Der Esper und die Stadt
Vielleicht war er geradewegs hineingegangen.
Mir brach der Schweiß aus. Ich stand neben der Telefonzelle und sah zu den Fenstern hinauf, hinter denen das Arabergebiet lag.
Ich hatte zu lange zu ihnen aufgeschaut. Die verschleierte Frau, die dort gestanden hatte, war bereits von mehreren Kindergesichtern ersetzt worden, die durch die Gitter starrten.
„Ferengi“, höhnten sie. „Juden! Bringt den jüdischen Hund um.“ Die alten Kampfschreie von Kriegern, die verloren haben. Wenn es nach den Arabern ging, waren die New Yorker entweder Juden und Feinde oder Schwarze und Sklaven; folglich beleidigte man sie.
Als ich den Kopf in den Nacken legte, schien mir die Sonne ins Gesicht. Ich musterte die lange, hohe Mauer von Arabisch-Jordanien und deren verschiedenfarbige Ziegel. Man hatte die alten Hauseingänge und Fenster zugemauert und die einst freistehenden Gebäude mit Zwischenmauern zusammengefügt. Aus den Fensterreihen im dritten Stock schrien die Kinder zu mir herab.
Ich sehe nicht wie ein Araber aus. Ich bin hellhäutig, fast zwei Meter groß, habe breite Schultern, ein rundes Gesicht, eine kurze Stupsnase, helle Wimpern, blaue Augen, strubbeliges, mittelblondes Haar und bin damit das genaue Gegenteil eines Mittelmeerbewohners – ein großer, nördlicher Typ, der blöde auf die Fenster starrte und nachdachte.
Oben an den Fenstern verhöhnten und verfluchten mich Kindergesichter mit großen Augen und dunklen Wimpern und schilderten mir mit nicht wiederzugebenden Worten, was sie mit einem Ausländer machen würden, der es wagte, die öffentlichen Wege zu verlassen. Ich wußte, daß sie nicht spaßten.
An dem Fenster, das mir am nächsten lag, erschien ein junger Mann, schob die Kinder beiseite und schrie mir mit autoritärer Stimme zu: „Was willst du?“
Es war idiotisch gewesen, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, aber ich mußte nun mal nachdenken. Sollte ich einfach nach Ahmed fragen? Nein. Wenn er sich nur im Araberland versteckt hielt und von seinem Rückweg abgeschnitten war, mußte sie eine solche Frage heiß machen. Ich dachte mir also etwas aus.
„Ich bin Student. Ich studiere die Geschichte der arabischen Kultur. Ich fragte mich gerade, inwiefern sich die arabische Kultur verändert hat.“
Nun tauchten noch mehr stämmige junge Männer an den Fenstern auf. Sie hatten keine Hemden an, aber sie fingerten an gekrümmten Messern herum und drehten die Klingen so, daß sie aufblitzten, damit ich es bemerkte.
Der Sprecher sagte: „Wir leben wie unsere Vorfahren. Geh zurück zu deinen Büchern, kastrierter Student, und starre unsere Frauen nicht an.“
Ich drehte mich um und ging weiter, immer an der Mauer entlang, unter den hochliegenden Fenstern vorbei. Irgendwas traf mich leicht zwischen den Schulterblättern, aber das konnte nur ein Steinchen gewesen sein, abgefeuert von irgendeinem Jungen mit einer Gummischleuder. Die Stadtpolizei hilft normalerweise jedem, der auf den öffentlichen Wegen belästigt wird. Sie hätte sich den Jungen binnen einer Minute schnappen können, also regte ich mich nicht weiter auf.
Am Ende der 131. Straße, mitten in einem Gewirr von Buschwerk, das sich durch den Mittelteil der Straße zog, befand sich das alte, abgedeckte Einstiegsloch, das zu den Straßeneingängen führte. In der Umgebung des Einstiegs fand ich genügend Spuren, die darauf hindeuteten, dass er oft geöffnet worden war. Bonbonpapier, das zwischen den Büschen lag, zeigte, daß sich hier des öfteren Kinder trafen und Leckereien aßen.
Der Einstieg wurde überwacht. Ich ging über die Straße und lief herum, benahm mich unauffällig. Ich entschloß mich, bis um ein Uhr zu warten. Dann waren die
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