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Der Erbe der Nacht

Titel: Der Erbe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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damit sie ihn wäscht.«
    »Sie haben was ?« keuchte ich.
    Plötzlich lächelte Mary. Und dann tat sie etwas sehr Seltsames sie legte mir die flache Hand auf die Brust, schob mich mit sanfter Gewalt ins Zimmer zurück und schloß pedantisch die Tür hinter sich.
    »Natürlich habe ich ihn in die Wäsche gegeben«, wiederholte sie. »Aber keine Angst, ich habe das herausgenommen, was Sie suchen.«
    »Sie haben es … herausgenommen?« wiederholte ich verwirrt.
    Mary lächelte ein Verschwörerlächeln. »Aber sicher«, sagte sie. »Und machen Sie sich keine Sorgen, Robert. Sie können sich auf meine Verschwiegenheit verlassen.«
    Ich starrte sie völlig verständnislos an. Mary warf mir noch einen triumphierenden Blick zu, dann griff sie unter die Schürze und förderte die Pistole zutage, die ja auch in der Manteltasche gewesen war.»Hier«, sagte sie. »Ich habe sie die ganze Zeit bei mir getragen, sicherheitshalber, wissen Sie?
    Nach dem Brand hat die Polizei ja hier überall herumgesucht, und vor allem dieser fürchterliche Mensch, der gerade unten war «
    »Card?«
    »Ich glaube, ja, das war wohl sein Name«, fuhr Mary fort.
    »Überall hat er herumgeschnüffelt, und das ganze Personal hat er ausgefragt. Und da dachte ich mir, es wäre vielleicht besser, wenn er nichts davon erführe.« Sie hielt mir die Waffe auffordernd hin, aber ich machte nicht einmal einen Versuch, danach zu greifen.
    »Sonst war nichts in der Tasche?« fragte ich.
    Mary sah mich verständnislos an. »Was sollte sonst noch darin gewesen sein?« Ich seufzte. Hatte sich denn alles gegen mich verschworen? Aber ich sagte nichts mehr, sondern nahm ihr die Pistole endlich ab, steckte sie in die Jackentasche und ergriff dankbar ihre Hand.
    »Das haben Sie gut gemacht, Mary«, sagte ich. »Und jetzt gehen Sie bitte hinunter in die Waschküche und holen den Mantel herauf, ja?«
    »In die Waschküche?« Mary schüttelte den Kopf.
    »Was halten Sie von mir, Robert? Der Mantel ist doch längst wieder gewaschen und gebügelt.«
    Ich starrte sie an. »Was?«
    »Aber sicher«, nickte Mary. »Er hängt in ihrem Badezim-merschrank. «
    Ich stürzte aus dem Zimmer und über den Gang ins Bade-zimmer, riß die Schranktür auf und starrte mit offenem Mund den Morgenmantel an, der da säuberlich über seinem Bügel hing. Auf die Idee, hier nachzusehen, war ich nicht gekommen.
    Meine Hände zitterten, als ich in die Tasche griff und darin herumzusuchen begann. Die linke Tasche war leer, aber dann, in der anderen Tasche, fand ich, wonach ich gesucht hatte: H.
    P.s Visitenkarte.
    Mit einem erleichterten Seufzer zog ich sie heraus, warf einen Blick darauf und unterdrückte im letzten Moment einen enttäuschten Aufschrei.
    Es war H. P.s Karte, ganz eindeutig. Oder war es einmal gewesen. Aber sie war gründlich mitgewaschen und gebügelt worden. Die zierliche Goldschrift, die sich darauf befunden hatte, war spurlos verschwunden!
    »Oh nein!« stöhnte ich. »Nicht das auch noch.«

    Mary, die mir gefolgt war, trat stirnrunzelnd hinter mich.
    »Was ist denn?« fragte sie.
    »Hier!« Ich hielt die Karte hin. »Das ist es, Mary. Darauf hat einmal etwas sehr Wichtiges gestanden!«
    »Und es ist mitgewaschen worden?« Marys Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Dieses dumme Mädchen. Wie oft habe ich ihm gesagt, es soll gründlich alle Taschen durchsuchen, ehe es ein Teil in die Waschmaschine gibt. Ich werde sie entlassen!«
    »Davon wird die Schrift hier auch nicht mehr sichtbar!«
    antwortete ich niedergeschlagen. Mary sah mich fast bestürzt an, nahm mir die Karte aus der Hand und trat damit ans Feuer.
    Ich sah, wie sie sie ins Licht hielt.
    Plötzlich lächelte sie. »Ah, hab’ ich’s mir doch gedacht!«
    Ich war mit einem Satz bei ihr.
    »Hier!« Marys fleischiger Mittelfinger deutete auf die blü-
    tenweiße Oberfläche der Karte.
    »Da war etwas eingeprägt, sehen Sie, Sir? Das Blattgold ist weggewaschen worden, aber man kann es erkennen wenigstens die großen Buchstaben.
    H-o-t-e-1 W-e-s-t-m-i-n-s-t-e-r«, buchstabierte sie. »Hotel Westminster. Ganz deutlich.«
    Eine Sekunde lang starrte ich sie noch ungläubig an, dann zerrte ich sie an mich, preßte ihr einen dicken, feuchten Kuß auf die Wange und stürmte zur Tür.
    »Ein Taxi!« schrie ich, während ich die Treppe hinunterpol-terte. »Ruft mir ein Taxi. Sofort!«
    »Sind Sie völlig sicher, daß das die richtige Adresse ist, Sir?«
    Die Stimme des Taxifahrers sagte eine ganze Menge mehr als seine Worte, und

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