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Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)

Titel: Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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könnte niemand herausfinden, welche Seiten sie sich angeschaut hatte. Niemand würde auf die Idee kommen, sie mit Máirtín Callaghan in Verbindung zu bringen, dessen Akte vor zwanzig Jahren zu den unerledigten Fällen gelegt und irgendwann vergessen worden war.
    Alicia schaltete ihren Laptop aus und griff nach dem Stapel Computerausdrucke. Einen Moment überlegte sie, ob sie Ean sofort anrufen und vom Fortgang ihrer Suche erzählen sollte. Ein kurzer Blick zur Uhr brachte sie allerdings dazu, diesen Gedanken gleich wieder zu verwerfen. Vermutlich gab es Menschen, die etwas mehr Schlaf als sie benötigten und halb zwei bereits im Bett lagen, wo sie momentan ebenfalls am besten aufgehoben wäre, wie sie sich angesichts der verspannten Nackenmuskel und bohrenden Kopfschmerzen eingestand. Sie musste endlich schlafen, doch sobald sie nur daran dachte, beschlich sie das erdrückende Gefühl von Angst. Angst davor, wirklich einzuschlafen und von Albträumen heimgesucht zu werden, die sie brutal aus dem Schlaf reißen und vollkommen erschlagen zurücklassen würden.
    Eigentlich sollte sie zufrieden sein mit sich und dem, was sie an diesem Tag geschafft hatte, versuchte sie sich einzureden. Und tatsächlich fühlte sie sich angenehm erschöpft, als sie aus der Dusche trat und sich ihr Haar föhnte. Nach einem Glas warmer Milch würde sie bestimmt schlafen können.
    Das g laubte sie so lange, bis sie sich zum hundertsten Mal auf die andere Seite warf und sich das Kissen unter ihrem Kopf zurechtstopfte.
    „Ich vermisse ihn nicht . Oh nein, diesen Gefallen werde ich ihm ganz gewiss nicht tun. Niemals“, murmelte sie mit Nachdruck und schloss die Augen.
    Was sie besser nicht getan hätte, denn sofort stand er wieder in all seiner Pracht vor ihr .
    Seufzend drehte sie sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Sie begann , langsam die Schäfchen der Brüder Ó Donndubháin zu zählen. Die Nachbarn der Clausings besaßen eine ansehnliche Herde und einige der Schafe kannte Alicia sogar mit Namen. Da gab es die schneeweißen bláthach und calóg shnechta , die braune seacláid , die aufgeweckte réalta reatha und nicht zu vergessen den lahmen Schafbock namens malltriallach .
    Sie selber dagegen wurde kein bisschen müde. Also warf sie schließlich die Bettdecke von sich und setzte sich auf.
    Es war erniedrigend, dass sie trotz ihres erstaunlichen Intelligenzquotienten ebenso anfällig für kräftige Muskeln und sanfte Augen war wie jede andere Frau. Na schön, ich vermisse ihn, räumte sie grollend ein. Dieser große Flegel fehlte ihr. Sie vermisste es, mit ihm zu streiten, die Art wie er sie ansah, bevor seine Lippen ganz sacht ihren Mund berührten, und dieses Lächeln. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis es seine Augen erreichte, aber dann gab es kein Halten mehr. Es war eigentlich kein richtiges Lachen, eher eine Art … ernstes Lächeln. Sie ließ den Kopf in ihre Hände sinken.
    „Alicia?“
    Sie bildete sich ein, seine Stimme mit dem unverwechselbaren Singsang zu hören. Es war wie eine zärtliche Berührung, wenn er ihren Namen aussprach, und ihre Haut begann zu kribbeln.
    „Weinst du, mo leannán ?“
    Sie zog die Nase hoch und hielt sich die Ohren zu, um nicht länger seinen sanften Bariton zu hören. „Hau ab! Was willst du denn von mir?“
    Mit einem Mal empfand sie die Stille im Raum als unheimlich. Langsam nahm sie die Hände vom Gesicht und hob den Kopf. Vor Entsetzen drohte ihr das Herz stehen zu bleiben.
    Sie starrte ihn grimmig an und für einen kurzen Moment fragte er sich, ob er sich das verzweifelte Häufchen Unglück lediglich eingebildet hatte. Offenbar freute sie sich nicht über sein Erscheinen. Nahm sie ihm übel, dass er sich nicht gemeldet hatte?
    „ Es ist ziemlich spät geworden, tut mir leid, aber es war schlichtweg unmöglich, einen Flug zu bekommen. Die Saison beginnt und alle Plätze waren ausgebucht, also habe ich die Fähre von Roscoff nach Rosslare genommen und bin das letzte Stück nach Hause mit dem Taxi gefahren. Ich wollte schnell wieder zurück sein.“
    „Gut. Das ist hiermit geschehen.“
    „Es ist schön, dich zu sehen.“ Er schenkte ihr ein reumütiges Lächeln und trat näher, bis er bemerkte, dass sich Alicia vor ihm zu verschließen schien. Sie zog die Decke dichter um ihre Schultern und hielt sie fest vor ihrer Brust.
    „ Offenbar hast du nicht mit mir gerechnet.“
    „ Das wäre wohl auch ein bisschen viel verlangt, meinst du nicht? Mitten in der Nacht.

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