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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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hängen.
    „Mann!“ sagte ich.
    Der untersetzte, dunkelhäutige Mann, der neben mir stand, musterte mich, ohne seinen Gesichtsausdruck zu verändern. Er war stolz, zu stolz, um seine Gefühle zu zeigen, aber dennoch fragte er: „Wer sind Sie?“
    „Rettungsbrigade“, sagte ich. Der Bildschirm über dem Park zeigte nun Bilder des Karnevalstreibens.
    „Rettungsbrigade?“ Akbar Hisham trat wütend nach dem Strohhaufen, der seine Verkleidung und sein Gefängnis gewesen war. „Das bedeutet, meine Entführung kann kein Scherz gewesen sein. Ich war wirklich in Gefahr. Daß ich nicht unter dem Opfermesser gelandet bin, gehörte nicht zur Zeremonie.“ Er schaute zu mir auf. „Ist das korrekt?“
    Er hielt immer noch das Opfermesser in der Hand, das ich ihm zum Lösen seines Knebels gegeben hatte. Ich deutete mit dem Kinn auf die Klinge.
    „Kurz bevor ich Sie zu fassen bekam, haben sie einem Menschen mit diesem Messer das Herz herausgeschnitten“, sagte ich.
    Ein Karren fuhr an uns vorbei. Auf seiner Ladefläche waren seltsame, tänzelnde Umrisse zu sehen, die von einem Holographen erzeugt wurden. Farbige Lichter blitzten; ich hörte das Summen einer fremdartigen Computermusik. Die Menge zog weiter, schob sich an uns vorbei.
    Akbar Hisham gab mir das Messer zurück. „Ich hatte also recht. Die Gefahr, in der ich geschwebt habe, war echt. Ihr Einsatz war nicht gespielt. Ich muß Ihnen dankbar sein.“
    Ich steckte das Messer in meine leere Schwertscheide. Mein Armbandsender summte und versetzte meinem Handgelenk leichte elektrische Schläge. Er sah immer noch aus wie der Gelenkschutz eines Barbaren, der feindliche Messer abwehren soll, und die juwelenartigen Knöpfe erinnerten an die eckigen Zacken, die eine Klinge daran hindern sollen, sich seitwärts in die Haut zu graben. Ich maß den Sender mit einem bewundernden Blick, zog einen der Knöpfe heraus und hielt ihn mir ans Ohr.
    „Das war eine ausgezeichnete Rettungsaktion, George“, sagte die Stimme meines Chefs. „Wer ist es denn?“
    „Akbar Hisham aus der arabischen Flüchtlingsenklave, Sir. Er ist in guter körperlicher Verfassung. Und er sagt, daß er dankbar ist.“
    Akbar Hisham sagte bitter: „Ich würde mich gerne ein wenig präzisieren. Sie haben eine schwere, verpflichtende Last auf meine Schultern gelegt. Bis an die Grenze des Selbstmordes würde ich alles tun, um mich dieser Verpflichtung zu entledigen.“
    Einiges von dem, was Akbar Hisham gesagt hatte, wiederholte ich für meinen Chef.
    Judd sagte: „Gut! Dieses Versprechen können wir nutzen, um einen Krieg zwischen den Kommunen der Azteken und Araber zu stoppen. Das andere Opfer kann sich an das, was geschehen ist, nicht mehr erinnern. Bringen Sie Hisham zu einer Telefonzelle und wählen Sie für ihn die Rettungsbrigade an. Er kann etwas für uns tun.“
    Während Akbar Hisham die Telefonzelle betrat, warf ich einen Blick auf das sich in der Nähe in den Himmel reckende Hochhaus der Azteken-Kommune. Von hier aus war die Pyramide auf dem Dach nicht zu sehen. Auf der Ebene der Arkaden verließen einige Leute die Aufzugschächte. Es waren Azteken. Sie trugen zwar nicht ihre üblichen Kostüme, aber auch für sie galt die Sitte, sich während der Karnevalstage zu verkleiden und in der Menge unterzutauchen. Ich wählte für Akbar Hisham die Rettungsbrigade an, sorgte dafür, daß er mit Judd Oslow verbunden wurde und machte mich auf den Weg.

 
6
     
    Ich duckte mich in die Arkaden der Mittelalter-Kommune, durchquerte den Park und ging durch den privaten Eingangsraum.
    Am Empfangstisch saß eine Frau und las. Sie hatte mechanische Gelenke und ein ausdrucksloses Gesicht ohne Augen, Nase und Mund.
    Ich wandte mich mit einer Bitte an sie. „Jetzt hängt’s mir aber wirklich zum Hals raus. Jeder hält mich für den Totengott aus der Azteken-Show! Haben Sie vielleicht ein Kostüm da, das ich gegen das hier tauschen könnte?“
    Zehn Minuten später trat ich wieder in die Arkaden hinaus. Ich trug einen zwei Meter langen Knüppel und hatte grüne Beinkleider und ein Fransenhemd an. Ich hatte mir die schwarze und silberne Gesichtsfarbe abgewaschen und trug nun eine Tingeltangelmaske. Ich stellte den Kleinen John von Robin Hoods Fröhlichen Gesellen dar.
    Verfolger hatten sich in dem ganzen mittelalterlichen Park verstreut und gaben vor, sich für die Spiele zu interessieren, dabei beobachteten sie die Tür. Als ich herauskam, sahen sie mich zuerst an, dann blickten sie weg. Eine hübsche, grüne

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