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Der Eroberer

Der Eroberer

Titel: Der Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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sprühten und warfen hüpfende Schatten auf die Höhlenwände. Dann erstrahlte ein unerklärliches goldgelbes Licht an der Spitze der Säule, an die Camilla gefesselt war. Es schien in spiralenförmiger Linie an der Säule hinabzugleiten. Andere, verwachsene Gestalten mit großen Hörnern an den Köpfen, tierisch wirkenden Gesichtern und Ziegenhufen reihten sich ein in die Gruppe der Tänzer.
    Simon schritt vor. Mit ausgestrecktem Schwert schützte er sich instinktiv vor den drohendem Böse in der Höhle. »Aufhören!« Ein Name kam auf seine Lippen, und er schrie: »Im Namen von Ormuzd … aufhören!«
    Eine riesige Woge unmenschlichen Gelächters ergoß sich aus dem prasselnden Licht der Säule, in dem Simon nun Figuren ausmachen konnte; Figuren in menschlicher Form, die gleichzeitig Teil eines gewaltigen Gesichts mit zahnlosem, klaffendem Mund und geschlossenen Augen zu sein schienen. Dann öffneten sich die Augen. Ihr starrer Blick galt Simon. Die kleineren Figuren zappelten und kicherten. Ihm kam die Galle hoch, der Schädel dröhnte, doch Simon packte sein Schwert und bahnte sich einen Weg durch die schwitzende Menge. Alle grinsten ihn höhnisch an, aber niemand versuchte, ihn aufzuhalten.
    Wie Spießruten empfand er die bohrenden, heimtückischen Blicke.
    »Ormuzd ist zu schwach, um dich zu schützen, Sterblicher«, hörte er. »Hier regiert Ahriman … und bald regiert er die Welt durch sein Werkzeug Alexander.«
    Simon ging weiter auf die Säule, auf Camilla und das höhnische Gesicht über ihr zu.
    »Ormuzd wird dir nicht helfen, Sterblicher. Wir sind viele und stärker. Sieh mich an! Was erkennst du?«
    Simon gab keine Antwort. Seine Faust umklammerte die
    Waffe. Er rückte weiter vor.
    »Siehst du uns? Siehst du die Eine, die von ihren Dienern hier Cotys genannt wird? Siehst du das Böse?«
    Simon nahm wankend die letzten Schritte, die ihn von der Säule und dem um sie herumschlängelnden Etwas trennten. Olympias reckte den Hals vor. Die Schlangen zischten, züngelten.
    »Geh zu ihr, Thraker … Mein Sohn kennt dich … Geh zu ihr, und wir werden diese Nacht ein doppeltes Opfer feiern.« Mit der freien Hand stieß Simon gegen die schuppige Haut der Schlangen und ließ die Frau zurückstolpern.
    In tranceähnlicher Bedächtigkeit zerschnitt er Camillas Fesseln. Viele Hände, goldgelbe Hände fuhren aus der Säule und umschlangen ihn in schauerlich wilder Umarmung. Simon schrie und schlug um sich. Bei Berührung des Stahls zuckten die Hände zurück in ihren sprühenden Elternleib.
    Jetzt spürte Simon die feuchten Hände der Anhänger auf seinem Körper. Einen Trumpf konnte er noch ausspielen. Er zog ein Büschel Kräuter aus seinem Hemd – Kräuter, die ihm Massiva gegeben hatte – und warf ihn auf die Kerzenflamme. Beißender Gestank entströmte den auflodernden Kräutern. Die nackten Leiber wichen zurück. Auch die Erscheinung in der Säule verlor an Glanz.
    Simon sprang auf die Säule zu, silbrig blitzte sein Schwert. Es fuhr durch das schillernde Gesicht, das abwechselnd keifte und kicherte. Klirrend traf die Klinge auf die steinerne Säule. Verzweifelt holte Simon zu einem zweiten Hieb aus. Seine Kraft war erschöpft. Er fühlte sich wie ein alter, ausgezehrter Mann. »Ormuzd!« rief er, als er wieder zuschlug.
    Keifend antwortete ihm das Gesicht. Erneut schnellten goldene Hände hervor, ihn zu umarmen, seinen Körper mit schrecklicher, entwaffnender Freude zu durchströmen. Plötzlich fühlte Simon die Nähe seiner Vorväter, und eine Erkenntnis erwachte in ihm, das Wissen seiner Ahnen über Finsternis und Chaos.
    Und mit dieser schrecklichen Erkenntnis verband sich eine Zuversicht: Die Kräfte des Bösen waren in der Vergangenheit vertrieben worden; sie konnten also gebannt werden.
    Er faßte neuen Mut. Ahriman-Cotys bemerkte, daß Simon frische Kraft aus irgendeiner Quelle geschöpft hatte. Die Erscheinung verdichtete sich und glitt die Säule herunter auf Camilla zu.
    Simon nahm das Mädchen und zerrte es von der Säule auf den Boden. Gleich darauf griff er nach den brennenden Kräutern und warf sie in das gespenstische Gesicht.
    Ein gräßliches Heulen erfüllte die Höhle; für einen Moment entschwand die Erscheinung gänzlich.
    Simon stürzte mit Camilla durch die Menge und schlug mit seinem hellen Schwert in die nackten Leiber. Blut strömte, und das Gesicht tauchte wieder auf. Dröhnendes Gelächter entwich dem klaffenden Mund.
    Viele kleinere Gesichter stimmten kichernd mit ein, lösten

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