Der erste Sommer
bewusst wurde.
»Schätzchen, wir sind mitten im Krieg. Die Schlacht um die beste Versorgung tobt seit Anfang Mai. Wer nicht bald etwas erobert, muss allein über den Winter kommen«, erklärte Ilse. »Das Leben ist ein ewiger Kampf.«
Nachdem die Soldaten es müde geworden waren, die Frauen unter Wasser zu drücken, um ihnen dabei an den Busen zu grabschen, schwangen sie sich aus dem Becken und trotteten zu ihren Sachen zurück. Anne starrte auf die Beulen, die sich deutlich unter den nassen Unterhosen abzeichneten. Es war kein Spiel, aber trotzdem schön anzuschauen.
»Schau nicht hin«, zischte Ilse, »Indianerregel Nummer drei. Sieh nur auf den Schwanz des Helden, wenn ihn die Sonne liebkost. Wenn der Flussgott ihn verkürzt, schau in den Himmel getrost. Frei übersetzt.«
Mit gockeligem Gehabe zupften die Männer ihre Hosen zurecht und legten sich dann auf den Bauch, während die Mädchen neben ihnen die Brüste in die Luft streckten. Einer der Boxer hatte sich so ausgestreckt, dass er auf die Ellbogen gestützt Anne beobachten konnte. Er blinzelte ihr zu, worauf Ilse sich vor sie setzte, um ihr die Sicht zu nehmen.
»Blickkontakt wird wohl noch erlaubt sein.«
»Später«, entschied Ilse knapp und nahm das Kartenspiel in die Hand, das die Soldaten hatten liegen lassen. »Erst spielen wir.«
»Was spielen wir?«
»Wir nennen es Poker für Blinde und Kühe. Wart ab!«
»Ich gewinne immer«, erklärte Anne, »ich wette um tausend Mark.«
»Und wenn du doch verlierst?«
»Dann könnt ihr euch das Geld bei mir abholen. Ich hab genug davon. Es ist ohnehin nichts mehr wert.«
Ilse mischte und verteilte die Karten, an jede vier, dann zögerte sie und legte noch einmal zwei dazu. Zu Anne gewandt erklärte sie:
»Leg einfach irgendwelche Karten ab, es spielt überhaupt keine Rolle welche. Die Karten, um die es geht, sind noch nicht verteilt.«
Sie warf einen schnellen Seitenblick auf die Männer. Diese verfolgten das absurde Spiel eine Weile, ohne dass Anne verstanden hätte, worum es eigentlich ging. Bis Inge ohne erkennbaren Anlass entsetzt aufkreischte und die Karten von sich warf. Anne wich unwillkürlich zurück. Verschämt griff Inge sich in die Haare. Wie zufällig löste sich ihr Zopf in einen nussbraunen Schwall Haare auf. Anne sah sie verwundert an. Dieses Backfischgetue war ihr unangenehm. Zumal sie das Spiel immer noch nicht begriff und sich vorkam wie eine Statistin.
»Nein«, rief Inge so laut, dass es alle auf der Wiese hören könnten, »ihr könnt alles von mir haben, aber ich ziehe mich nicht aus, nicht vor all den Männern!«
»Trommeln gehört zum Handwerk«, flüsterte Ilse verschwörerisch, um dann in derselben Lautstärke auf ihre Freundin einzuschimpfen: »Spielschulden sind Ehrenschulden. Du hast verloren! Und ich möchte deine Bluse! Und zwar sofort!«
Inzwischen hatten sich alle Soldaten ihnen zugewandt. Die beiden Boxer und der Corporal waren aufgestanden undhatten sich der Eibe genähert mit dem Gestus von Helden, die für eine Prinzessin sofort ins Feld ziehen würden.
» May I help you, Madam? «, fragte der eine Inge.
» O yes «, flötete Ilse, » she not can loose, she is so a fashionable girl «, wobei sie zuerst auf die Karten und dann auf Inge deutete, die beide Hände auf die Knopfleiste ihres Mantels presste.
» Be my hero!« ,hauchte Inge mit weit aufgerissenen Augen. Sie wandte sich nicht an den Boxer, sondern direkt an dessen Vorgesetzten, den untersetzten Corporal, der hinter diesem stand. Er setzte sich neben sie und legte beruhigend den Arm um ihre bebende Schulter.
»Seien sie sich sicher, die amerikanische Armee wird Ihre Ehre retten«, sagte er auf Deutsch mit starkem Akzent.
Der Boxer, mit dem Anne vorher geflirtet hatte, rutschte wie zufällig an ihre Seite, so dass dem anderen nichts übrig blieb, als sich um Ilse zu kümmern. So hatten sie alle drei unversehens einen Kavalier. Nun verstand Anne, um was sie wirklich spielten. Die neidischen Blicke der anderen Mädchen bewiesen, dass es alle anderen inzwischen auch verstanden hatten. Anne warf den Kopf wie eine Königin zurück. Sie drei hatten gewonnen.
Der Corporal nahm Inges Karten in die Hand.
» Well, let’s have a look at this, guys. «
Sie begannen zu pokern, und als er verlor, sah sein Fräulein ihn so lange an, bis er widerwillig als erstes Pfand seine Uniformjacke auszog und Ilse gab. Unter den Achseln hatte das Hemd des Corporals riesige Schweißränder. Sein wahrer Leibesumfang kam
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