ihr Zimmer bringen?“
    Ich sagte ihr, es würde mir allein nicht schmecken, und setzte mich zu ihr in die Küche.
    Von der Küche führte eine Tür auf eine Art Balkon hinaus, und da konnte man über eine Treppe direkt in den Park gehen. Es war offenbar eine Spielerei, auf diesem Weg die größten Mengen Zyankali dorthin zu schaffen, wo sie am wirkungsvollsten waren.
    Da Mrs. Arillaga aus irgendeiner Schublade auch noch ein Päckchen Chesterfield zum Vorschein brachte, lag für mich kein Grund vor, Santa Marguerita so fluchtartig zu verlassen, zumal mich Mrs. Arillaga darauf aufmerksam gemacht hatte, daß heute Sonntag war.
    „Was tun die da drüben denn am Sonntag?“ fragte ich.
    „Nichts anderes als sonst, Mr. Manning. Nur Mrs. Dardington fährt zur Kirche.“
    Die Chesterfield schmeckte stark nach Mottenpulver, und meine Laune sank wie das Barometer vor einem Hurrikan. Um ehrlich zu sein: es war weniger die Chesterfield daran schuld, als vielmehr, daß ich nicht recht weiter wußte. Es war noch eine ganze Menge zu tun, jawohl, aber mir erschien alles auf einmal so unwichtig, so nebensächlich. Ich mußte mich mit dem Notar unterhalten, mußte mit dem ältesten und mit dem jüngsten Dardington=Boy reden, ich mußte Julia Miles aufsuchen und schließlich auch den „alten Quacksalber“. Eine ganze Menge Arbeit also.
    „Hier ist doch irgendwo ein Weiher, oder so was?“ fragte ich.
    „O ja“, sagte sie, „er liegt ein Stück hinter dem Laboratorium.“ Und dann fügte sie leise hinzu: „Wollen Sie wegen des Schusses dorthin?“
    „Was für ein Schuß?“
    „Ach“, machte sie, „das hat Ihnen Mr. Collins wahrscheinlich nicht erzählt. Es hat jemand auf ihn geschossen.“
    „Wann war das?“
    „Das sagte er mir nicht. Er erzählte es mir nur vor — vor ungefähr einer Woche. Da war’s so heiß, und er ist abends zum Baden runtergegangen, und als er am Ufer stand — so erzählte er — hat’s plötzlich geschossen, und er hörte die Kugel direkt neben sich in einen Eukalyptusbaum einschlagen. Er lachte noch, als er es mir erzählte, und meinte, irgend jemand müsse ihn mit einer Wildtaube verwechselt haben.“
    „Wird hier öfter geschossen?“
    „Ab und zu. Hauptsächlich Mr. Davis schießt auf Wildtauben, und manchmal, wenn eine Party ist, schießen sie auch im Park.“
    Ich machte mich auf den Weg zum See. Meine schale, abgestandene Gemütsverfassung hatte sich geändert. Ich schlängelte mich durch die Büsche, ging am Labor vorbei und schlenderte durch den

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