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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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Fasanenjagd fürchtete, wurde die Insel von einer Rattenplage heimgesucht. Da hat Ferdinand schleunigst wieder Katzen auf Procida ansiedeln lassen.»
    Signora del Grosso hatte auf die blauschwarze Katze geblickt.
    Jetzt sah sie zu ihren Besuchern auf und seufzte schwer. «Die Menschen vergessen schnell. Im Zeitalter der zubetonierten Städte glauben sie, auf die Katzen nicht mehr angewiesen zu sein.
    Dabei hält Beton keine Ratten ab und ein Computer ersetzt kein lebendes Wesen. Die aus den Häusern verbannten Katzen haben sich hier, unter der Stadt der Menschen, ein eigenes Reich geschaffen und warten darauf, dass sie wieder gebraucht werden.»
    «Ein eigenes Reich?» Alexander sah die alte Frau an wie eine geistig Verwirrte.
    «Wie würden Sie eine Welt nennen, die nur den Katzen gehört?», fragte sie zurück. «So ist es wirklich, glauben Sie mir.
    Nur ein Bruchteil der antiken Überreste Roms ist freigelegt. Das meiste schlummert noch unter modernen Bauten und asphaltierten Straßen. Unterirdische Gänge und Gewölbe, zu großen Teilen eingestürzt. Aber für die geschmeidige Katze gibt es Wege, wo der schwere, ungelenke Mensch nicht weiterkommt.
    Verbindungen zwischen zahlreichen Trümmerstätten wie dieser.
    Man findet die Katzen von Rom im Kolosseum, in den Ruinen der alten Gladiatorenschule, beim Pyramidengrab des Gaius Cestuis und an hundert anderen Plätzen. Manchmal ist eine meiner Lieben für Wochen und Monate verschwunden.

    Irgendwann taucht sie wieder bei mir auf, zurückgekehrt durch ein Netzwerk unterirdischer Wege, das nur die Katzen kennen.»
    Die Blicke von Alexander und Elena kreuzten sich, und sie waren sich wortlos einig: Die unterirdischen Gänge mussten das sein, was Pater Borghesi mit seinen letzten Worten gemeint hatte: Der Hort des Bösen … unter Sankt Peter … Frag die Katzennärrin!
    «Das klingt wirklich interessant», versicherte Elena der alten Frau. «Dieser Aspekt Ihrer Arbeit ist bislang wohl zu kurz gekommen. Vermutlich wissen Sie mehr über diese unterirdischen Verbindungswege als mancher Archäologe.»
    «Vermutlich», sagte die Katzennärrin knapp.
    «Können Sie uns Näheres darüber erzählen, Signora del Grosso?»
    «Nein!», presste die Signora zornig hervor und ihre alten Augen funkelten böse.
    Ihr plötzlicher Sinneswandel hatte sich auf die blauschwarze und auf die gestreifte Katze übertragen. Die Blauschwarze sprang wie elektrisiert vom Schoß ihrer Herrin und flitzte quer durch den Raum unter einen niedrigen Polstersessel. Die Gestreifte war standhafter. Mit einem misstrauischen Gesichtsausdruck richtete sie sich neben dem Kopf der Alten auf und krümmte den Leib zu einem Buckel. Das Fell sträubte sich und sie zeigte mit einem bedrohlichen Fauchen ihre scharfen Fangzähne.
    Elena sah ihre Gastgeberin verwundert an. «Was haben Sie denn, Signora?»
    Die Katzennärrin zeigte mit ihrem Stock zum Ausgang.
    «Hinaus! Verlassen Sie unser Heim! Sofort!»
    Sie sagte tatsächlich « unser Heim», als spreche sie auch für die Katzen.
    Als Elena noch einmal versuchte, eine Erklärung für den Rauswurf zu erhalten, stand Signora del Grosso auf und holte mit dem Stock aus. Alexander sprang ebenfalls auf und packte den Krückstock dicht unter dem Griff, um Elena vor dem Hieb zu bewahren.
    Plötzlich hing etwas vor seinem Gesicht, und ein scharfer Schmerz fuhr durch seine linke Wange. Er taumelte zurück und griff nach dem Wesen, das ihn verletzt hatte. Es entwand sich seiner Hand und landete mit einem geschickten Sprung auf dem Tisch. Dort krümmte die Gestreifte abermals ihren Rücken und schoss eine wahre Fauchkanonade auf ihn ab.
    «Ruhig, Tiger», sagte die Katzennärrin und hob die Linke zu einer beschwichtigenden Geste.
    Sofort stellte das Tier, offenbar ein Kater und keine Katze, sein Fauchen ein. Aber es beobachtete Alexander weiterhin aus wachsamen Augen.
    Signora del Grosso schien sich ein wenig beruhigt zu haben.
    Mit einem entschuldigenden Lächeln erklärte sie: «Tiger ist mein Leibwächter.»
    «Das habe ich gemerkt», knurrte Alexander und fuhr mit einer Hand vorsichtig über die Wunde, die Tigers Krallen gerissen hatten. Die Handfläche war mit Blut bedeckt.
    «Katzen können sehr gefährlich sein», sagte die alte Frau überflüssigerweise. «Ein Wissenschaftler hat sie mal als perfekte Tötungsmaschine beschrieben. Oder wie Victor Hugo sagte: Gott erschuf die Katze, damit der Mensch einen Tiger zum Streicheln hat. Deshalb und natürlich auch wegen seines

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