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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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räus­per­te sich. „Ihr … äh … Na­me ist … äh. Ich fin­de Ih­re Theo­ri­en sehr in­ter­essant. Ich freue mich im­mer, wenn ich je­man­den tref­fe, der Grup­pen­psy­cho­lo­gie stu­diert hat. Nur we­ni­ge Leu­te in­ter­es­sie­ren sich da­für. Es … äh … tut mir leid … Ich mei­ne die Sa­che mit der Fol­ter­box.“
    Er sah auf. Sein Blick kreuz­te sich mit dem Ah­meds, und er zuck­te be­dau­ernd die Ach­seln. „Ra­che­durst ist der ein­zi­ge Stolz, den Ver­lie­rer sich er­lau­ben dür­fen. Und das hält sie am Le­ben.“ Er brach­te ein ver­zerr­tes Lä­cheln zu­stan­de und zuck­te er­neut die Schul­tern. „Ich muß sie bei gu­ter Lau­ne hal­ten. Des­we­gen kann ich nichts da­ge­gen ma­chen, wenn sie sich an Frem­den rä­chen.“
    Ich lehn­te mich zwi­schen den Wän­den an einen Bal­ken und war­te­te dar­auf, daß die Ara­ber sich weit ge­nug ent­fern­ten, be­vor ich ei­ne der Sperr­holz­plat­ten um­kipp­te und mich auf His­ham stürz­te. Sei­ne Ent­schul­di­gun­gen be­ein­druck­ten mich nicht. Ta­ten spre­chen deut­li­cher als Wor­te. His­ham hat­te Ah­meds Fes­sel we­der ge­löst noch ihm Kaf­fee an­ge­bo­ten.
    Ah­med lä­chel­te nicht. „Warum leh­ren Sie nicht an ei­ner Uni­ver­si­tät?“
    His­hams brei­te Schul­tern zuck­ten ner­vös. „Was soll­te ein net­ter Ge­lehr­ter wie ich dort an­fan­gen? Glau­ben Sie, daß mei­ne Flücht­lin­ge hoff­nungs­lo­se Fäl­le sind? Die Ju­den wa­ren einst ei­ne ara­bi­sche Na­ti­on, die man in klei­nen Grup­pen über die gan­ze Welt ver­streu­te und in die Ver­ban­nung schick­te. Man schick­te sie weg, weil sie einen Krieg ver­lo­ren und nach ih­rer Nie­der­la­ge nicht mit dem Kampf auf­hö­ren woll­ten. Ih­re Ra­che be­stand dar­in, je­ne Städ­te zu er­obern, in die man sie ins Exil schick­te. Und sie er­ober­ten sie – mit Mu­sik, Ge­lehr­sam­keit, Wis­sen­schaft, Geld und Stär­ke. Viel­leicht ha­ben auch sie als ein Trupp ar­mer, kämp­fe­ri­scher Fa­na­ti­ker oh­ne Freun­de und nur mit ih­rer Re­li­gi­on und ih­ren Mes­sern an­ge­fan­gen. Viel­leicht muß­ten auch sie erst ei­ne Ge­ne­ra­ti­on lang Schmerz er­tra­gen, be­vor sie ent­de­cken, daß Wis­sen Macht be­deu­tet. Ich ver­kür­ze na­tür­lich. In nur ei­ner Ge­ne­ra­ti­on großen Schmer­zes zwin­ge ich die­se Fal­ken zum Ler­nen. Ich, ein Ge­lehr­ter, sor­ge da­für, daß sie sich du­cken und ge­hor­chen. Ich bin näm­lich stär­ker, bru­ta­ler und rach­süch­ti­ger als sie. Man hat ih­nen bei­ge­bracht, Ge­lehr­te zu furchten und zu ver­eh­ren. Nur Sa­tan kann der Kö­nig der Höl­le sein.“ His­ham sah zu Bo­den und dach­te nach.
    Als er wie­der auf­schau­te, hat­ten sich sei­ne Zü­ge er­neut ver­här­tet. Er schi­en nun nichts mehr zu be­dau­ern. „Wie ha­ben Sie er­fah­ren, daß Se­lim mir nach dem Le­ben trach­te­te?“
    „In­dem ich mir ih­re Fra­gen an­hör­te“, ant­wor­te­te Ah­med. „Drei Frau­en frag­ten mich, ob Ak­bar His­ham et­was Wich­ti­ges her­aus­ge­fun­den ha­be, und als ich nein sag­te, wa­ren sie er­leich­tert. Es wa­ren Se­lims Frau, sei­ne Mut­ter und sei­ne Ge­lieb­te. Sie frag­ten mich, ob er lan­ge le­ben wür­de. Ei­ne an­de­re Frau frag­te, ob ihr Gat­te sich Se­lim an­schlie­ßen sol­le, wie die an­de­ren. Aber be­vor sie mir die­se Fra­ge stell­te, sah sie nach, ob uns auch nie­mand hö­ren konn­te.“
    „Wahr­sa­ger schei­nen aus den Fra­gen der Leu­te ei­ne Men­ge zu ler­nen“, sag­te His­ham nach­denk­lich. Er er­hob sich und ging auf und ab. „Mir fallt nichts ein, wie ich Sie lau­fen las­sen könn­te. Zwingt Sie die In­jek­ti­on wirk­lich da­zu, die Wahr­heit zu sa­gen?“
    „Ja“, sag­te Ah­med grim­mig und schloß den Mund. Ich sah, wie sich sei­ne Wan­gen­mus­keln be­weg­ten.
    Wie­der schritt His­ham auf und ab. Ein­mal warf er einen Blick auf die Sperr­holzwand und sah mir ge­nau in die Au­gen, aber durch den dunklen Spalt konn­te er mich nicht se­hen. Der Ge­dan­ke, einen ge­lehr­ten Kol­le­gen um­zu­brin­gen, be­hag­te ihm nicht. In die­sem Mo­ment nahm er nicht ein­mal die ge­lo­cker­te Sperr­holz­plat­te wahr. „Das wür­den Sie auch sa­gen, wenn es nicht so

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