Der erste Verdacht
Himmel einen Anfall und führte sich auf. Seiner Meinung nach ein seltsames Mädchen. Unberechenbar. Es gefiel ihm nicht, wenn Dinge unberechenbar waren. Sein ruhiger und intelligenter Hannu fehlte ihm außerordentlich. Dass jetzt auch Männer Erziehungsurlaub beanspruchen konnten, war wirklich ein verdammt dummer Einfall! Männer sollten arbeiten und nicht zu Hause herumsitzen und ihre Blagen verhätscheln.
»Kajsa hat Recht. Das ist wirklich Philip Bergman. Bergman- Kaegler. Damit sind wir wieder bei Sanna«, stellte Tommy fest.
Da reichte es dem Kommissar. Er knallte die flache Hand auf den Tisch, dass es im ganzen Zimmer dröhnte. Gleichzeitig brüllte er: »Was zum Teufel soll das alles!«
Irene konnte ihm nur von Herzen zustimmen. Gleichzeitig sagte der Doppelname Bergman-Kaegler einiges. Im Unterschied zu Andersson, der sich offenbar handgreiflich an jemandem im Zimmer abreagieren wollte, beschloss sie, die weitere Entwicklung abzuwarten.
Kajsa Birgersdotter unternahm den tapferen Versuch, die Sache zu erklären: »Sanna Kaegler und ich sind ein Jahrgang. Vielleicht habe ich die Sache deswegen in der Zeitung verfolgt … Philip Bergman und Sanna Kaegler waren eng befreundet. Zusammen haben sie ein IT-Unternehmen gegründet. Eines der größten. Sie waren wahnsinnig reich! Dauernd schrieben die Zeitungen über ihre luxuriösen Wohnungen in New York und London und darüber, wie erfolgreich ihr Unternehmen sei. Dann platzte die IT-Blase, und ihr Unternehmen löste sich in Luft auf. Gleichzeitig verschwand auch dieser Bonetti von der Bildfläche.«
Andersson stöhnte laut, aber Irene spitzte die Ohren.
Tommy und sie waren am Rand beteiligt gewesen, als die Suche nach Thomas Bonetti begonnen hatte.
An einem ungemütlichen Septemberabend gegen acht hatten mehrere Zeugen gesehen, wie Thomas Bonetti von der äußersten Anlegebrücke in Långedrag mit seinem Storebro Royal Cruiser 420 in See gestochen war. Obwohl zu dieser Tageszeit nicht mehr viele Menschen im Hafen gewesen waren, war allen aufgefallen, wie das große Motorboot rückwärts aus seinem Liegeplatz gefahren war. Ein so großes Boot war auch gar nicht dafür gedacht, unbemerkt zu bleiben. Fast auf den Tag genau war es jetzt drei Jahre her, dass Bonetti lebend gesehen worden war.
Zu seinen Eltern hatte er gesagt, er wolle zum Sommerhaus der Familie auf Styrsö fahren. Er müsse in Ruhe nachdenken. Weder das Boot noch Bonetti waren je wieder gesehen worden. Sein Pass lag im Haus seiner Eltern, Kleider und übriger persönlicher Besitz befanden sich ebenfalls dort. Da er eine Wohnung in London besaß, glaubten seine Eltern lange, dass er sich dort versteckt hielt, um abzuwarten, bis die Wellen, die der Konkurs geschlagen hatte, verebbten. Es war jedoch unerklärlich, wie er ohne Pass nach England eingereist sein sollte. Erst als ihm wegen Mietrückstand gekündigt wurde, begriffen die Eltern, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Wohnung lag im Zentrum von London, war wahnsinnig attraktiv und unglaublich teuer. Thomas war ziemlich stolz auf sie gewesen, und er hätte sie nie freiwillig aufgegeben. Sein Vater, ein Staranwalt, schien erst nicht begriffen zu haben, dass es sich dieses Mal nicht um einen der normalen Streiche seines Sohnes handelte. Schließlich meldeten die Eltern ihren Sohn aber doch als vermisst. Zu diesem Zeitpunkt wurde er bereits von Interpol wegen umfassender Wirtschaftsdelikte gesucht.
Irene und Tommy waren an einem kalten und windigen Tag Anfang Dezember mit der Fähre nach Styrsö Skäret gefahren. Obwohl nur ein paar Grad minus gewesen waren, hatten sie zu frieren begonnen, sobald sie die Wärme der Fähre verlassen hatten. Die beißende Kälte drang durch ihre Kleider, und körniger Schnee peitschte ihre Gesichter. Sie hatten beide das Gefühl, sich durch ein Polargebiet zu bewegen, einzig die nach ihren Fersen schnappenden Wölfe fehlten noch, um das Bild abzurunden. Irene hatte einen zerknitterten Zettel mit einer Wegbeschreibung in der Tasche, den ihr Thomas Bonettis Mutter gegeben hatte. »Nach Süden an der Brücke nach Donsö vorbei. An Solvik vorbei. Weiter zu einem großen gelben Haus mit bunten Fenstern in der Glasveranda. Hier teilt sich der Weg. Links. Pfad am Meer entlang, etwa hundert Meter. Großer Steg mit Geräteschuppen. Treppe rechts. Niedriges rotes Haus, der Name ›Västerro‹ steht auf einem Schild an der Hauswand.« Mit gleichmäßigen, deutlichen Buchstaben stand das zu lesen. An dem Zettel war der
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