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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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habe von der bevorstehenden Scheidung gehört. Aber als sie ihn fragte, weshalb sie nicht versuchten, ihre Ehe zu retten, fuhr er sie an.
    »Du hast ja keine Ahnung, wovon du sprichst! Das geht nur Agneta und mich etwas an! Begnüg dich einfach mit der Information, dass wir uns scheiden lassen«, sagte er wütend.
    »Aber ich will doch nur darüber reden …«, meinte Irene vorsichtig, wurde aber barsch unterbrochen: »Wie gesagt. Es geht dich nichts an! Und hör damit auf, ungebeten gute Ratschläge zu verteilen!«
    Er erhob sich abrupt und verließ das Zimmer mit wütenden Schritten. Verdutzt sah sie mit an, wie die Tür hinter seinem steifen Rücken ins Schloss fiel. Seine Bemerkung über die ungebetenen Ratschläge legte die Vermutung nahe, dass Kajsa von ihrem Gespräch in Paris erzählt hatte. Vielleicht hatte Tommy deswegen seine Wut an ihr ausgelassen. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass sie es nicht besser verdient hatte.
    Konnte dieser Montag überhaupt noch schlimmer werden?
    Wie als Antwort auf ihre Überlegung klopfte es. Bevor sie noch etwas sagen konnte, wurde die Tür geöffnet, und Jonny Blom schaute herein.
    »Hast du Sven gesehen?«, fragte er.
    »Der sitzt in einer Besprechung.«
    »Aha. Du siehst aber munter aus. Hast du heute Morgen zu wenig Koffein abbekommen?«
    Wenn es einen Menschen gab, dem sie von ihrem Kummer nichts erzählen wollte, war es Jonny. Sie versuchte sich zusammenzureißen und zu einem Lächeln zu zwingen.
    »Nein. Ich denke nur nach. Am Samstag war ich auf Styrsö, um noch einmal Annika Hermansson zu befragen. Daraus wurde aber nichts. Sie lag bewusstlos auf dem Fußboden. Vollkommen blau. Sie war mit dem Kopf gegen die Tischkante geprallt und hatte sich den Arm gebrochen. Ihr Sohn kam dann hinzu. Ich habe festgestellt, dass ›Vater unbekannt‹ auf seiner Geburtsurkunde steht. Aber ich habe in dieser Hinsicht einen Verdacht«, improvisierte sie rasch und dennoch ganz wahrheitsgemäß.
    Jonny trat ein und schloss die Tür hinter sich. Schwer ließ er sich auf den Besucherstuhl fallen.
    »Wen hast du in Verdacht?«, fragte er.
    »Das will ich nicht sagen, bevor ich nicht … gewisse Dinge überprüft habe.«
    Sie nahm einen großen weißen Umschlag vom Tisch und wedelte damit herum.
    »Der kam heute Morgen mit der Post. Darin liegt ein weiterer Umschlag, wahrscheinlich übersät mit den Fingerabdrücken des Absenders. Und in einer Plastikhülle in meinem Schreibtisch liegt die Visitenkarte des Mannes, den ich in Verdacht habe, der Vater von Annikas Sohn zu sein. Auf der Visitenkarte befinden sich seine Fingerabdrücke, denn er trug keine Handschuhe, als er sie mir überreichte. Die Frage ist, ob ich diese Sache weiterverfolgen oder auf sich beruhen lassen soll. Wahrscheinlich ist sie für die Ermittlung bedeutungslos, aber wie gesagt, man kann es nie wissen.«
    Jonny sah sie nachdenklich an.
    »Aber du glaubst, dass da was im Busch ist?«
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich mische ich mich nur wieder in etwas ein, das mich eigentlich gar nichts angeht.«
    Es gelang ihr nicht, die Bitterkeit in ihrer Stimme zu verbergen.
    Jonny zog die Augenbrauen hoch. Ihr Tonfall war ihm nicht entgangen. Er beugte sich ein wenig vor und sagte nachdrücklich: »Gelungene Ermittlungen setzen immer eine fast krankhafte Neugier voraus. Außerdem wissen alle, dass du dich immer in alles einmischst.«
    Er erhob sich, schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln und verschwand aus ihrem Büro.
    Ungläubig starrte sie auf die geschlossene Tür. Es war ein Wunder geschehen. Jonny Blom hatte ihren Tag gerettet.
     
    »Laut der Stridner legen die Schnittflächen den Schluss nahe, dass Thomas Bonettis Finger mit einer Zange abgetrennt wurden. ›Kneifzange‹ steht da sogar. Wie will sie die Schnittflächen von Kombizangen und Kneifzangen unterscheiden können?«, meinte Andersson sarkastisch.
    »Wenn sie Kneifzange schreibt, dann wette ich meinen Kopf darauf, dass es auch eine war«, meinte Birgitta.
    »Ich auch«, pflichtete Irene ihr bei.
    Der Kommissar tat, als hätte er ihre Bemerkungen nicht gehört. Er überflog weiter das vorläufige Gutachten der Pathologie.
    »Mal sehen … Größe … Zähne … Blutgruppe … Kleider, passt alles auf Bonetti. Todesursache … Schussverletzung des rechten Schläfenknochens. Sie schreibt Os temporale und in Klammern Schläfenknochen. Vielen Dank. Zwei Schüsse. Kaliber fünfundzwanzig. Keine besonderen Überraschungen. Erhärtet den Verdacht, dass es sich um

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