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Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 3 - Das ferne Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. LeGuin
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das gelbe Auge, nicht mehr als drei Meter entfernt, auf ihm ruhte. Er roch den leichten Brandgeruch, der ihn umgab, doch er nahm keinen Aasgeruch wahr, trokken und leicht metallisch riechend erinnerte der Drache an die See, an Salz und Sand: es war ein reiner, wilder Geruch.
    Die immer höher steigende Sonne warf ihre Strahlen auf Orm Embar, und er leuchtete wie eine Statue aus Eisen und Gold.
    Noch immer schlief Ged entspannt und ließ sich dabei von dem Drachen genauso wenig stören wie ein Bauer von seinem Hofhund.
    Eine Stunde verstrich. Arren schreckte auf. Der Magier saß neben ihm.
    »Bist du schon so an Drachen gewöhnt, daß du zwischen ihren Klauen einschläfst?« lachte Ged und gähnte. Dann stand er auf und sprach zu Orm Embar in der Ursprache.
    Bevor der Drache sprach, gähnte auch er, vielleicht aus Müdigkeit, vielleicht, um dem Magier nicht nachzustehen, aber es war ein Anblick, den nur ganz wenige gesehen und überlebt hatten: die Reihen gelbweißer Zähne, scharf und spitz wie Schwerter, die gespaltene, feurigrote Zunge, zweimal so lang wie ein Mensch, und der rauchende Schlund tat sich vor ihnen auf.
    Orm Embar sprach, Ged setzte gerade an, etwas zu erwidern, als beide sich nach Arren umdrehten. Sie hatten in der Stille das hohle Flüstern einer stählernen Klinge in der Scheide gehört. Arren blickte hinauf zum Rand der Düne, die sich hinter dem Kopf des Magiers erhob, und hielt sein Schwert kampfbereit in der Hand.
    Dort oben, von der Sonne hell beleuchtet, stand ein Mann. Er stand bewegungslos, wie aus Stein gemeißelt, nur der Saum und die Kapuze seines leichten Umhangs bewegten sich leise im Wind. Sein schwarzes Haar war lang und fiel in dichten Locken auf die Schultern; er war breitschultrig und groß, ein gutaussehender, kraftvoller Mann. Seine Augen blickten über sie hinweg, hinaus aufs Meer. Er lächelte.
    »Orm Embar kenne ich«, sagte er, »und dich kenne ich auch, obwohl du gealtert bist, Sperber, seit ich dich zum letztenmal gesehen habe. Man hat mir erzählt, daß du jetzt der Erzmagier seist. Nicht nur alt, auch berühmt bist du geworden. Und du hast einen Helfer dabei, einen Zauberlehrling zweifellos, einen von denen, die auf der Insel der Weisen weise werden wollen. Was führt euch beide hierher, so weit von Rok und seinen schützenden Wällen entfernt, die alles Dunkle von den Meistern fernhalten?«
    »Ein Riß geht durch mächtigere Wälle, als es jene sind« sagte Ged, und seinen Stab mit beiden Händen fassend blickte er fest auf den Mann. »Doch möchten Sie uns nicht als Mensch begegnen, damit wir Sie in unserer Mitte begrüßen können, denn lange haben wir nach Ihnen gesucht?«
    »Als Mensch?« wiederholte der Mann, und wiederum lächelte er. »Ist ein Körper, ist Fleisch von Bedeutung, wenn zwei Magier aufeinandertreffen? Gewiß nicht. Lassen wir Geist mit Geist sprechen, Erzmagier!«
    »Ich glaube nicht, daß wir das tun können. Junge, steck dein Schwert ein. Das hier ist nur ein Senden, eine Erscheinung, nicht der wahre Mensch. Gegen das hier zu kämpfen, kommt einem Kampf gegen den Wind gleich. In Havnor, als Ihr Haar noch weiß war, wurden Sie Cob genannt. Doch das war nur ein Umgangsname. Wie sollen wir Sie hier nennen, wenn wir auf Sie treffen?«
    »Ihr werdet mich euren Fürsten heißen«, verkündigte die hohe Gestalt auf der Düne.
    »Gut, und wie sonst noch?«
    »König und Meister.«
    Bei diesen Worten zischte Orm Embar laut auf, und messerscharf zerschnitt der Ton die Luft. Seine großen Augen funkelten, doch er wandte den Kopf von dem Mann ab und sank in sich zusammen, als ob ihn eine unsichtbare Macht niederdrücke.
    »Und wann und wo wird die Zusammenkunft stattfinden?«
    »In meinem Reich und wann es mir gefällt.«
    »Gut«, sagte Ged und erhob seinen Stab in die Richtung des Mannes – und der Mann verschwand wie eine ausgelöschte Kerzenflamme.
    Arren starrte auf die leere Stelle. Der Drache erhob sich langsam und schwerfällig, bis er auf seinen vier gekrümmten Beinen stand, seine Schuppen klirrten, und er fletschte die Zähne. Der Magier blieb unbeweglich stehen und lehnte sich auf seinen Stab.
    »Das war nur ein Senden, nur ein Gedankenbild des wirklichen Mannes, das zwar reden und hören kann, aber keine Macht hat, nur die, die ihm unsere eigene Furcht verleiht. Das Bild muß auch nicht unbedingt wahr sein, das hängt von dem ab, der es sendet. Ich nehme an, daß dieses Bild der Wahrheit nicht entspricht, daß er in Wirklichkeit nicht so

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