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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Argumentation zusammenzufassen, ist mir wohl nicht möglich, und deshalb möchte ich mich mit einem charakteristischen Zitat zufrieden geben:
     
    Der Hafen, dem alle Meme zustreben – sie sind davon abhängig, ihn zu erreichen –, ist der menschliche Geist. Aber auch der ist ein Artefakt, geschaffen, wenn Meme ein menschliches Gehirn restrukturieren, um daraus eine bessere Wohnstatt für Meme zu machen. Die Straßen für den Ein- und Ausgang sind modifiziert, um den lokalen Erfordernissen gerecht zu werden, und von verschiedenen artifiziellen Instrumenten verstärkt, die die Genauigkeit und Reichweite der Replikation verbessern: Der chinesische Geist unterscheidet sich stark vom französischen, und gebildete Geister unterscheiden sich von ungebildeten. Was Meme den Organismen, in denen sie residieren, zu bieten haben, ist ein unkalkulierbares Maß von Vorteilen – und einige Trojanische Pferde, die für ein gutes Maß hineingeworfen werden … Aber wenn es wahr ist, daß der menschliche Geist selbst zu einem hohen Grad die Kreation von Memen ist, dann können wir die Polarität der Betrachtungsweise, mit der wir begonnen haben, nicht stützen. Es kann sich nicht um «Meme versus wir» handeln, weil schon frühere Heimsuchungen durch die Meme eine wichtige Rolle in der Determination dessen, wer oder was wir sind, gespielt haben.
     
    Es gibt eine Ökologie der Meme, einen tropischen Regenwald der Meme, einen Termitenbau der Meme. Meme springen in der Kultur nicht nur durch Nachahmung von Kopf zu Kopf – das ist nur die leicht erkennbare Spitze des Eisberges. Sie gedeihen, konkurrieren und vermehren sich auch innerhalb unseres Denkapparates. Angenommen, wir teilen der Welt eine gute Idee mit: Wer weiß, welche unbewusste, quasi-darwinistische Selektion sich hinter den Kulissen in unserem Kopf abgespielt hat? Meme besiedeln unseren Geist, wie Bakterien die Zellen unserer Vorfahren besiedelten und zu Mitochondrien wurden. Nach Art der Cheshire-Katze drängen sich die Meme in unseren Kopf und werden sogar zu unserem Gedankengut, ganz ähnlich, wie Kolonien aus Mitochondrien, Chloroplasten und anderen Bakterien zu unseren Zellen werden. Das klingt nach einem ausgezeichneten Rezept für eine Spirale der Koevolution und die Größenzunahme des menschlichen Gehirns, aber was treibt den Vorgang im Einzelnen an? Wo liegt der Selbstläufer, das Element des «Je mehr man hat, desto mehr bekommt man»?
    Susan Blackmore geht diese Frage an, indem sie eine andere stellt: «Wen sollte man nachahmen?» Sicher die Individuen, welche die fragliche Fähigkeit am besten beherrschen, aber es gibt auch eine allgemeinere Antwort. Blackmore meint, man solle die besten Nachahmer nachahmen – denn sie haben sich wahrscheinlich die besten Fähigkeiten angeeignet. Ähnlich beantwortet sie auch ihre nächste Frage: «Mit wem soll man sich paaren?» Man paart sich mit den besten Nachahmern der Meme, die am besten im Trend liegen. Die Meme werden also nicht nur aufgrund ihrer Fähigkeit selektioniert, sich selbst auszubreiten, sondern auch die Gene unterliegen einer ganz normalen Darwinschen Selektion auf ihre Fähigkeit, Individuen zu guten Memverbreitern zu machen. Ich möchte Doktor Blackmore nicht die Show stehlen, denn ich hatte das Vergnügen, einen Vorabdruck ihres Buches The Meme Machine (1999) zu sehen. Deshalb möchte ich nur festhalten, dass wir es mit einer Koevolution von Hard- und Software zu tun haben. Die Gene bauen die Hardware auf. Die Meme sind die Software. Diese Koevolution dürfte die Aufblähung des menschlichen Gehirns vorangetrieben haben.
    Ich hatte versprochen, noch einmal zu der Illusion vom «kleinen Mann im Gehirn» zurückzukommen. Damit möchte ich nicht das Problem des Bewusstseins lösen – das liegt weit außerhalb meiner Fähigkeiten –, sondern einen weiteren Vergleich zwischen Memen und Genen anstellen. In meinem Buch The Extended Phenotype habe ich dargelegt, warum man den einzelnen Organismus nicht als selbstverständlich betrachten sollte. Ich meinte damit nicht das Individuum im Sinn des Bewusstseins, sondern einen einzigen, zusammenhängenden Körper, der von einer Haut eingehüllt ist und sich dem mehr oder weniger einheitlichen Zweck des Überlebens und der Fortpflanzung widmet. Dieser individuelle Organismus ist nach meiner Argumentation kein grundlegendes Element des Lebendigen, sondern er entsteht, wenn sich Gene – die zu Beginn der Evolution getrennte, gegeneinander kämpfende Gebilde

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