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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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Ich klet­ter­te die Lei­ter hin­auf, aber mei­ne Nym­phe wich zu­rück.
    Es war mir ein leich­tes, auf­grund mei­ner ESP-Fä­hig­kei­ten die freund­li­che Ur­laubs­s­tim­mung der gan­zen Stadt auf­zu­fan­gen, aber da ihr grü­nes Ge­sicht un­durch­dring­lich war, stimm­te ich mich in ih­re Ge­füh­le ein. Sie hat­te zwar ein freund­li­ches Ge­müt, schi­en aber un­ter kei­nen Um­stän­den be­reit zu sein, den Erd­bo­den zu ver­las­sen. Ich muß­te al­so oh­ne sie ge­hen. Ich pack­te sie, gab ihr einen schnel­len, fes­ten Kuß und klopf­te ihr auf den Rücken. Un­ter den grü­nen, ra­scheln­den Sei­den­blät­tern fühl­te sie sich weich an. „Dann bis um elf bei der Mit­ter­nachtsor­gie des Grü­nen Wolfs“, flüs­ter­te Kö­nig Lö­we mit dem Schwar­zen Her­zen ihr ins Ohr, ließ sie los und eil­te zum Ko­pter. Ich schnapp­te mir die Lei­ter; der Hub­schrau­ber stieg hö­her, und man zog mich in die Ka­bi­ne.
    Die Ma­schi­ne ge­wann rasch an Hö­he, so daß ich mehr und mehr von den son­nen­be­schie­ne­nen Stra­ßen und den in bun­ten Ko­stü­men her­um­flit­zen­den Men­schen se­hen konn­te. Über­all wur­den Pa­ra­den ab­ge­hal­ten, spiel­ten Ka­pel­len, wur­den Kar­ren vor­bei­ge­fah­ren.
    Ich wand­te mich um. Ann und Ah­med hiel­ten Händ­chen. Ich ha­be Ann im­mer ge­mocht. Als wir noch Kin­der ge­we­sen sind, war sie meis­tens die Kö­ni­gin oder Prin­zes­sin, die wir ret­ten muß­ten. Wenn wir ir­gend­ein Ge­schichtss­piel spiel­ten, war Ah­med im­mer ein Kö­nig oder Ge­ne­ral und ich der Leib­wäch­ter oder Spaß­ma­cher Ro­bin Hoods. Aber jetzt war Ann die er­wach­se­ne Jung­fer Ma­ri­an; sie hat­te lan­ge, grü­ne, hüb­sche Bei­ne und trug ein grü­nes Spit­zen­hemd. Ihr Ge­sicht war auch sehr hübsch, sie hat­te große Au­gen. Ann hat­te im­mer sehr ernst ge­wirkt, wenn wir un­se­re Spie­le plan­ten. Sie hat­te sich die größ­te Mü­he ge­ge­ben, und wenn sie mit uns los­zog, lach­te sie. Heu­te stu­dier­te sie äu­ßerst ernst­haft die Ju­rispru­denz – wie ihr Va­ter – und gab ei­ne Men­ge be­sorg­ter Vi­bra­tio­nen ab. Ich hat­te im­mer das Ge­fühl, daß ich sie vor et­was ret­ten muß­te, aber ich wuß­te nie, vor was. Viel­leicht vor dem Er­wach­sen­wer­den.
    Dies­mal war ich Kö­nig Lö­we mit dem Schwar­zen Her­zen. Ich schau­te den ro­ten Dä­mon an, der Anns Hand hielt und spür­te Ei­fer­sucht. Ich mus­ter­te Ann in ih­rem grü­nen Ko­stüm, ih­re lan­gen, hüb­schen Bei­ne und ih­re schüch­ter­nen Au­gen und dach­te Din­ge, die zu er­wäh­nen Kö­nig Ri­chard Lö­wen­herz sich ge­schämt hät­te.
    „Ist das wirk­lich Ge­or­ge?“ frag­te Ann und sah wo­an­ders hin.
    „Nein, ich bin Kö­nig Lö­we mit dem Schwar­zen Her­zen.“ Ich lach­te einen Ton tiefer als üb­lich, da­mit es zu der ge­fähr­lich aus­se­hen­den, schwar­zen Ge­stalt paß­te, die sie zu se­hen be­ka­men. Als ich ei­ne Hand auf ih­re Schul­ter leg­te, wich sie zu­rück und lach­te ner­vös.
    „Angst?“ frag­te ich.
    Sie ver­such­te ih­re Furcht zu ver­ste­cken. „Du siehst gräß­lich aus mit die­sen Strei­fen, wie ein Me­tall­ge­sicht. So aus­drucks­los.“
    Ah­med nahm sei­ne Hör­ner und die ro­te Teu­fels­mas­ke ab. Sein ech­tes Ge­sicht mit den dich­ten Au­gen­brau­en sah nicht viel an­ders aus. „Wir kön­nen den Ko­pter den gan­zen Tag über ha­ben und uns al­les an­se­hen, Ge­or­ge. Schau!“ Er deu­te­te mit der Hand auf die Kon­troll­ka­bi­ne. Sie war in Knie­hö­he von TV-Schir­men um­ge­ben, und man konn­te sich so­gar be­stimm­te Punk­te her­aus­su­chen und ver­grö­ßern. Wir sa­hen nicht nur die kom­mer­zi­el­len Sen­dun­gen, son­dern auch das, was je­ne Ka­me­ras zeig­ten, die dort stan­den, wo sich die meis­ten Men­schen auf­hiel­ten. Über­all wim­mel­te und mar­schier­te es; wir sa­hen Men­schen, die über ir­gend­wel­che Vor­stel­lun­gen lach­ten, und ei­ne Men­ge, die dar­um kämpf­te, durch die To­re des Co­los­se­ums zu kom­men, um sich den Kampf zwi­schen den Wi­kin­gern und den In­dia­nern an­zu­se­hen, der ge­ra­de an­fing. „Der Ko­pter ge­hört Judd; in ihm sind die Au­gen der Stadt. Wir brau­chen nichts

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