Der Eroberer
Schmutzwäsche.
»Wovon redet ihr?«
Die beiden blickten beschämt zu Boden. »Über nichts Besonderes«, log Beth und errötete.
»Sagt mir die Wahrheit, es ist wichtig – für Aelfgar. Hat er Alice nicht beschlafen?«
Beth hob den Kopf. »Er hat sie nicht beschlafen bis letzte Nacht«, sagte sie und deutete auf die Bettwäsche.
Ceidre hörte ihre Antwort kaum. Ein Stich durchbohrte sie. Sie starrte auf das blutige Laken. Während sie in einem törichten, tröstlichen Traum gefangen war, hatte er mit Alice den Akt vollzogen. Mary deutete Ceidres Blick als Frage und breitete das Laken aus, um die Blutflecken zu zeigen. Ceidre wandte das Gesicht zur Seite. Wieso dieser Schmerz? Was ging es sie an? Hatte sie nicht angenommen, es sei längst in der Hochzeitsnacht geschehen? Sie hatte kein Recht, sich verletzt zu fühlen.
»Bitte bringt mir einen Krug Wasser«, sagte Ceidre und legte sich wieder auf die Seite. Es war das Fieber. Warum sonst musste sie gegen diese vermaledeiten Tränen ankämpfen? »Und sagt meiner Großmutter Bescheid.«
»Was lungert ihr faulen Schlampen hier herum«, schimpfte Alice auf dem Flur. »Macht, dass ihr an die Arbeit kommt!« Sie sah den Mägden nach, die eilig das Weite suchten, dann lehnte sie sich räkelnd an die Wand. »Du siehst gar nicht gut aus, Ceidre.«
»Geh weg, Alice«, sagte Ceidre matt.
»Jetzt weiß ich, warum du die Beine für ihn breit gemacht hast, Ceidre«, gurrte Alice. »Es fühlt sich gut an, sein starkes Glied in sich zu spüren, stimmt's? Und er ist lüstern wie ein Zuchtbulle! Ich dachte, es würde mir nicht gefallen – aber es war wunderschön.«
Ceidre sah den Normannen über Alice liegen mit mächtig erregtem Geschlecht. Wütend verdrängte sie das Bild und blickte zu Boden. »Alice, ich fühle mich nicht gut. Ich habe Fieber. Schick mir Großmutter und Lass mir einen Krug Wasser heraufbringen.«
»Ich dulde diese Hexe nicht in meinem Haus«, entgegnete Alice schneidend. »Wasser kannst du meinetwegen haben.« Damit wandte sie sich brüsk ab und ging.
Ceidre wollte ihr nachrufen, dass die Großmutter ihre Umschläge wechseln müsse, sonst würden die Wunden sich entzünden, brachte aber die Kraft nicht auf. Stattdessen weinte sie still vor sich hin. Es wurde Abend, bevor man ihr einen Krug Wasser brachte.
Kapitel 29
Die Kreidefelsen von York schimmerten in verschiedenen Abstufungen von Weiß. Die Festung wurde diesmal aus Stein erbaut und sollte unbezwingbar sein. Die Holzpalisade um die ausgebrannte Ruine des alten Burgturms war durch eine hohe Mauer aus dem hellen Yorker Gestein ersetzt worden.
Rolfe ritt mit seinem Tross an der riesigen Baustelle vorbei, an der nahezu alle Bewohner von York schufteten. Die riesigen Felsblöcke, von Ochsengespannen aus dem Steinbruch herbeigeschafft, wurden mit Seilwinden über Rollen hochgezogen und dann mit menschlicher Kraft an ihren vorgesehenen Platz gebracht. Überall herrschte reges Treiben, Fuhrwerke schafften Holzbalken und Kies heran, Sklaven drehten die Kurbeln der Winden, unter den Steinquadern standen Gruppen von Arbeitern Schulter an Schulter, um die Ungetüme in die richtige Richtung zu lenken. Auf der Mauer schoben und stemmten unzählige Hände und Arme die Brocken an ihren Platz und unterlegten sie mit Keilen, um ihnen festen Halt zu geben. Auf der Baustelle wimmelte es von fliegenden Händlern, die Brot, Hammelfleisch und Bier feilboten. Zwischen den Arbeitern wieselten Kinder herum, noch zu klein, um zu Hilfsarbeiten herangezogen zu werden, und spielten Fangen, bellende Hunde rannten hinterher. Die Grundmauern und zwei Stockwerke des neuen Turms standen bereits.
Vor drei Tagen waren Rolfe und seine Männer von Aelfgar aufgebrochen. Und an diesem heißen Nachmittag im Juni ritten sie durch die breite Hauptstraße von York; eine Stadt, die seit den Tagen der Dänen ein bedeutendes Handelszentrum war. Die Häuser zogen sich den Hügel hinauf bis zum Graben und der hohen Mauer von Wilhelms neuer Burgfeste. Die Ankunft der Ritter wurde von Marktweibern und Händlern, Bettlern, Taschendieben und Kindern durch jede Gasse, jeden Hauseingang und jedes Fenster von York verbreitet. Und Rolfe hörte immer wieder seinen Namen aufgeregt, ängstlich und ehrfurchtsvoll rufen.
Wilhelm residierte innerhalb der Burgmauern. Das purpurfarbene Banner mit seinem Wappen grüßte die Ankömmlinge von einer hohen Fahnenstange an der Burgmauer über der Stadt. Der Tross ritt über die Zugbrücke in den inneren
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