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Der Erdrutsch (German Edition)

Der Erdrutsch (German Edition)

Titel: Der Erdrutsch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer
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jetzt
unterkommen.“
    „ War
niemand mehr von euren Familien in der Pension?“ bohrte der Mann
nach.
    „ Nein,
wir haben alle wegfahren oder weggehen sehen“, meinte Luise. „Wieso
fragen Sie?“
    „ Wo
wart ihr denn, als die Lawine runter kam?“ Er wandte sich an Johan.
Der zeigte den Berg hinauf.
    „ Da
oben, auf der Wiese zwischen den kleinen Waldstücken.“
    Die Wiese, auf der sie zu dem Zeitpunkt gewesen waren, war gut zu
erkennen. Jetzt erst wurde ihm bewusst, wie nahe die Katastrophe an
ihnen vorbeigegangen war. Es waren nur gut zweihundert Meter bis zu
der braunen Schneise, die sich nun den Abhang hinunterzog.
    „ Die
Frau, die man aus den Trümmern geholt hat … Was ist mit ihr? Ist
sie wirklich tot?“, fragte nun Luise. Johan hatte ihr zwar
berichtet, was Paul erzählt hatte, aber sie wollte es dennoch aus
dem Mund des Sanitäters hören.
    „ Kennt
ihr sie?“, wollte der wissen.
    „ Das
ist Elsbeth … ich meine natürlich Frau König. Elsbeth König,“
antwortete Paul für sie. „Ich habe sie erkannt, als sie auf der
Wiese lag.“
    „ Woher
kennst du sie?“
    „ Sie
hat auch in der Pension gewohnt.“ Johan musste schlucken. „Seit
zwei Tagen.“
    „ Ja,
sie ist tot. Es tut mir leid.“
    „ Haben
Sie noch weitere Opfer gefunden?“
    „ Nein,
bisher noch nicht. War denn noch jemand im Haus?“
    „ Nein“,
sagte Paul. „Die waren alle weg. Das glauben wir zumindest.“ Er
drehte sich zu Johan um. „Oder meinst, da war doch noch jemand?“
Johan schüttelte den Kopf.
    „ Wann
kommen eure Eltern wieder?“, fragte der Sanitäter weiter.
    „ Im
Laufe des Nachmittags.“ Johan dachte nach. „Vielleicht sollten
wir jetzt erstmal etwas essen, was meint ihr?“, fragte er.
    „ Ich
kann nichts essen“, meinte Luise.
    „ Ich
habe tierischen Hunger“, meinte Paul. „Ich komme mit. Du kannst
ja was trinken, das tut dir bestimmt gut“, sagte er zu Luise. Dann
stand er auf und reichte ihr die Hand.
    „ OK,
lasst uns zu Schweigls gehen.“
    Langsam gingen sie die Wiese hinab,. Der Sanitäter begleitete sie.
Es war nicht weit bis zum Gasthaus, vor dem einige Tische und Stühle
in der Sonne standen, an denen Wanderer Platz genommen hatten. Der
Erdrutsch hatte mehrere Wanderwege verschüttet; wer auf dieser Seite
war, kam so schnell nicht mehr herüber.
    „ Was
ist denn eigentlich mit unseren Sachen?“, fragte sich Luise. Sie
bestellten jeder eine Portion Spaghetti und Cola. Auch Luise hatte
Hunger bekommen. „Die Bücher. Ich hatte einen Fotoapparat in
meinem Zimmer. Und meine Klamotten. Jetzt habe ich nur noch das, was
ich hier trage. Und das ist völlig verdreckt.“
    „ Tja,
das ist vermutlich alles weg. Deine Sachen liegen da irgendwo in den
Trümmern.“ Paul fand langsam zu sich zurück. Johan saß
nachdenklich neben ihm, während er dem Gespräch am Nachbartisch
lauschte. Zwei Männer unterhielten sich darüber, warum die
Stahlzäune nicht gehalten hatten. Immer wieder kamen Einsatzkräfte
der Feuerwehr und der Polizei mit neuen Meldungen dazu und so
erfuhren die drei, dass es keine weiteren Opfer gab. Die Staubwolke
hatte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr gelichtet, aber noch immer
lag der Geruch von Erde, Steinen, Feuer und Staub in der Luft.
    Etwa zwei Stunden später kamen Johans Eltern von ihrer Tagestour
zurück. Sie hatten den Erdrutsch vom Tal aus gesehen, sich aber
zunächst nicht viel dabei gedacht. Mit jedem Schritt, der sie näher
an das Dorf heranführte, waren ihre Befürchtungen gestiegen, bis
sie die letzte Strecke fast gelaufen waren. Sie fanden das Dorf in
einer eigenartigen Mischung aus Ruhe und Chaos vor. Erleichtert
stellten sie fest, dass ihrem Sohn und seinen Freunden nichts
geschehen war. Sofort erkundigten sie sich nach den anderen.
    „ Was
ist mit den Lechners? Die waren doch sicher auf dem Hof.“
    „ Nein,
die sind vorher weggefahren“, klärte sie ihr Sohn auf.
    „ Und
Elsbeth?“, wollte sie weiter wissen.
    Johan schwieg. Er musste an die vergangenen Abende denken, an die
nette Unterhaltung mit Elsbeth. Vor allem an deren Angebot, ihm beim
Schreiben zu helfen. Sie hatte sich wirklich für ihn interessiert.
Und jetzt war sie einfach nicht mehr da. Es war Paul, der es
aussprach:
    „ Elsbeth
war im Haus. Ich habe Elsbeth gesehen … danach. Auf der Wiese. Ich
habe sie nicht sofort erkannt. Aber dann habe ich ihre Haare gesehen.
Sie ist tot …“ Johans Mutter legte ihm die Hand auf den Arm.
    „ Was
ist denn mit deinem Vater? Der ist doch

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