Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
für ihn. Bis zu jenem Zeitpunkt musste er nie etwas dafür tun, um die Frau zu kriegen, die er haben wollte. Dennoch hat er sich nicht abschrecken lassen. Das kann nur wahre Liebe, habe ich mir immer gedacht und mir gewünscht, ich hätte eines Tages ebensolches Glück wie er. Und dann … hatte ich tatsächlich … Mein Gott, ich würde alles tun, um sie zurückzuholen.“
Liebevoll schaute sie ihn an. „Es hört nie auf wehzutun, Ean. Mit der Zeit jedoch wird es leichter. Man gewöhnt sich an das neue Haus und füllt es mit neuen Erinnerungen.“
„Vielleicht“, sagte er, dachte indes bei sich: ‚Aber es wird nie mehr so, wie es einmal war.’
Suse schien etwas ganz Äh nliches durch den Kopf zu gehen, doch genauso wusste sie, dass es sinnlos war, sich Gedanken darüber zu machen. Sie hatte ihre Trauer um die vielen Toten in ihrem Leben aufgebraucht. Irgendwann kam die Zeit, da man bloß noch das Beste aus der veränderten Situation machen konnte und versuchen musste weiterzuleben. Irgendwie. Für die, die zurückgeblieben waren. Die einen nicht gehen ließen.
„ Manchmal gelingt es mir, ein paar Stunden lang nicht an ihn zu denken. Nichtsdestotrotz wird Matt’n immer da sein. Wenn ich auf dem Hügel unter dem Steinkreuz sitze oder an den Gräbern seiner Eltern. Wenn ich Ena beim Schlafen betrachte oder Shawn mit ihr durch den Garten tobt. Sean Garraí ist er. Deswegen möchte ich um nichts in der Welt mehr fort von hier. Denn dann würde ich ihn wirklich sterben lassen.“
„ Ich habe mich oft gefragt, wie du das ertragen kannst. Wie kannst du damit leben, ohne dein Lachen zu verlieren? Woher nimmst du den Mut weiterzumachen? Ohne die Menschen, die du geliebt hast?“
„Ich bin nicht allein. Ich habe euch, meine Jungs und Ena, eine wundervolle Schwiegertochter und den kleinen Shawn. Und der nächste Enkel ist bereits unterwegs. Es war immer jemand da, der mir eingeredet hat, ich wäre unentbehrlich, ich dürfte nicht gehen. Matt’n hat mir mit seiner Liebe über Adrians Tod hinweggeholfen. Und zuvor war es Adrian, der mich über den Verlust unserer ungeborenen Tochter getröstet hat. Und ihr alle, Fearghais und du, Damien und Lisa und die Kinder, ihr habt dafür gesorgt, dass ich mich nicht aufgegeben habe, als Matt’n … es nicht geschafft hat. So ist das Leben. Wir müssen akzeptieren, dass wir alle irgendwann nicht mehr da sind. Manche früher, andere mit Glück etwas später. Wie die Blumen, die im Herbst welken. Wie die Vögel, die in den Süden ziehen und von dort nicht wiederkommen. Wir können nichts daran ändern. Niemand kann den Lauf der Welt anhalten oder Vergangenes ungeschehen machen.“
S usanne nahm Eans Hand und legte sie an ihre Brust. „Die Menschen, die ich verloren habe, werde ich nie vergessen, denn jeder einzelne lebt in mir weiter. Hier, ganz tief drin, in meinem Herzen. Für immer und ewig. Sie leben in meinen Kindern und Enkeln, in meinem Lachen und in meinen Tränen. In meiner Erinnerung. Ean, wir brauchen dich. Ich … ich brauche dich. Lig den ól, le do thoil. “
Er s chaute sie aus seinen großen, smaragdgrünen Augen überrascht an. Mechanisch nahm er die Tasse entgegen, die Suse ihm reichte, und kostete vorsichtig. „Drei Stück Zucker. Du kennst mich wirklich gut wie kaum ein anderer.“
Er richtete sich schwerfällig in seinem Sessel auf und s pähte betreten an sich hinab. Umständlich versuchte er, sein Hemd in die Hose zu stopfen, ließ es allerdings bleiben, als ihm eine bessere Idee kam. „Tut mir leid, Suse. Ich war nicht auf Damenbesuch eingerichtet. Ich könnte wohl eine Dusche gebrauchen.“
„Da w erde ich ausnahmsweise nicht widersprechen. Wenn du nichts dagegen hast, sehe ich in der Zwischenzeit mal nach, was dein Kühlschrank so hergibt.“
Sie hatte das Fenster im Wohnzimmer zum Lüften weit aufgerissen, die gröbsten Spuren von Eans Besäufnis beseitigt, indem sie zumindest die Scherben zusammenkehrte und das überlebende Geschirr in die Küche zu einem Berg Abwasch trug, und war gerade dabei, mehrere Scheiben von einem altbackenen Brot für ein paar Sandwiches abzusäbeln, als das Telefon klingelte.
„ Mam ? Mam! Bist du das? Na, endlich! Ich versuche seit einer halben Stunde, dich zu erreichen. Wieso hast du dein Handy nicht dabei?“, hörte sie Manuel schreien, obwohl sie gleich beim ersten Ton vor Schreck den Hörer einen halben Meter von ihrem Ohr weggerissen hatte.
„ Junge, du kannst von Glück reden, dass ich zwei
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