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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Stadtzugang kontrollieren. Später war sie aufgrund ihrer Nähe zum Vatikan zur päpstlichen Fluchtburg geworden.
    Zu Albert Rosins Zeit, als Rom viel kleiner gewesen war, musste die Festung ungleich mächtiger gewirkt haben. Auch fehlte heute die fünfeckige Umfassungsmauer, die das Castel Sant’Angelo einst als äußerer Befestigungsring umgeben hatte.
    Als Elena nach links auf den Ponte Umberto I. einbog, erkundigte Alexander sich nach dem Ziel.
    «Wir fahren zur Engelsburg», antwortete Elena mit einem hintergründigen Lächeln. «Wie es der Zufall so will, wohnt und arbeitet der Professor dort.»
    «Der Professor?»
    «Ja, wohl der letzte Universalgelehrte unserer Zeit. Sein besonderes Interessengebiet ist die römische Renaissance und alles, was damit zusammenhängt. Er kann uns bestimmt ein paar erhellende Antworten geben.»
    «Das halte ich für keine gute Idee», sagte Alexander schroff.
    «Als Wissenschaftler verfasst er sofort eine Abhandlung über die Sache, um sich wichtig zu machen.»
    «Er ist kein Wissenschaftler im herkömmlichen Sinn. Ich würde ihn eher als Privatgelehrten bezeichnen.»
    Alexander konnte sich nicht vorstellen, wozu die Verwaltung der Engelsburg einen Privatgelehrten angestellt haben sollte, aber er übte sich in Geduld. Bald darauf parkte Elena im Schatten der alten Burg.
    Es war Montag, Ruhetag in den meisten römischen Museen, auch in der Engelsburg. Wegen des starken Regens hatte Alexander das Buch mit Albert Rosins Bericht unter seine Jacke geschoben, die von schwarzen Brandflecken übersät war; das einzige Resultat seines kläglichen Versuchs, Pater Borghesi zu retten.
    An dem verschlossenen Gittertor, durch das an anderen Tagen die Touristen strömten, presste Elena den Daumen auf einen einsamen Klingelknopf, neben dem ein kleines vergilbtes Schild mit der Aufschrift PORTINAIO hing. Das heißt so viel wie
    «Pförtner» oder «Hausmeister», schoss es Alexander durch den Kopf.
    Außer dem Professor würde also auch noch der Pförtner von ihrem Besuch Wind bekommen, und das war ihm gar nicht recht.
    Nach zwei oder drei Minuten des Wartens im unerbittlichen Regen kam ein Mann unter einem riesigen braunen Schirm betont gemächlich zum Tor geschlendert. Als wollte er durch seine Lässigkeit die unerwünschten Besucher, die im Gegensatz zu ihm nicht vor dem Regen geschützt waren, für ihre Klingelei bestrafen. Alexander schätzte den untersetzten Mann mit dem sich lichtenden grauen Haar auf etwa sechzig. Das Gesicht wurde von einer riesigen Brille beherrscht, deren sechseckige Gläser kaum weniger dick waren als Borghesis.
    «Heute ist geschlossen!», schimpfte der Pförtner, der eine Strickjacke mit lederfleckenbesetzten Ellbogen, eine abgewetzte Cordhose und zerknautschte Lederschuhe trug, alles erdbraun wie sein Schirm. Als Alexander und Elena keine Anstalten machten, sich zu entfernen, wiederholte er seine unerbetene Auskunft auf Deutsch, Englisch und Französisch.
    «Aber Sie haben doch den Schlüssel», rief Elena und wandte dem Pförtner ihr regennasses Gesicht zu.
    Der Mann mit der großen Brille blieb stehen und sah überrascht durchs Gitter. «Elena! Sie sind’s! Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?»
    «Sie haben mich ja nicht zu Wort kommen lassen.»
    «Entschuldigen Sie, entschuldigen Sie», murmelte er, nestelte einen Schlüsselbund unter seiner Strickjacke hervor und öffnete das Gittertor. «Also wirklich, wie soll ich wissen, dass Sie es sind?»
    «Vielleicht sollte die Museumsleitung Ihnen eine Gegen-sprechanlage spendieren», sagte Elena, als sie und Alexander die Engelsburg betraten.
    Hinter ihnen verschloss der Pförtner das Tor wieder sorgfältig.
    «Darf ich vorstellen, mein Freund Alexander Rosin», sagte Elena fast förmlich, als stünden sie nicht im strömenden Regen, sondern auf einem offiziellen Empfang. «Und das ist Signor Remigio Solbelli, der Kastellan der Engelsburg.»
    Sie benutzte tatsächlich den altertümlichen Ausdruck Kastellan, und Solbelli verbeugte sich wie eine den verknöcherten Diener spielende Knallcharge in einem alten Kostümschinken. Fehlte nur noch, dass er in huldvollem Ton sagte: «Ich heiße Sie in dieser altehrwürdigen Festung willkommen, mein Herr.» Oder etwas in der Art.
    Stattdessen sagte er schlicht: «Hallo, Elenas Freunde sind auch die meinen. Folgt mir, schnell! Dieser verdammte Regen!»
    Er nahm sie unter seinen Schirm, weshalb Alexander kaum etwas von der Burg erkennen konnte. Zwar hatte er sie schon dreimal

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