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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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hul­di­gen wir der Dun­kel­heit. Wir rei­chen Wein, schal­ten al­le Lich­ter aus und ver­an­stal­ten ei­ne mit­ter­nächt­li­che Frucht­bar­keit­spar­ty. Es lohnt sich, dar­auf zu war­ten.“
    Der Kreis der Tän­zer bil­de­te nun ein S zwi­schen den imi­tier­ten Feu­ern und stimm­te einen drui­di­schen Ge­sang an. „Tot, tot, spei­se das Licht, hal­te die Dun­kel­heit der Nacht von uns fern.“ Sie er­reich­ten das En­de und kehr­ten wie­der an ih­ren Aus­gangs­punkt zu­rück, wo sie sich wie­der in al­le Rich­tun­gen er­gos­sen. „Tot, tot, tot, spei­se das Licht.“
    „Hört sich groß­ar­tig an“, sag­te ich, „aber ich bin kein ech­ter Me­diae­va­list.“
    „Das bist du doch“, sag­te der Mann und schob mich den an­de­ren ent­ge­gen. „Du bist der Größ­te Fins­te­re Rit­ter des Jah­res.“
    Ich nahm die Hand ei­ner grü­nen Nym­phe und ei­ner mit­tel­al­ter­li­chen Da­me und spür­te au­gen­blick­lich ein Zie­hen, das mei­ne Ar­me aus­brei­te­te und mich mit den an­de­ren seit­wärts lau­fen ließ. „Spei­se das Licht. Hal­te die Dun­kel­heit der Nacht von uns fern.“ Ich ver­such­te, um ei­nes der großen imi­tier­ten Feu­er, des­sen hell­ro­te und oran­ge­ne Flam­men­bän­der wel­lig tanz­ten, her­um­zu­lau­fen. Man zog mich je­doch ge­nau dar­auf zu, und als ich aus­wei­chen woll­te, zerr­te ich ein paar Leu­te hin­ter mir her. Die bei­den, die mir am nächs­ten wa­ren, lan­de­ten in­mit­ten des künst­li­chen Feu­ers und kreisch­ten vor Auf­re­gung und An­stren­gung; schließ­lich rutsch­ten sie aus und wa­te­ten bis zu den Kni­en in den auf­ra­gen­den Bän­dern. „Tot, tot, tot.“ Sie lie­ßen mei­ne Hand los und ver­lie­ßen den Kreis. Die Üb­rig­ge­blie­be­nen lie­fen schnel­ler, schlos­sen auf. Dann ging das Spiel von neu­em los. Wer in die künst­li­chen Flam­men trat, muß­te aus­schei­den. Der Kreis wur­de im­mer klei­ner, der Tanz wur­de schnel­ler und schnel­ler. Wir schwitz­ten und san­gen, spran­gen hin und her und ver­such­ten al­les, um über die klei­nen und großen Feu­er, de­ren fla­ckern­de Bän­der tanz­ten und wie Flam­men fun­kel­ten, hin­weg­zu­sprin­gen.
    TOT TOT TOT – SPEI­SE DAS LICHT, HAL­TE DIE DUN­KEL­HEIT DER NACHT VON UNS FERN. Nur noch drei Paa­re sind üb­rig. Wir ver­kür­zen die Li­nie zu ei­nem S; ein Sprung über die bei­den größ­ten Feu­er – und zie­hen, tan­zen, seit­wärts hüp­fen. Ein Sprung über die Flam­men, dann die Lan­dung auf dem küh­len Grün der an­de­ren Sei­te. Mit ei­nem Auf­schrei lan­de­ten zwei der Tän­zer in den Feu­er­bän­dern, ba­de­ten krei­schend in den un­ech­ten Flam­men und schie­den aus, um sich zu den sin­gen­den Zu­schau­ern zu ge­sel­len. Jetzt war au­ßer mir und mei­ner klei­nen, grü­nen Nym­phe nur noch ein an­de­res Pär­chen üb­rig. Wir spran­gen hin und her über ei­nes der klei­ne­ren La­ger­feu­er und mach­ten ge­wal­ti­ge Sät­ze und hiel­ten uns fest. Die an­de­ren klatsch­ten rhyth­misch und san­gen. Mei­ne grü­ne Nym­phe steck­te von oben bis un­ten in grü­nen Sei­den­blät­tern, die bei je­dem Sprung ra­schel­ten. Sie blieb in mei­ner Nä­he und ließ mei­ne Hand nicht los. Das letz­te Paar, das mit uns sprang, be­gab sich an ein grö­ße­res La­ger­feu­er. Ju­bel und Krei­schen zeig­te an, daß sie es nicht ge­schafft hat­ten. „Tot, tot, spei­se das Licht.“ Wir wir­bel­ten her­um, um uns das letz­te Feu­er an­zu­se­hen, ho­he, hel­le Plas­tik­bän­der in Ro­sa und Oran­ge, Gelb und Rot. Wir lie­fen dar­auf zu. Mei­ne Be­glei­te­rin zö­ger­te. Ich sprang, hielt ih­re Hand. Ich traf auf der an­de­ren Sei­te auf dem Bo­den auf und zog sie von den Flam­men weg in mei­ne Ar­me.
    Sie war zier­lich, weich, sei­dig und wohl­ge­formt und hat­te ein eben­mä­ßi­ges, grü­nes Ge­sicht und trug einen fre­chen Aus­druck zur Schau. Ih­re Au­gen­brau­en un­ter der grü­nen Far­be wa­ren blond, und sie hat­te blaue Au­gen und ei­ne kur­ze Na­se wie ich. Ihr Haar wur­de von ei­ner sei­di­gen, grü­nen Blät­ter­kap­pe be­deckt. Ich setz­te sie lang­sam ab, und die Zu­schau­er stimm­ten ein Lied über den Kö­nig des Som­mer­korns an. Wir wa­ren über

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