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Der Engelsturm

Der Engelsturm

Titel: Der Engelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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hat Pryrates ja selbst daran geglaubt. Und mit Hilfe dieser Versprechungen hat er meinen Vater erst zu seinem Gönner, dann zu seinem Mitverschworenen und schließlich zu seinem … Sklaven gemacht.«
    Simon überlegte. »Es kann ja sein, dass Pryrates es wirklich versucht hat«, meinte er nach einer Weile. »Vielleicht sind sie dadurch … auf die andere Seite gelangt. Dorthin, wo sich der Sturmkönig aufhielt.«
    Ein plötzlicher Windstoß über ihnen im Strohdach begrüßte diesen Namen, so leise er auch ausgesprochen worden war, und rauschte so jäh und wild über sie hinweg, dass Miriamel zusammenzuckte.
    »Möglich.« Bei dem Gedanken wurde ihr kalt. Sich vorzustellen, wie ihr Vater sehnsüchtig darauf wartete, mit seiner geliebten Frau zu sprechen und ihm dieses … Ungeheuer antwortete! Es war beinahe wie in der grausigen alten Geschichte vom Fischer Bulychlinn und dem, was er in seinem Netz fand …
    »Und trotzdem kann ich Euch noch nicht folgen, Miriamel.« Simon blieb ruhig, sprach aber hartnäckig weiter. »Selbst wenn sich alles so verhält, wie Ihr sagt – welchen Nutzen hätte ein Gespräch mit Eurem Vater?«
    »Ich weiß nicht, ob es etwas nützt.« Und das stimmte. Sie selbst konnte sich nur schwer vorstellen, dass eine Begegnung nach so langer Zeit und so viel Zorn und Leid noch etwas Gutes bewirken sollte. »Aber wenn auch nur eine geringe Aussicht besteht, meinen Vater zur Vernunft zu bringen, ihn daran zu erinnern, dass er aus Liebe mit allem angefangen hat, und ihn zu überzeugen, dass er ein Ende machen muss – dann muss ich diesen Versuch wagen.« Sie wischte sich mit der Hand über die Augen, die Tränen flossen von neuem. »Aber das heißt nicht, dass du mitkommen musst, Simon. Diese Last ist mir auferlegt.«
    Simon schwieg. Sie spürte sein Unbehagen.
    »Das Risiko ist zu groß«, sagte er endlich. »Vielleicht dringt Ihr gar nicht bis zu Eurem Vater vor, selbst wenn das vielleicht einen Sinn hätte. Ihr könntet vorher schon Pryrates in die Hände fallen, und niemand würde je wieder von Euch hören.«
    »Ich weiß, Simon. Ich weiß nur nicht, was ich sonst tun könnte. Ich muss mit meinem Vater sprechen. Ich muss ihm erklären, was wirklich geschehen ist, und das kann nur ich allein.«
    »Das heißt, Ihr seid fest entschlossen?«
    »Ja.«
    Simon seufzte. »Ädon am Baum, Miriamel, es ist Wahnsinn. Ich hoffe immer noch, Ihr ändert Eure Meinung, bevor wir dort sind.«
    Aber Miriamel wusste, dass das nicht geschehen würde. »Ich habe mir alles lange und reiflich überlegt.«
    Simon ließ sich in seine Decken zurückfallen. »Wenn Josua davon wüsste, würde er Euch fesseln und tausend Meilen von hier fortschaffen lassen.«
    »Allerdings. Er würde es nie zulassen.«
    In der Dunkelheit seufzte Simon wieder. »Ich muss nachdenken, Miriamel. Ich bin nicht sicher, was ich tun soll.«
    »Du kannst tun, was du willst, solange du nicht versuchst, mich aufzuhalten«, versetzte Miriamel gleichmütig. »Versuch es also gar nicht erst.«
    Aber er antwortete nicht. Nach einer Weile fühlte Miriamel, wie trotz aller Furcht und Wut die Schwere des Schlafs sie hinabzog.
     
    Ein lautes Krachen weckte sie schlagartig auf. Mit klopfendem Herzen lag sie da und sah, wie an der Decke etwas aufblitzte, heller als jede Fackel. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, dass es ein gewaltiger Blitz gewesen war, der über den ganzen Himmel zuckte und dessen Licht grell durch die Löcher im Dach stach. Gleich darauf folgte ein zweiter Donnerschlag.
    Der Raum roch noch feuchter und stickiger als zuvor. Als der nächste Blitz einschlug, erkannte Miriamel im kurzen, blendend hellen Licht eine Sturzflut von Regentropfen, die durch das schadhafte Stroh prasselten. Sie setzte sich auf und tastete am Boden herum.Der Regen drang nicht bis zu ihr vor, aber er spritzte auf Simons Stiefel und den unteren Rand seiner Hosen. Ihr Gefährte schlief immer noch fest und schnarchte leise.
    »Simon!« Sie schüttelte ihn. »Steh auf!«
    Er brummte, machte aber keine Anstalten aufzuwachen.
    »Simon, du musst da weg. Es regnet auf dich!«
    Nachdem sie ihn noch einige weitere Male gerüttelt hatte, rollte er sich auf die Seite. Schläfrig knurrend, half er Miriamel, seine Schlafdecken dichter an ihre eigenen zu ziehen, sank dann darauf zusammen und schien sofort wieder einzuschlafen.
    Miriamel lag da und hörte den Regen auf das Stroh platschen. Nach und nach rückte Simon näher. Im Dunkeln war sein Gesicht ganz nah. Sie spürte

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