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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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Rimmersmanns, nicht die Augen abzuwenden.
    Ihr Blick lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Und ich hielt Aditu für seltsam!
    »Ihr habt recht, Sterblicher. Wenn unser Verständnis der Dinge und die Lehren Eurer Schriftrollenträger zutreffen, bleibt uns nur wenig Zeit.« Sie sah Josua an. »Wir brauchten nur Tage, um die Mauern von Naglimund zu stürzen – aber das hinderte die Hikeda’ya nicht daran, ihren Plan durchzuführen, wenigstens nicht, soweit wir wissen. Wir können uns den gleichen Fehler nicht noch einmal erlauben.«
    Prinz Josua senkte nachdenklich den Kopf. »Aber was bleibt uns anderes übrig? Wie Isgrimnur mir gestern Abend schon erklärt hat, können wir nicht über die Wälle fliegen.«
    »Es gibt noch andere Wege in die Burg, die Ihr Hochhorst nennt«, sagte Likimeya. Der hochgewachsene, schwarzhaarige Sitha neben ihr nickte. »Wir können kein Heer über diese Wege eindringen lassen und würden es auch nicht wollen, aber wir könnten – und sollten – einen ausreichend starken Stoßtrupp senden. Es ist Ineluki, der in diesem Spiel die Fäden führt; er oder Eure sterblichen Feinde werden unzweifelhaft dafür gesorgt haben, dass die Pfade bewacht sind. Aber wenn wir die Aufmerksamkeit unserer Feinde auf das lenken, was vor den Mauern geschieht, könnte es uns gelingen, eine kleine Schar von Kriegern einzuschleusen.«
    »Welche anderen Wege meint Ihr?«, fragte Josua, die Stirn in Falten gelegt.
    »Tunnel«, warf Camaris plötzlich ein. »Ausgänge und Eingänge. Johan kannte sie. Einer ist am Hang unter dem Seetor.«
    Der alte Ritter machte einen etwas fahrigen Eindruck, als könnte er jeden Augenblick wieder anfangen, wirre Reden zu führen.
    Likimeya nickte. Die in ihre Haare geflochtenen Ketten aus polierten Steinen klirrten. »Das ist richtig – obwohl wir, meine ich, einen günstigeren Eingang finden können als durch die Höhlen im Kliff. Vergesst nicht, Prinz Josua, dass Asu’a einmal uns gehört hat und viele von uns schon gelebt haben, als es noch das große Haus der Zida’ya war. Wir kennen seine geheimen Pfade.«
    »Das Schwert.« Camaris rieb mit der Hand über Dorns Knauf. »Es will hinein. Es war …« Er brach ab und verstummte. Den ganzen Tag lang hatte er sonderbar bedrückt gewirkt, aber Isgrimnur fiel trotzdem auf, dass die Sithi ihn weniger einzuschüchtern schienen als alle anderen Menschen, die sich in Likimeyas Zelt versammelt hatten. Selbst Tiamak und Strangyeard, die beiden Gelehrten, saßen mit großen Augen da und gaben kein Wort von sich, wenn man sie nicht zu stammelnder Rede zwang.
    Draußen heulte der Wind lauter.
    »Das ist ein weiteres und vielleicht das wichtigste Geheimnis«, sagte Jiriki. »Euer Bruder besitzt eines der Großen Schwerter. Dieser sterbliche Ritter, Herr Camaris, hat das zweite. Wo aber befindet sich das dritte?«
    Josua schüttelte den Kopf. »Wie ich Euch schon sagte, ist es aus dem Grabhügel meines Vaters verschwunden.«
    »Und was für einen Nutzen bringt es uns, wenn wir die drei zusammenführen?«, fuhr Jiriki fort. »Auf jeden Fall sollte Camaris zu denen gehören, die wir unter die Mauern schicken. Wir können das Risiko nicht eingehen, vielleicht die beiden anderen Schwerter zu erringen und die schwarze Klinge dann nicht bei uns zu haben.« Er legte die Spitzen der langen Finger aneinander. »Mehr denn je bedaure ich, dass Eolair und ich die Tinukeda’ya von Mezutu’a nicht mehr finden konnten – die Ihr die Unterirdischen nennt. Sie verstehen von Schwerterweisheit und Schmiedekunst mehr als alle anderen Lebewesen, und zweifellos waren sie es, die Minneyar schufen. Bestimmt könnten sie uns viel darüber erzählen.«
    »Ihr wollt Camaris in die Burg schicken? Durch diese unterirdischen Höhlen?« Josuas Stimme klang mehr als besorgt – fast lag etwas wie Verzweiflung in seinen Worten. »Wir stehen vor der vielleicht größten Schlacht, die in Osten Ard je geschlagen wurde, zumindestvor einer der wichtigsten – und Ihr wollt, dass wir unseren größten Kämpfer mit euch ziehen lassen?« Als Josua zu dem alten Ritter hinübersah, bemerkte Isgrimnur wieder das Unbehagen, das ihm früher schon aufgefallen war. Was hatte Camaris dem Prinzen erzählt?
    »Aber sicher versteht Ihr doch, dass mein Bruder recht hat, Prinz Josua.« Aditu hatte den ganzen Nachmittag ein fast ehrerbietiges Stillschweigen bewahrt. »Wenn alle die Zeichen, die Träume, Gerüchte, geflüsterten Überlieferungen wahr sind, dann können es nur die

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