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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Bresche zu.
    »Verdammt, Isorn!«, schrie Herzog Isgrimnur und beugte sich so weit vor, dass er fast das Gleichgewicht verloren hätte und von seinem Beobachtungsstand gefallen wäre. »Zurück! Wo ist Sludig? Sludig! Haltet ihn auf!«
    Jemand zog ihn am Ärmel vom Rand der Plattform zurück, aber Isgrimnur beachtete die Belästigung gar nicht. »Merkt er denn nicht, dass es viel zu leicht ist? Isorn!« Er wusste, dass seine Stimme den Tumult unmöglich übertönen konnte. »Seriddan! Wo steckt Ihr? Reitet ihm nach – bei Drors rotem Hammer, wo sind meine Boten!«
    »Herzog Isgrimnur!« Es war der Archivar Strangyeard, der immer noch an seinem Ärmel zupfte.
    »Verschwindet, verdammter Kerl!«, brüllte Isgrimnur. »Ich brauche jetzt keinen Priester, sondern Berittene! Jeremias, lauf zu Seriddan! Isorn zwingt uns zum Eingreifen. Sag dem Baron, er soll losreiten!«
    Strangyeard ließ sich nicht abschütteln. »Bitte, Herzog! Ihr müsst mir zuhören!«
    »Ich hab jetzt keine Zeit für Euch, Mann. Mein Sohn ist gerade vorgeprescht wie ein Dummkopf. Er scheint sich wohl wirklich für Camaris zu halten – und ich habe ihn so gewarnt!« Er stampfte über die Plattform und überzeugte sich, dass alle anderen von der gleichen Wut und Erregung erfasst waren wie er selbst. Der Priester lief ihm nach wie ein Hund, der nach den Hacken eines Bullen schnappt. Schließlich packte er den Herzog am Wappenrock und riss so hart, dass Isgrimnur schwankte und fast gestürzt wäre.
    »Bei allem, was heilig ist, Isgrimnur!«, schrie er. »Ihr müsst mir zuhören!«
    Der Herzog sah dem Priester ins gerötete Gesicht. Strangyeards Augenklappe war ihm fast bis auf die Nase gerutscht. »Was faselt Ihr, Mann? Wir haben das Tor gesprengt! Wir führen hier Krieg!«
    »Passt auf, was ich sage: Die Nornen müssen über die Tunnel Bescheid wissen«, erklärte Strangyeard eindringlich. Isgrimnurs Blick fiel auf den Harfner Sangfugol, der vor dem Gefechtsstand herumlungerte, und er fragte sich, warum sich ein Priester und ein Harfner in Dinge einmischten, die sie einen Dreck angingen.
    »Und was heißt das?«
    »Sie müssen sie kennen. Und wenn wir auf den Gedanken kommen können, jemand unter den Mauern durchzuschicken …«
    Der Lärm der Männer, die den Berg hinauf- und auf das zerstörte Tor zurannten, und selbst das Grollen des Donners und das Heulen des Windes wurden plötzlich von einem furchtbaren Kreischen übertönt, schrill wie Fingernägel auf einer Schiefertafel. Pferde bäumten sich, und mehrere von den Soldaten auf dem Gefechtsstand hielten sich die Ohren zu.
    »Barmherziger Ädon«, flüsterte Isgrimnur und starrte auf den Hochhorst. »Nein!«
    Inzwischen hatten auch die letzten von Isorns Truppen den Weg durch die Mauer gefunden. In ihrem Rücken wuchs aus dem verschneiten Boden und den Trümmern, die der Rammbock hinterlassen hatte, ein zweites Tor. Rasch stieg es empor und knirschte dabei, als zermahlte ein Riese mit den Zähnen große Knochen. In wenigen Augenblicken war die Mauer von neuem versiegelt. Isgrimnur sah, dass das neue Tor unter einer Schicht von Schnee und Schlamm überall mit stumpfen Eisenplatten gepanzert war.
    »Gott steh mir bei, ich hatte recht«, ächzte Isgrimnur.
    »Sie haben Isorn und die anderen in eine Falle gelockt. O süßer Usires.« Er sah voller Grauen auf die Männer, die den Bock wieder vorwärtsrollten und gegen das zweite Tor schmettern ließen. Das metallverstärkte Holz schien keinen einzigen Zoll nachzugeben.
    »Sie glauben, sie hätten Camaris in die Falle gelockt«, erklärte Strangyeard. »Das haben sie die ganze Zeit geplant.«
    Isgrimnur fuhr herum, packte den Priester am Gürtel und näherte sein Gesicht dem des Kleineren bis auf Fingerbreite.
    »Und Ihr habt das gewusst? Ihr wusstet es?«
    »Meine Güte, nein! Nein, Isgrimnur, ich wusste es nicht. Aber ich begreife es jetzt.«
    Der Herzog ließ ihn los und begann hektisch, Befehle zu erteilen. Er schickte die restlichen Bogenschützen, um die Männer am Rammbock zu schützen, denen die Soldaten auf den Mauern des Hochhorsts jetzt ihre verstärkte Aufmerksamkeit widmeten. »Und sucht mir diesen verdammten Sithiführer!«, blaffte er. »Den Grüngekleideten! Das Feenvolk muss uns helfen, dieses neue Tor aufzubrechen!«
    »Isgrimnur!«, beharrte der Priester. »Wollt Ihr mir nun endlich zuhören? Wenn die Sithi die Tunnel kennen, wissen auch die Nornen davon, denn als der Sturmkönig noch lebte, war er einer der Herren von

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