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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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weinen. Er schuldete es seinem verlorenen Kind, stark zu bleiben. »Gott segne dich, Sohn«, flüsterte er.
    »Es ist so einsam für ihn«, meinte Gutrun mit zitternder Stimme. »So kalt in der Erde.«
    »Still.« Isgrimnur legte den Arm um sie. »Isorn ist nicht hier, das weißt du. Er ist an einem besseren Ort und würde lachen, wenn er sähe, wie wir uns grämen.« Er strengte sich an, energisch zu sprechen. Es hatte keinen Sinn, Fragen zu stellen, sich den Kopf zu zerbrechen. »Gott hat ihn belohnt.«
    »Natürlich«, schniefte Gutrun. »Aber ich vermisse ihn immer noch so sehr.«
    Isgrimnur merkte, wie seine Augen feucht wurden. Er fluchte leise und schlug sofort erschrocken einen Baum. »Ich vermisse ihn auch, Frau. Natürlich. Aber wir müssen auch an unsere anderen Kinder denken, und an Elvritshalla – ganz zu schweigen von den zwei Patenkindern dort unten in Kwanitupul.«
    »Patenkinder, mit denen ich nicht einmal prahlen kann«, entgegnete Gutrun, lachte ein wenig und schüttelte den Kopf.
    So standen sie noch eine Weile, bis die Sonne untergegangen war und die Steinplatte im Schatten lag. Dann traten sie hinaus in den Abend.
     
    Sie saßen im Speisesaal und füllten die Stühle um König Johans Große Tafel. In allen Wandhaltern brannten Fackeln, und auf dem Tisch standen Kerzen, sodass der langgestreckte Raum voller Licht war.
    Miriamel stand auf. In der plötzlichen Stille flüsterte ihr blaues Gewand. Der Reif auf ihrer Stirn funkelte im Fackelschein.
    »Seid alle willkommen.« Ihre Stimme war weich und doch stark.
    »Dieses Haus ist das Eure und soll es immer sein. Kommt zu uns, wann immer ihr wollt, und bleibt, solange es euch gefällt.«
    »Aber sorgt dafür, dass es wenigstens einmal im Jahr ist«, fiel Simon ein und hob seinen Becher.
    Tiamak lachte. »Für manche von uns ist es eine weite Reise, Simon«, meinte er. »Aber wir werden immer unser Möglichstes tun.«
    Neben ihm stieß Isgrimnur seinen Becher auf den Tisch. Er hatte bereits ordentliche Breschen in die Bier- und Weinvorräte geschlagen. »Er hat recht, Simon. Und da wir gerade von weiten Reisen sprechen – ich sehe unseren kleinen Binabik nicht.«
    Simon stand auf und legte den Arm um Miriamels Schulter, wobei er kurz innehielt und einen Kuss auf ihren Scheitel hauchte. »Binabik und Sisqi haben einen Vogel mit einer Botschaft geschickt.« Er lächelte. »Sie vollziehen das Ritual des Neuen Lebens – Sludig weiß, wovon ich rede, weil es uns beinah das Leben gekostet hätte – und ziehen dann mit ihrem Volk vom Gebirge herunter zum Blauschlammsee. Danach kommen sie uns besuchen.« Sein Grinsen wurde breiter. »Und nächstes Jahr werden Sludig und ich zu ihnen auf den hohen Mintahoq reisen!«
    Es gab verschiedene scherzhafte Zurufe. Sludig nickte heftig mit dem Kopf. »Die Trolle haben mich eingeladen«, erklärte er stolz. »Der erste – wie heißt es doch gleich – Crohuck, dem je diese Ehre zuteil wird.« Er hob den Becher. »Auf Binabik und Sisqi! Langes Leben und viele Kinder!«
    Alle stimmten ein.
    »Meinst du wirklich, du könntest ohne mich auf so ein Abenteuer gehen?«, fragte Miriamel und musterte ihren Gatten. »Mich mit der ganzen Arbeit zu Hause sitzen lassen?«
    »Wenn Ihr vor Miri davonlaufen wollt, wünsche ich Euch viel Glück, Simon«, lachte Isgrimnur. »Diese Frau ist weiter in der Welt herumgekommen als Ihr!«
    Gutrun stieß ihn mit dem Ellenbogen an. »Misch dich nicht ein.«
    Isgrimnur beugte sich zu ihr und küsste ihre Wange. »Selbstverständlich.«
    »Dann reisen wir zusammen«, verkündete Simon mit großer Geste, »und zwar in Form eines königlichen Geleitzuges.«
    Miriamel betrachtete ihn griesgrämig und sah auf Rachel den Drachen, die am anderen Ende des Saales in der Tür stehen geblieben war, um einen kleinen Diener auszuschelten. Bei Simons beiläufiger Bemerkung hoben sich ihre Brauen steil nach oben. Jetzt wechselten die beiden Frauen einen halb ärgerlichen, halb belustigten Blick.
    »Hast du eine Ahnung, was das für einen Aufwand bedeutet?«, fragte die Königin. »Den ganzen Hof in die Berge nach Yiqanuc zu befördern?«
    Simon sah sich in der Halle um und musterte die vergnügten Gesichter der Gäste. Er fuhr sich mit den Fingern durch den roten Bart und grinste. »Freunde, vielleicht bin ich noch nicht so wohlerzogen, wie ich sein sollte, aber die beiden Damen tun ihr Bestes.« Miriamel versetzte ihm einen kleinen Rippenstoß und lehnte sich wieder an ihn. Simon reckte den Becher. »Es

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