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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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ma­chen.
    Den­noch be­rei­te­te ihm das Ge­fühl, daß Ge­or­ge in der Nä­he sein könn­te, große Sor­gen. Wee­ny pfiff vor sich hin und kon­zen­trier­te sich auf den Ge­dan­ken, wie er al­le die Mäus­chen ab­stau­ben und was er ih­nen er­zäh­len wür­de …
    Ob er ih­nen auf die Na­se bin­den konn­te, daß ein Zom­bie hin­ter ihm her war?
    Stimm­te das über­haupt?
    Er stell­te sich vor, daß Ge­or­ge jetzt drau­ßen auf dem Kor­ri­dor her­um­lief und sich frag­te, wo­hin Wee­ny ver­schwun­den war. Er wür­de sich nie­mals an die Wasch­ka­bi­nen mit den gel­ben Ar­beits­an­zü­gen und die Tür mit dem Kom­bi­na­ti­ons­schloß er­in­nern. Un­ter dem Ein­fluß der Pil­len war Ge­or­ge, als er ih­nen von die­sen Din­gen er­zählt hat­te, völ­lig weg­ge­tre­ten ge­we­sen.
    „Ich füh­le mich jetzt auch nicht be­son­ders wach“, sag­te ei­ne Stim­me in Wee­nys Kopf und hat­te ge­nau den über­heb­li­chen Ton, den er an Ge­or­ge nicht aus­ste­hen konn­te. Ge­or­ge hat­te gar nicht vor, Wee­ny mit Ge­walt un­ter­zu­but­tern; er hielt ihn auf ei­ne amü­sier­te Wei­se für ir­gend­ein Un­ge­zie­fer, auf das er nur den Fuß zu set­zen brauch­te. „Die gel­ben Wasch­ka­bi­nen?“
    Phan­ta­sie … Schnapp’ jetzt nicht über, Wee­ny, sonst ist dei­ne große Chan­ce, all die Hun­desöh­ne in die Luft zu bla­sen, ein für al­le­mal flö­ten. An sei­ner Un­ter­lip­pe na­gend, be­gann Wee­ny mit ei­nem zu ei­ner wei­ner­li­chen Gri­mas­se ver­zo­ge­nen Ge­sicht mit der kom­pli­zier­ten und ge­fähr­li­chen Ar­beit, die Zeit­zün­der auf ei­ne Pe­ri­ode von zwan­zig Mi­nu­ten ein­zu­stel­len. Er phan­ta­sier­te, daß Ge­or­ge ihm jetzt auf den Fer­sen war, die klei­ne Ein­gangs­tür pas­sier­te, den sich nei­gen­den Gang hin­un­ter­kam. Da der Kor­ri­dor einen Knick mach­te, war er im­mer noch au­ßer Sicht­wei­te, aber er kam un­aus­weich­lich nä­her und nä­her …
    „Du denkst im­mer noch dar­über nach, wie ich dich um­brin­gen wer­de. Du glaubst so­gar, daß es Rech­tens wä­re. Und daß du et­was Falsches tust. Ich muß dich auf­hal­ten, Wee­ny. Wenn ich mich nicht mehr be­we­ge, wird es dun­kel. Ich muß mich be­ei­len.“
    „Halt’s Maul“, mur­mel­te Wee­ny der Stim­me in sei­nem Kopf zu. Mit ei­nem wei­ner­li­chen Ge­sichts­aus­druck stell­te er die Zeit­zün­der ein und stell­te sich vor, wie zwei Hän­de sich um sei­nen Hals leg­ten.
    Der Gang, in dem er sich be­fand, war ei­ne Sack­gas­se, ein Aus­läu­fer des Haupt­kor­ri­dors, und das schwe­re Rum­peln des durch die Rohr­lei­tun­gen lau­fen­den Was­sers mach­te sein Ge­hör für sich nä­hern­de Schrit­te taub. Nä­her­te Ge­or­ge sich ihm be­reits?
    War Ge­or­ge in der Nä­he?
    Und ich, Ge­or­ge, der ich mich lang­weil­te, Wee­ny zu sein, kehr­te in mei­nen ei­ge­nen Kör­per zu­rück. Das Bild wur­de plötz­lich dun­kel und un­deut­lich, kaum noch zu er­tas­ten. Ich war in ei­nem Kor­ri­dor.
    Ich müh­te mich ab, um in einen gel­ben Ar­beits­an­zug zu stei­gen, und da­bei ent­deck­te ich den fla­chen Griff von Wee­nys Mes­ser, das in mei­nem Rücken steck­te und fast un­ter mei­nem Arm ver­schwand. Ich zog es her­aus.
    Jetzt be­weg­te ich den an­de­ren Arm, oh­ne daß es schmerz­te, und schob ihn in den Är­mel des Over­alls. Ich mach­te den Reiß­ver­schluß zu und ging dann den sich ab­schrä­gen­den Kor­ri­dor hin­un­ter. Da­bei kam ich an Wän­den vor­bei, hin­ter de­nen lau­te Wasch­ma­schi­nen lie­fen und hei­ße Du­schen zisch­ten. Ein stö­ren­der Blutstrom lief aus mei­nem Är­mel und tropf­te mir von den Fin­gern. Das war­me Blut lief mir nun auch feucht und warm den Rücken hin­un­ter, bis ins Ho­sen­bein. Wee­ny war vor mir und stell­te sich in glän­zen­den, aber kon­fu­sen und wü­ten­den Bil­dern vor, wie New York in die Luft flog, wie der Kor­ri­dor sich in sei­ne Be­stand­tei­le zer­leg­te und die Leu­te durch die Luft ge­wir­belt wur­den. Er war in pa­ni­scher Ei­le, denn er woll­te fer­tig wer­den, be­vor ich ihn er­wi­sch­te.
    Am An­fang der Kor­ri­dorab­zwei­gung hielt ich an und sah zu, wie er mit zit­tern­den Fin­gern die Zeit­zün­der ein­stell­te.

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