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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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meine ich. Ich war am Fluss.«
    Sie antwortete nicht, sondern rappelte sich auf und verließ stolpernd das Gehölz. Simon zuckte die Achseln und setzte seine Suche nach Lebensmitteln für ihr Frühstück fort.
    Als Miriamel nach kurzer Zeit zurückkam, hatte er einen Klumpen weichen Käse und ein rundes Brot gefunden. Das Brot hatte er aufgeschnitten und war dabei, es an einem Stock über dem kleinen Feuer zu rösten.
    »Guten Morgen«, sagte Miriamel. Sie sah noch immer etwas zerzaust aus, hatte sich aber den Schmutz aus dem Gesicht gewaschen und machte einen beinahe vergnügten Eindruck. »Tut mir leid, dass ich vorhin so mürrisch war. Ich hatte einen … einen schlechten Traum.«
    Simon sah sie teilnahmsvoll an, aber sie erzählte nicht mehr. »Hier ist etwas zu essen«, lud er sie ein.
    »Und ein Feuer.« Sie setzte sich zu ihm und streckte die Hände aus. »Hoffentlich sieht man den Rauch nicht.«
    »Nein. Ich bin ein Stück nach draußen gegangen und habe es geprüft.«
    Er gab ihr das halbe Brot und ein Stück Käse. Miriamel aß gierig und lächelte ihn mit vollem Mund an. Nachdem sie geschluckt hatte, erklärte sie: »Ich hatte wirklich Hunger. Gestern Abend konnte ich vor lauter Aufregung nichts essen.«
    »Hier ist noch mehr, wenn Ihr möchtet.«
    Miriamel schüttelte den Kopf. »Wir müssen sparsam damit umgehen. Ich weiß nicht, wie lange wir unterwegs sein werden, und vielleicht finden wir nur schwer neuen Proviant.« Sie sah zu ihm auf. »Kannst du schießen? Ich habe einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen mitgebracht.« Sie deutete auf den Bogen, der neben ihrem Sattel hing.
    Simon zuckte mit den Schultern. »Ich habe schon geschossen, aber ich bin kein Hans Mundwald. Wahrscheinlich könnte ich auf zwölf Schritte eine Kuh treffen.«
    Miriamel kicherte. »Ich dachte an Kaninchen, Eichhörnchen oder Vögel. Viele Kühe werden hier wohl nicht auf uns warten.«
    Simon nickte verständnisvoll. »Dann wollen wir lieber tun, was Ihr sagt, und die Lebensmittel sparen.«
    Miriamel lehnte sich zurück und legte die Hände auf ihren Bauch. »Nun ja … wenn das Feuer schon einmal brennt …« Sie stand auf und ging zu ihren Satteltaschen, aus denen sie zwei Schalen und einen kleinen, verschnürten Beutel holte. Dann legte sie zwei kleine Steine zum Erhitzen in die Glut. »Ich habe ein bisschen Calamint-Tee mitgenommen.«
    »Ihr tut doch kein Salz und keine Butter hinein, oder?«, fragte Simon, dem die Qanuc und ihre merkwürdigen Zutaten einfielen.
    »Bei Elysias Barmherzigkeit, nein!« Miriamel lachte. »Aber was ich mir wünschte, wären ein paar Löffel Honig.«
    Während sie den Tee tranken – der Simon erheblich besser schmeckte als der Aka vom Mintahoq –, legte Miriamel ihre Pläne für den Tag dar. Sie wollte nicht vor Sonnenuntergang weiterreiten, aber sie konnten die Zeit für andere Dinge nutzen.
    »Zum Beispiel kannst du mir beibringen, wie man ein Schwert führt.«
    »Was?« Simon starrte sie an, als hätte sie ihn aufgefordert, sie das Fliegen zu lehren.
    Miriamel warf ihm einen verächtlichen Blick zu und ging wieder zu ihrer Satteltasche. Von ganz unten brachte sie ein kurzes Schwert in einer geprägten Lederscheide zum Vorschein. »Ich habe es mir von Freosel machen lassen, bevor wir vom Sesuad’ra aufgebrochensind. Er hat ein Männerschwert verkleinert.« Ihr hochmütiger Blick wich einem schiefen, sonderbar selbstironischen Grinsen. »Ich habe ihm gesagt, dass ich es brauche, um auf unserem Marsch nach Nabban meine Tugend zu verteidigen.« Sie sah Simon scharf an. »Darum zeig mir, wie es geht.«
    »Ihr wollt, dass ich Euch zeige, wie man mit dem Schwert umgeht?«, wiederholte Simon langsam.
    »Natürlich. Und ich bringe dir dafür das Bogenschießen bei.« Sie hob ein wenig das Kinn. »Ich kann eine Kuh aus wesentlich größerer Entfernung als ein paar Schritten treffen – nicht, dass ich es je getan hätte«, fügte sie eilig hinzu. »Aber der alte Herr Fluiren hat es mich gelehrt, als ich noch ein kleines Mädchen war. Er fand es lustig.«
    Simon war verblüfft. »Also werdet Ihr uns Eichhörnchen zum Abendessen schießen?«
    Ihre Miene wurde kühl. »Ich habe den Bogen nicht zum Jagen mitgebracht, Simon, und das Schwert auch nicht. Vor uns liegen Gefahren. Eine junge Frau, die heutzutage eine Reise macht, wäre dumm, ohne Waffen aufzubrechen.«
    Bei dieser gelassenen Feststellung überlief es Simon kalt. »Und doch wollt Ihr mir Euer Ziel nicht sagen.«
    »Morgen früh. Aber jetzt

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