Der Erbe von Sean Garraí (Das Kleeblatt)
lassen sich dabei helfen, sie zu besiegen. Er dagegen gehört eindeutig zu der Kategorie, die das alles selbst im Griff zu haben glaubt und deswegen niemals um Hilfe bitten würde.“
„Der Junge würde sich sehr wundern, wie ähnlich er in dieser Beziehung seinem Adoptivvater ist“, bemerkte Ean grinsend, der An draíocht das Fell mit dem Striegel bürstete. „Und es wäre ihm gar nicht recht.“
16. Kapitel
Auch während der nächsten Tage änderte sich wenig an Manuels Antriebslosigkeit und dem Schweigen, das ihn umgab. Irgendwann ertrug es Damien nicht länger, seinen Bruder leiden zu sehen, und näherte sich ihm selbst auf die Gefahr hin, dass ihn die Kälte in dessen Augen zu einem Eiszapfen erstarren ließ.
„Los, Alter, lass uns noch eine Runde drehen und kontrollieren, ob die Zäune alle in Ordnung sind. Ó Donndubháins Schafe scheinen über Bärenkräfte zu verfügen. Mam will schon wieder welche von denen bei uns erwischt haben und denkt inzwischen ernsthaft darüber nach, sich eine Kanone zuzulegen.“
Müde blickte Manuel auf und e r machte den Eindruck, als fragte er sich, ob Damien mit ihm geredet haben könnte.
„Ja, dich meinte ich! Dachtest du, ich würde Selbstgespräche führen wie ein altes Weib, oder siehst du hier weit und breit noch jemanden, der wie du faul seine Eier schaukelt?“
S ein ausbleibender Protest zeugte davon, dass er Damiens Worte als genau das verstanden hatte, was sie waren: eine simple Provokation. Deswegen ließ Manuel lediglich ein kraftloses: „Das schaffst du auch alleine“ hören.
„Mag sein, doch wie ich befürchte, du nicht. Da, nimm! Wir müssen die Tiere bewegen. Und mein Tag hat nur vierundzwanzig Stunden, von denen ich wenigstens ein oder zwei an Lisa und Shawn verschwenden möchte.“
Er forderte seinen Bruder absichtlich heraus, denn er wusste, er würde Manuel am leichtesten wachrütteln, wenn er ihn bei seiner Ehre packte und auf seine Verantwortung als Herr von Sean Garraí hinwies.
„ Ist das nicht die Aufgabe von Ean und Noel?“, intervenierte Manuel, während er mit schlafwandlerischer Geste nach dem Zügel griff und auf den Block für die Kinder kletterte, der ihm das Aufsteigen erleichtern würde.
Damien beobachtete ihn mit stiller Anteilnahme. Es musste Manuel w ahrlich schlecht gehen, wenn er diese Hilfe in Anspruch nahm, ohne sich erst verstohlen umzuschauen, ob ihn jemand dabei erwischte.
„ Richtig, aber Noel besucht alle paar Wochen die Landwirtschaftsschule. Er soll nicht bloß für uns schuften, sondern einen ordentlichen Abschluss machen. Vielleicht will er sich ja nicht für alle Zeit um fremde Pferde kümmern und irgendwann sein eigenes Unternehmen aufbauen.“
Manuels Blick ging ins Leere und Damien war für einen Moment sogar dankbar dafür. Irgendwann würden sie zwangsläufig mit ihrem Gespräch auf dieses Thema zurückkommen. Er trieb Méaracán zu einer schnelleren Gangart an und Manuel auf Liagóir folgte ihm mühelos.
„Was meinst du, o b schlechte Laune erblich ist?“ Damien wandte sich im Sattel um und musterte das mürrische Gesicht seines Bruders, der beharrlich schwieg.
Nach einer Weile unternahm er den nächsten Anlauf. „Du hast dich also gegen eine Antwort entschieden. Na schön.“ Er drängte seinen Wallach dicht neben Manuels Hengst. „Glaubst du, eine derart grässliche Laune könnte ansteckend sein? He, das musst du mir beantworten! Sonst muss ich annehmen, dass meine beneidenswerte Frohnatur ernsthaft gefährdet ist.“
„Du hast den falschen Zeitpunkt erwischt für deine Wit ze“, erwiderte Manuel mit einer erschreckenden Resignation in der Stimme.
„Lass das nicht Lisa hören. Sie findet, ich hätte in letzter Zeit viel zu oft miese Laune gehabt. Dabei sollte sie es doch sein, die Stimmungsschwankungen durchmacht.“
„Wie geht es ihr? Wisst ihr schon, was es wird? Ich habe gehört, es sei kein Problem mehr, das Geschlecht eines Kindes vor der Geburt festzustellen.“
„Ist es tatsächlich nicht, dem Ultraschall sei Dank, dennoch wollen wir uns überraschen lassen. Hauptsache ist, das Kind ist gesund und munter.“
„Und? Ist alles in Ordnung ?“
„Quicklebendig, wie ein Kind nur sein kann.“
Eine Weile ritten sie schweigend nebeneinander, bis Manuel fragte: „Was ist eigentlich mit Ean? Ich habe ihn seit meiner Rückkehr höchstens zweimal gesehen. Wo steckt er?“
„Er hat sich frei genommen.“
„Obwohl Noel in der Schule ist? Ich glaube, ich sollte einmal
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