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Der entzauberte Regenbogen

Der entzauberte Regenbogen

Titel: Der entzauberte Regenbogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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seinen Fraunhofer-Linien sehr detaillierte Aufschlüsse darüber, welche chemischen Substanzen der Himmelskörper enthält. Außerdem besagt es etwas über Temperatur, Druck und Größe des Sterns. Es bildet die Grundlage für eine umfassende Einteilung der Lebensgeschichte von Sternen und stellt auch unsere Sonne im großen Katalog der Sterne an den richtigen Platz: Sie ist ein gelber Zwerg der Klasse G2V. Die populärwissenschaftliche Astronomiezeitschrift Sky and Telescope schrieb 1996:
     
    Denjenigen, die seine Bedeutung verstehen, sagt der Spektralcode auf einen Blick, um was für ein Objekt es sich bei dem Stern handelt – welche Farbe, Größe und Helligkeit er hat, wie seine Vergangenheit und seine Zukunft aussieht, welche Besonderheiten er aufweist und wie er im Vergleich zur Sonne und den Sternen aller anderen Typen einzuordnen ist.
     
    Seit wir das Sternenlicht mit dem Spektroskop auseinander genommen haben, wissen wir, dass Sterne nukleare Brennöfen sind: Der Wasserstoff, der den Hauptteil ihrer Masse ausmacht, verschmilzt zu Helium, und wenn die Heliumkerne anschließend aufeinander prallen, bilden sich in einer Kaskade all die «Verunreinigungen», die die Masse der übrigen Elemente ausmachen, darunter auch jene mittelgroßen Atome, aus denen wir aufgebaut sind.
    Nachdem Newton mit seinen Analysen den Weg geebnet hatte, entdeckte man im 19. Jahrhundert, dass der sichtbare Regenbogen, das Band, das wir sehen können, nur einen schmalen Ausschnitt des Gesamtspektrums der elektromagnetischen Wellen darstellt. Das sichtbare Licht überspannt den Wellenlängenbereich von 0,4 Millionstelmetern (Violett) bis 0,7 Millionstelmetern (Dunkelrot). Ein wenig länger als das rote Licht sind die Infrarotwellen, die wir als Wärmestrahlung wahrnehmen; manche Schlangen und Lenkflugkörper nutzen sie, um ihr Ziel anzusteuern. Ein wenig kürzer als das violette Licht ist das Ultraviolett, das unsere Haut verbrennt und Krebs erzeugt. Viel länger als das rote Licht sind die Radiowellen – ihre Wellenlänge wird in Zentimetern, Metern und sogar Kilometern gemessen. Zwischen ihnen und der Infrarotstrahlung liegen die Mikrowellen, die wir beim Radar und zum schnellen Kochen benutzen. Noch kürzer als das Ultraviolett sind die Röntgenstrahlen, mit deren Hilfe wir die Knochen durch das Fleisch sehen können. Und am allerkürzesten schließlich sind – mit Wellenlängen von Billionstelmetern – die Wellen der Gamma-Strahlung. An dem schmalen Wellenlängenbereich, den wir als sichtbares Licht bezeichnen, ist nichts Besonderes außer der Tatsache, dass wir ihn sehen können. Für Insekten ist der sichtbare Bereich entlang des Spektrums verschoben: Ultraviolett ist für sie eine sichtbare Farbe («Bienenviolett») und dafür sind sie blind für Rot (das sie vielleicht als «Infragelb» bezeichnen würden). Über alle Wellenlängen hinweg kann man die Strahlung genauso zerlegen wie den Regenbogen; allerdings muss man dazu in den einzelnen Abschnitten des Spektrums unterschiedliche Instrumente benutzen – für Radiowellen beispielsweise einen Tuner anstelle des Prismas.
    Die Farben, die wir tatsächlich erleben, die subjektive Empfindung von Rot und Blau, sind willkürliche Kennzeichnungen, die unser Gehirn für Licht unterschiedlicher Wellenlängen vergibt. Rot hat von sich aus nichts «Langes». Wenn wir wissen, wie Rot und Blau aussehen, können wir uns um keinen Deut leichter daran erinnern, welches von beiden die größere Wellenlänge hat. Ich muss es regelmäßig nachschlagen, aber dass Soprantöne kürzere Wellenlängen haben als Bassklänge, werde ich nie vergessen. Das Gehirn braucht für die einzelnen Teile des physikalischen Regenbogens bequeme interne Etikettierungen. Ob meine Empfindung von Rot mit der eines anderen übereinstimmt, weiß niemand, aber wir können uns ohne weiteres darauf einigen, dass es sich bei dem Licht, das ich als rot bezeichne, um das gleiche handelt, das auch ein anderer als rot bezeichnet, und wenn ein Physiker es untersucht, wird er eine große Wellenlänge finden. Nach meinem subjektiven Urteil sieht Violett röter aus als blau, obwohl es im Spektrum weiter vom Rot entfernt ist. Vermutlich geht es anderen Menschen ähnlich. Der scheinbare Rotstich im Violett besagt etwas über das Nervensystem, aber nichts über die Physik des Spektrums. Hugh Loftings unsterblicher Doktor Doolittle flog zum Mond und sah dort zu seiner Verblüffung eine atemberaubende Palette neuer Farben, die

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