Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Erl�ser

Titel: Der Erl�ser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesb�
Vom Netzwerk:
er «
    »Nein, nein«, sagte Rikard und schüttelte entschieden den Kopf. »Ich mache das sofort, vertrauen Sie mir, äh … David.«
    »Sicher?«
    Rikard sah seinen Kommandeur verdattert an. »Sicher? Dass Sie mir vertrauen können?«
    »Dass du nichts Wichtigeres zu tun hast.«
    »Natürlich, ich mach das gerne. Ich arbeite gerne mit Autos und...und...«
    »Du wechselst gerne Räder?«
    Rikard schluckte und erwiderte das breite Grinsen des Kommandeurs mit einem Nicken. Als er das Fenster wieder schloss und sie vom Platz fuhren, bemerkte Martine, sie finde es nicht gut, wie er Rikards Hilfsbereitschaft ausnutzte.
    »Seine Untertänigkeit, meinst du wohl«, antwortete der Vater.
    »Immer mit der Ruhe, meine Liebe, das ist nur ein Test.«
    »Ein Test? Seiner Opferbereitschaft oder seiner Autoritätshörigkeit?«
    »Letzteres«, sagte der Kommandeur und gluckste vergnügt. »Ich habe mit Rikards Schwester Thea gesprochen, und sie hat mir ganz beiläufig erzählt, dass Rikard mit der morgigen Deadline für das Budget kämpft. Wenn das stimmt, sollte er das eigentlich wichtiger nehmen und Jon diese Reifen überlassen.«
    »Ja und? Vielleicht wollte Rikard einfach nett sein?«
    »Ja, er ist tüchtig und nett. Arbeitsam und seriös. Ich will nur sicher sein, dass er auch das Rückgrat und den Mut besitzt, den man in führender Position braucht.«
    »Aber alle sagen doch, dass Jon den Job bekommen wird.«
    David Eckhoff blickte auf seine Hände und lächelte beinahe unmerklich. »Tun sie das? Ich schätze es im Übrigen, dass du Rikard verteidigst.«
    Martine nahm ihre Augen nicht von der Straße. Trotzdem spürte sie den Blick ihres Vaters, als dieser fortfuhr: »Unsere Familien sind schon seit vielen Jahren befreundet, weißt du. Das sind gute Menschen. Mit einer soliden Verankerung in der Armee.«
    Martine atmete tief durch, um sich zu beruhigen.
     
    *
     
    Dieser Job erforderte nur eine Kugel.
    Trotzdem schob er alle Patronen ins Magazin. Zum einen, weil die Waffe nur mit vollem Magazin gänzlich ausbalanciert war. Zum anderen, weil es die Gefahr eines Funktionsfehlers minimierte. Sechs Patronen im Magazin, eine im Lauf.
    Dann legte er das Schulterhalfter an. Er hatte es gebraucht gekauft, und das weiche Leder roch salzig und bitter nach Haut, Öl und Schweiß. Die Pistole saß perfekt. Er stellte sich vor den Spiegel und zog die Jacke an. Die Waffe war nicht zu sehen. Größere Pistolen erlaubten mehr Präzision, aber bei diesem Job ging es nicht um einen Präzisionsschuss. Er zog die Regenjacke an. Dann den Mantel. Steckte sich die Mütze in die Tasche und vergewisserte sich, dass das rote Halstuch in seiner Innentasche steckte.
    Er sah auf die Uhr.
     
    *
     
    »Rückgrat«, sagte Gunnar Hagen. »Und Mut. Das sind die zwei Eigenschaften, die mir bei meinen Hauptkommissaren am wichtigsten sind.«
    Harry antwortete nicht. Er fand, dass man so etwas eigentlich gar nicht diskutieren musste. Stattdessen sah er sich in dem Büro um, in dem er schon so oft gesessen hatte, genau wie jetzt. Aber abgesehen von der vertrauten Szene »Chef-erklärt-Hauptkommissarwo-es-langgeht« war alles anders. Verschwunden waren Bjarne Møllers Papierstapel, seine im Regal zwischen juristischen Schriften und Polizeiinstruktionen einsortierten Sammelbände mit Donald Duck & Co., das große Familienfoto und das noch größere Bild des Golden Retrievers, den die Kinder seinerzeit bekommen, aber längst vergessen hatten, weil er bereits seit neun Jahren tot war.
    Nur Bjarne Møller trauerte noch immer um ihn. Geblieben war eine blanke Tischplatte, nur mit einem Computerbildschirm, einer Tastatur, einem schmalen Stückchen kreideweißem Knochen auf einem kleinen silbernen Sockel und Gunnar Hagens Ellenbogen, auf die er sich stützte, während er Harry unter seinen breiten buschigen Augenbrauen hervor anstarrte.
    »Aber es gibt eine dritte Eigenschaft, die ich für noch wichtiger erachte, Hole. Können Sie sich denken, was ich meine?«
    »Nein«, sagte Harry tonlos.
    »Disziplin. Dis – zi – plin. «
    Die Art, wie sein neuer Chef dieses Wort zerlegte, ließ Harry beinahe eine linguistische Vorlesung über die Herkunft dieses Wortes erwarten. Stattdessen stand Hagen auf und stolzierte, die Hände auf dem Rücken, hin und her, als wollte er sein Revier markieren. Ein Verhalten, das Harry schon immer ein bisschen seltsam gefunden hatte.
    »Ich führe diese Gespräche mit allen in der Abteilung, um jedem ins Gesicht zu sagen, was ich von ihm

Weitere Kostenlose Bücher