Der erste Tropfen Blut: Thriller (German Edition)
schalten Sie Ihr Handy ein, ich bin schließlich nicht Ihre Privatsekretärin.« Er drückte ihm einen Packen Zettel in die Hand, auf denen in nahezu unleserlichem Gekrakel Nachrichten wie INSCH ANRUFEN ! und WO ZUM TEUFEL STECKEN SIE ? standen. Logan knüllte sie zusammen und warf sie in den nächsten Abfalleimer, ehe er das Handy aus der Tasche zog und es wieder einschaltete. Es war randvoll mit zunehmend ungehaltenen Nachrichten von Insch, die Logan durchging und jeweils gleich löschte. Zu guter Letzt war da noch eine Nachricht von einer pampig klingenden Jackie, die ihn daran erinnerte, dass er noch ein Geschenk und eine Karte für heute Abend besorgen müsse, worauf sie zu einer Schimpftirade über Rob Macintyre ansetzte, der heute Morgen im Radio gewesen war und der ganzen Stadt erzählt hatte, wie sehr er unter der Hasskampagne der Aberdeener Polizei gelitten habe. » Und der Arsch hat schon ’nen fetten Buchvertrag in der Tasche! Was müssen das für Idioten sein … « An dieser Stelle brach die Nachricht abrupt ab. Logan löschte sie ebenfalls. Die Sache mit Macintyre wurde allmählich zu einer fixen Idee bei ihr; jeden Tag brachte irgendetwas sie aufs Neue in Rage, und dann bekam er wieder mal einen Vortrag darüber zu hören, dass man den Kicker an den Eiern aufhängen müsste. Logan konnte es allmählich nicht mehr hören.
Er steckte das Handy wieder ein und machte sich auf den Weg in die Stadt, auf der Suche nach irgendeinem Geschenk, über das eine Frau von Mitte fünfzig sich nicht allzu sehr beschweren würde.
Er war gerade im Begriff, eine Art Windspiel in Elefantenform zu kaufen, als sein Telefon losging: Die Eiskönigin alias Dr. Isobel MacAlister. » Er ist gestern Abend nicht nach Hause gekommen! Die ganze Nacht! Er ist nicht nach Hause gekommen! «
Logan reichte der jungen Frau an der Kasse seine Kreditkarte, und sie begann sein Geschenk zu verpacken. »Isobel, ich weiß gar nicht …«
» Colin! Er ist nicht nach Hause gekommen! « Sie war den Tränen nahe, was ihr absolut nicht ähnlich sah.
»Vielleicht ist er ja an einer Story dran? Irgendwo außerhalb …«
» Das hätte er mir doch gesagt! « Eine Pause, und dann senkte sie die Stimme zu einem Flüstern. » Du weißt, was das letzte Mal passiert ist … «
»Ich bin sicher, es ist ganz harmlos; er …«
» Du musst ihn finden! «
Logan bemühte sich, nicht allzu genervt zu klingen, als er die Plastiktüte mit den geschenkverpackten Elefanten entgegennahm und Isobel versprach, er werde sein Möglichstes tun.
27
Zwei Stunden später marschierte Logan ins Globe Inn in der North Silver Street, zog sich einen Barhocker an die Theke und bestellte ein Pint Lager und einen Käse-Zwiebel-Toast. »Ob du’s glaubst oder nicht«, sagte er, als die Bedienung zum Telefon ging, um seine Bestellung durchzugeben, »sie dreht allmählich total durch drüben im Leichenschauhaus. Die Leichen beschweren sich schon.«
Colin Miller, der Starreporter der P&J , der seit einiger Zeit einen unermüdlichen Kreuzzug gegen die Grampian Police und gegen Detective Sergeant Logan McRae im Besonderen führte, richtete seine trüben, blutunterlaufenen Augen auf ihn und beschied ihm, er solle sich verpissen. Er war kein großer Mann, selbst wenn man PC Rickards zum Maßstab nahm, was er jedoch durch seine kräftige Statur mehr als wettmachte. Aber wo früher nur dicke Muskelpakete gewesen waren, machte sich allmählich der Wohlstandsspeck des nicht mehr ganz taufrischen werdenden Vaters breit. Miller trug nicht seinen gewohnten Anzug, sondern stattdessen Jeans, ein dickes kariertes Hemd, eine abgewetzte Lederjacke und eine gewaltige Alkoholfahne. Mit seinen schwarz behandschuhten Händen umklammerte er das Pintglas vor sich auf dem Tresen. Nirgends ein Gramm Gold oder Silber am ganzen Körper. Und rasiert hatte er sich auch nicht. Das sah ihm überhaupt nicht ähnlich.
»Komm schon, Colin, sie macht sich Sorgen um dich. Du kommst die ganze Nacht nicht nach Hause – da muss sie doch denken, dass irgendwas Furchtbares passiert ist.«
» Aye? So wie letztes Mal, meinst du?« Der Akzent war breitestes Glaswegian, die Aussprache vernuschelt. Er hielt die Hände hoch und wackelte mit den Fingern, um Logan die Gelenke zu zeigen, die er nicht mehr bewegen konnte. Die steifen Finger, an denen Plastikprothesen Fleisch und Knochen ersetzten.
»Colin, sie macht sich Sorgen um dich!«
»Das geht dich ’nen Scheißdreck an. Was musst du Arsch dich auch immer
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