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Der erste Verdacht

Der erste Verdacht

Titel: Der erste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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nicht aufpasste, spürte sie ihren Ellbogen.
    Nach einem eiligen Mittagessen packte sie Sammie, eine Thermoskanne Kaffee, Gummistiefel und einen Korb für die Pilze ins Auto und fuhr in den Härskogen an die Stelle, wo Agneta und sie in den letzten Jahren immer Pilze gepflückt hatten. Sie befand sich am Rand des Waldes und gehörte nicht zum Naturreservat. Weder private Grundstücke noch Häuser lagen in der Nähe, also galt das Jedermannsrecht.
    Aber aus dem Pilzepflücken wurde nichts.
    »Ich muss dir was erzählen«, sagte Agneta als Allererstes.
    Irene nickte aufmunternd. Schließlich hatte man Freunde, um sich ihnen anvertrauen zu können.
    »Tommy und ich lassen uns scheiden.«
    Irene wurde schwindlig, und sie sah sich nach einer Stelle um, an der sie sich hinsetzen konnte. Ihr war schlecht. Wie konnte Agneta nur so unberührt wirken?
    »Ich ziehe am 1. Oktober aus.«
    »So … bald?«, stammelte Irene.
    Warum, warum?, rief es in ihr. Ihre besten Freunde. Und sie hatte nichts geahnt. Oder vielleicht doch?
    »Ist das wirklich so ernst … das mit Kajsa?«, brachte sie mit Mühe über die Lippen.
    »Kajsa? Wer ist das?«, fragte Agneta und runzelte fragend die Stirn.
    Bevor Irene noch etwas antworten konnte, fuhr sie fort: »Falls er mit jemandem im Präsidium flirtet, hoffe ich, dass was daraus wird. Er hat es nötig. Schließlich ist er der Vater unserer drei Kinder, und ich mag ihn immer noch sehr.«
    »Aber dann … wenn du ihn immer noch …«, warf Irene mit aufkeimender Hoffnung ein.
    »Ich kann es nicht ändern, aber ich liebe ihn nicht mehr. Ich bin der großen Liebe begegnet. Das klingt so verdammt dumm, aber die Leidenschaft hat mich wirklich gepackt. Es ist wie eine … Naturgewalt! Es reißt einen einfach mit. Man kann sich nicht dagegen auflehnen.«
    Ihre braunen Augen füllten sich mit Tränen.
    »Wer ist es?«
    »Er heißt Olof und ist Arzt im Krankenhaus. Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. Wir haben uns immer voneinander angezogen gefühlt, aber die ganze Zeit dagegen angekämpft. Wir haben schließlich beide Familie. Seine beiden Kinder sind erwachsen. Aber lässt es sich nicht mehr aufhalten. Wir wagen einen Neubeginn.«
    Irene fühlte sich ganz schwach. Wut packte sie. Wie konnte Agneta das nur Tommy und den Kindern antun? Doch sie versuchte, ihre Gefühle zu verbergen.
    »Wie lange geht das jetzt schon?«, fragte sie.
    »Seit dem Frühjahr.«
    »Und wie lange weiß Tommy schon davon?«
    Eigentlich wollte Irene das gar nicht wissen. Sie wollte am liebsten nach Hause fahren, sich aufs Bett werfen und heulen. Die Fahnderin in ihr behielt jedoch die Oberhand. Sie musste wissen, was Sache war.
    Agneta schnäuzte sich und wischte sich die Tränen von den Wangen.
    »Tommy … vermutlich hat er bereits letzten Sommer geahnt, was die Uhr geschlagen hatte. Wir haben miteinander geredet … mein Gott, wie viel wir miteinander geredet haben! Aber es lässt sich nicht ändern. Ich kann meine Gefühle nicht verleugnen. Olof und ich ziehen nach Alingsås in eine Wohnung. Tommy kann bis auf weiteres das Haus behalten.«
    Irene war tief betroffen. Weder Tommy noch Agneta hatten mit ihr über ihre Ehekrise gesprochen. Ihre zwei besten Freunde, kein einziges Wort.
    »Warum habt ihr nichts gesagt?«, fragte sie deshalb.
    »Die Krankheit deines Schwiegervaters nahm euch doch letzten Sommer vollkommen in Anspruch. Dann ist er gestorben, und dann war die Beerdigung. Und dann wart ihr ja auch im August zwei Wochen auf Kreta. Außerdem wollten wir versuchen, das Ganze selbst wieder auf die Reihe zu kriegen, und nicht auch noch andere damit belasten.«
    Agneta verstummte und sah Irene in die Augen. Dann fuhr sie fort: »Ich hoffe, dass das unserer Freundschaft keinen allzu großen Abbruch tut und dass wir uns auch in Zukunft treffen werden, beispielsweise zum Pilzepflücken.«
    Sie lächelte schwach, als sie das Letzte sagte.
    »Klar«, murmelte Irene.
    Sie wusste jedoch, dass es nie wieder so wie früher werden würde.
     
    Auf dem Heimweg wurde Irene von Schuldgefühlen übermannt. Sie hatte der armen Kajsa Unrecht getan. Seit dem Überfall in Rothstaahls Wohnung hatten sie nicht mehr richtig miteinander gesprochen. Kajsa hatte im Flugzeug geschlafen. Und dann hatte Andersson Kajsa nach Hause geschickt. Morgen würde sie wieder zum Arbeiten kommen. Irene hatte das Gefühl, sich bei Kajsa entschuldigen zu müssen. Aber erst musste sie mit Tommy reden.
    Tommy war ruhig und gefasst, als Irene ihm erzählte, sie

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