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Der Engelspapst

Der Engelspapst

Titel: Der Engelspapst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorg Kastner
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die Burg beigestanden hast, habe ich deinen Mut und deine Verlässlichkeit erkannt. Außerdem war ich es nicht allein, der dich für diese Aufgabe ausgewählt hat.»
    «Wer denn noch?», wagte ich zu fragen.
    «Meister Cellini schlug dich vor. Er scheint ebenso angetan von dir wie ich.»
    Cellini! In diesem Augenblick begriff ich den Grund seines unverschämten Grinsens und ich hätte ihn erwürgen mögen.
    Vielleicht hätte ich Cellini tatsächlich erwürgt, wären nicht Fabien Maurois, Herkules Göldli und Hans Gutenberg bei uns gewesen. Zudem hatte ich Mühe mit dem schweren Leder der seltsamen Kleider, in die ich unbeholfen geschlüpft war. Jede Regung, gleich ob mit Arm oder Bein, geriet ungelenk. Ich konnte mich kaum bücken, um die Stiefel auszuziehen, deren Sohlen zu allem Überfluss auch noch mit Blei ausgegossen waren. Es gelang nur, weil Gutenberg mir Hilfe leistete. Sein bärtiges Gesicht wirkte, durch die beiden Sehgläser vor meinen Augen betrachtet, trübe.
    Selbst das Atmen fiel mir schwer. Schweiß bedeckte meine Stirn und mein Gesicht ob der ledernen Kappe, die mein Haupt umschloss. Schon zog Gutenberg mir die eigenartigen Handschuhe über, deren Finger durch dünne Lederhäute verbunden waren; meine Hände glichen den Füßen einer Ente.
    «Was für ein Unsinn», brummte ich, und meine Stimme klang dumpf unter der Lederhaube. «Wie soll unsere Flucht aus der Engelsburg gelingen, wenn wir uns kaum rühren können?»
    Cellini, der die lederne Hose angezogen hatte, aber noch nicht das Wams mit der Haube, lächelte mir zu. «An Land mag diese Tracht hinderlich sein, aber unter Wasser wird sie unser Fortkommen beschleunigen, ja überhaupt erst ermöglichen.»
    «Habt Ihr’s ausprobiert?», fragte ich.
    «Bislang hat noch niemand die Anzüge erprobt», antwortete Maurois. «Wir haben sie für einen Fall wie diesen aufbewahrt.»
    «Woher wollt Ihr dann wissen, dass wir nicht elendig ertrinken?», schnaubte ich.
    «Meister Leonardo hat versichert, dass auf seine Entwürfe Verlass ist.»
    «Meint Ihr diesen Leonardo aus Vinci, der lange Jahre in Mailand bei Ludovico il Moro und dann bis zu seinem Tod beim König von Frankreich in Diensten stand?»
    «Den meine ich. Er war auch in Rom und hat damals dem Heiligen Vater diese beiden Anzüge als Dankesgeschenk überlassen.»
    «Ein seltsames Dankesgeschenk! Wofür hat der Heilige Vater es erhalten?»
    «Meister Leonardo durfte zu Studienzwecken Einblick in die Geheimsammlung des Vatikans nehmen.»
    Meine Neugier in dieser Sache war weitaus größer als mein Verlangen, die lederne Unterwasserkleidung einer Tauglichkeits-prüfung zu unterziehen. Doch war jetzt auch Cellini in Wams und Haube gefahren und hatte die Schwimmhandschuhe übergestreift, sodass unserem Aufbruch nichts mehr im Wege stand. An den breiten Gürteln, die Wams und Hose verbanden, hingen große Dolche in ledernen Scheiden und mehrere Ausrüstungsgegen-stände sowie bei dem Goldschmied zusätzlich ein lederner Beutel mit der geheimnisvollen Schatulle. Ich warf einen letzten Blick in die Runde. Das nackte, kalte Kellergewölbe erschien mir geradezu heimelig, dachte ich an das bevorstehende Abenteuer, das, so meinte ich, nur damit enden konnte, dass wir beide ertranken.
    Cellini winkte uns zu, nahm von Göldli die Lanze mit der gebogenen Spitze entgegen und stieg als Erster in den Schacht, durch den bei Überschwemmungen das Wasser abfließen konnte. Ich wollte hinter dem Goldschmied nicht zurückstehen, griff nach meiner Lanze und schob mich ebenfalls in die düstere Öffnung. Schon jetzt fiel mir das Atmen durch den Lederschlauch an meiner Kopfhaube schwer, wie sollte das erst unter Wasser werden!
    Eiserne Sprossen, die in regelmäßigen Abständen in die gerundete Mauer geschlagen waren, erleichterten uns den Abstieg. Üblicherweise wurden sie von den Knechten benutzt, die den Schacht bei Verstopfung zu reinigen hatten. Erst kurz über dem Wasser hörten die Eisensprossen auf. Cellini tauchte vor mir unter, und misstrauisch beäugte ich, ob noch Leben in ihm war. In gebückter Haltung kroch er durch den Schacht. Ich tat es ihm nach und wäre am liebsten sofort umgekehrt, als das Ende meines Atemschlauchs unter Wasser geriet und sich dank Meister Leonardos ausgeklügelter Konstruktion verschloss.
    Solange wir uns in dem Abflussschacht befanden, mussten wir mit der wenigen Luft in unseren Hauben und Schläuchen auskommen.
    Es war nun vollkommen dunkel, aber wir konnten uns nicht verlaufen. So

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