Der Engländer
Krieg mit den Palästinensern. Der Premierminister kann kein Unternehmen genehmigen, durch das nur ein paar Gemälde aufgespürt und zurückgeholt werden sollen.«
»Hier geht's um mehr als nur ein paar Gemälde. Rolfe hat angedeutet, daß es eine Organisation aus Schweizer Bankiers und Geschäftsleuten gibt, die alles tun würden, um die alte Ordnung zu bewahren. Und für die Existenz dieser Organisation gibt es reichlich Beweise, darunter auch drei Ermordete: Augustus Rolfe, Werner Müller und Emil Jacobi. Und auch ich sollte umgebracht werden.«
»Die Situation ist zu explosiv, als daß wir uns noch mehr exponieren dürften. Unsere launischen Freunde in Europa sind im Augenblick sehr schlecht auf uns zu sprechen. Wir dürfen durch ein solches Unternehmen nicht noch Öl ins Feuer gießen.
Tut mir leid, Gabriel, aber ich werde das nicht genehmigen, und ich denke erst recht nicht daran, den Premierminister um Genehmigung zu bitten.«
Anna hatte Isherwoods Seite verlassen, um bei der Diskussion zwischen Gabriel und Schamron zuzuhören. »Ich glaube, daß es für dieses Problem eine sehr einfache Lösung gibt, Mr. Schamron«, sagte sie.
Schamron wandte ihr seinen kahlen Schädel zu. Ihn amüsierte sichtlich, daß eine Schweizer Violinistin sich anmaßte, eine Meinung zum Ablauf eines israelischen Geheimdienstunter-nehmens zu äußern.
»Und die wäre?«
»Erzählen Sie dem Premierminister nichts davon.«
Schamron warf den Kopf zurück und lachte schallend, und Gabriel stimmte in sein Lachen ein. Danach herrschte einen Augenblick Schweigen, das durch einen Ausruf Julian Isherwoods unterbrochen wurde.
»Herr im Himmel, ist denn das zu fassen?«
Isherwood hatte den Renoir aufgehoben, das Bildnis eines jungen Mädchens mit einem Blumenstrauß. Er drehte das Gemälde hin und her, betrachtete abwechselnd die Bildseite und die Rückseite.
»Was gibt's, Julian?« fragte Gabriel.
Isherwood hielt den Renoir so, daß Gabriel und die anderen die Bildseite sehen konnten. »Die Deutschen sind bei ihrem Kunstraub systematisch vorgegangen. Jedes geraubte Bild wurde eingeordnet, katalogisiert und gekennzeichnet - mit Hakenkreuz, laufender Nummer und den Initialen des Händlers oder Sammlers, bei dem es beschlagnahmt worden war.«
Er drehte das Gemälde um, damit seine Rückseite sichtbar wurde. »Irgend jemand hat versucht, die Kennzeichnung zu entfernen, aber das ist nur teilweise gelungen. Seht euch die linke untere Ecke genau an. Das Hakenkreuz ist noch schemenhaft erkennbar, die laufende Nummer ist gut zu lesen, und daneben stehen die Initialen des Vorbesitzers: SI.«
»Wer ist SI?« erkundigte Anna sich.
»SI ist Samuel Isakowitz, mein Vater«, antwortete Isherwood mit tränenerstickter Stimme. »Dieses Gemälde haben die Nazis im Juni 1940 aus der Galerie meines Vaters in der Pariser Rue de la Boétie geraubt.«
»Wissen Sie das bestimmt?« fragte Anna.
»Ich würde meinen Kopf darauf verwetten.«
»Dann nehmen Sie das Gemälde bitte mit einer aufrichtigen Bitte um Entschuldigung von der Familie Rolfe entgegen.«
Anna küßte ihn auf die Wange. »Das tut mir schrecklich leid, Mr. Isherwood.«
Schamron sah zu Gabriel hinüber. »Wollen Sie mir Ihren Plan nicht noch mal erläutern?«
Sie fuhren in Isherwoods Büro hinunter. Gabriel setzte sich hinter den Schreibtisch, aber Schamron lief unruhig auf und ab, während er sich Gabriels Plan erneut anhörte. »Und was soll ich dem Premierminister erzählen?«
»Hören Sie auf Anna. Erzählen Sie ihm nichts.«
»Und wenn das Unternehmen schiefgeht?«
»Das tut es nicht.«
»Solche Unternehmen gehen immer schief, Gabriel, und ich kann die entsprechenden Narben vorweisen. Sie übrigens auch.
Und noch etwas anderes: Täusche ich mich, oder ist Ihr Gang heute abend etwas beschwingter als in letzter Zeit?«
»Was wollen Sie wirklich fragen?«
»Ich möchte nicht für geschmacklos gehalten werden.«
»Das hat Sie noch nie an etwas gehindert.«
»Sind Sie und diese Frau mehr als nur Komplizen auf der Suche nach dem Mörder ihres Vaters?« Als Gabriel keine Antwort gab, lächelte der Alte und schüttelte den Kopf. »Wissen Sie noch, was Sie mir auf der Piazza Navona in bezug auf Anna Rolfe erklärt haben?«
»Ich habe gesagt, daß wir eine Frau wie sie nie für unsere Zwecke einspannen dürften, wenn es sich irgendwie vermeiden ließe.«
»Und jetzt wollen Sie sie noch tiefer hineinziehen?«
»Damit kann sie umgehen.«
»Oh, das bezweifle ich nicht - aber
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