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Der Erdrutsch (German Edition)

Der Erdrutsch (German Edition)

Titel: Der Erdrutsch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Martin Meyer
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klemmt.
Der ist ewig nicht benutzt worden. Und ich finde, dass die wie eine
Kette für ein Kind aussieht.“
    Sie hörten die Kirchentür knarren. Johan schlich bis zur Ecke und
schob den Kopf langsam vor. Er sah einen Mann die Kirche verlassen.
Auf dem Vorplatz schaute er sich noch einen Moment suchend um und
rannte dann auf dem Weg in Richtung Feuerwehrhaus. Schnell war er in
der Dunkelheit verschwunden. Dunst zog aus dem Tal herauf. Es wurde
merklich kühler. Sie gingen zurück zu ihrer neuen Unterkunft. Vor
der Tür wartete Paul schon auf die beiden.
    „ Na,
wo kommt ihr denn her? Habt ihr euch in der Dunkelheit amüsiert?“,
fragte Paul genervt.
    „ Na
klar. Ich sage dir, Johan kann küssen, da wärst du neidisch drauf –
wenn du es denn ausprobieren würdest.“ Luise grinste Paul hämisch
an.
    „ Liebstes
Cousinchen, das überlasse ich getrost dir.“
    Nun berichtete Luise, was sie gerade beobachtet hatten und Paul
fragte natürlich sofort, was sie hinter der Kirche gesucht hatten.
Johan war ein wenig verlegen und druckste herum. Aber Luise sah
keinen Grund, Paul den Wind aus den Segeln zu nehmen und sagte:
    „ Johan
hat mir gezeigt, was er in der Hose hat.“ Sie grinste Johan an und
er wusste, dass sie die Kette meinte. Bevor Paul noch etwas sagen
konnte, drehte sie sich um und ging auf die Tür zu.
    „ Ich
gehe jetzt schlafen. Gute Nacht.“ Sie verschwand im Gasthof und die
Tür schloss sich leise hinter ihr.
    „ Na,
ich hoffe, es hat Spaß gemacht.“
    Johan und Paul standen an den Zaun gelehnt, der sie vom Abhang
trennte. Im Tal war jetzt gar nichts mehr zu erkennen. Nebel hatte
sich über den Ort gelegt und in den wenigen Lichtquellen, die sich
um sie herum befanden, segelten tausende von winzigen Wassertröpfchen
im Kreis. Sie befanden sich mitten in einer Wolke.
    „ Küsst
du wirklich so gut?“ Paul wandte den Kopf in Johans Richtung.
    „ Ich
weiß nicht. Du kannst es ja ausprobieren“, konterte Johan ohne
nachzudenken. Dann schoss ihm die Hitze in den Kopf und wenn es hell
gewesen wäre, dann hätte Paul wohl gesehen, dass er knallrot wurde.
    „ Wenn
du meinst.“ Paul beugte sich vor. Plötzlich schlug ihm das Herz
bis in den Hals. Er spürte die Wärme von Johans Körper. „Aber
vielleicht verschieben wir das auf übermorgen, wenn wir wandern
gehen.“ Schnell drehte er sich um und ging zum Eingang der Pension.
    Das Licht in ihrem Zimmer funktionierte noch nicht. Mit der
Taschenlampe aus dem Rucksack ertasteten sich Johan und Paul den Weg
durch das Zimmer. Sie zogen sich bis auf die Boxer-Shorts und die
T-Shirts aus und legten sich schlafen.
    Johan lag auf seiner Seite des Bettes. Noch einmal gingen ihm die
Ereignisse durch den Kopf. Die Lawine, das Gesicht von Elsbeth, der
Schock. Pauls Versuche, ihn zu trösten. Er fühlte sich elend.
Allein. Dann fiel ihm ein, dass er ja gar nicht alleine war. Paul war
da. Nur wenige Zentimeter von ihm entfernt.
    „ Paul?
Schläft du schon?“, fragte Johan leise.
    „ Hmmm.“
    „ Träum'
was Schönes.“
    „ Hmmm.“

20. Kapitel
    Als Johan aufwachte, schien die Sonne durch das Fenster hinein. Paul
schlief noch. Er lag auf der Seite, Johan zugewandt. Johan konnte ihn
so zum ersten Mal eingehend betrachten. Nach einer Weile öffnete
Paul die Augen. Er war noch verschlafen, so dass Johan ihn in Ruhe
ließ.
    Da die Eltern den ganzen Tag über mit Organisatorischem wie der
Beschaffung neuer Papiere beschäftigt waren, konnten die drei tun
und lassen, was sie wollten.
    Sie gingen zur Unglücksstelle. In dem abgesperrten Bereich waren
viele Polizisten beschäftigt. Die Feuerwehr war da, offensichtlich
war das ganze Dorf damit beschäftigt, aufzuräumen. Sie sahen die
Wirtsleute, die mitten in dem Schlachtfeld standen und immer wieder
einzelne Dinge aus dem Schutt zogen. Bilder kamen zutage, aber auch
Wäsche und ganz offensichtlich Erinnerungsstücke. Mehrmals konnten
sie beobachten, wie Herr Lechner in Tränen ausbrach, wenn wieder
etwas aus den Trümmern herausgezogen wurde.
    „ Warum
musste das alles passieren? Warum musste Elsbeth sterben?“, fragte
sich Luise leise.
    „ Es
ist einfach ein schreckliches Unglück. Sowas kommt immer wieder
vor.“ Paul wirkte abgeklärt.
    „ Nein,
das glaube ich nicht. Das sind zu viele Zufälle“, meinte Johan.
    „ Was
meinst du denn jetzt damit? Siehst du wieder Gespenster?“ Paul
grinste ihn an. „Meinst du etwa, die hat jemand umgebracht?“
    „ Ja,
warum denn nicht? Überleg doch mal, wer ein

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