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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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ein ein­zi­ges Grol­len. „Bist du ein Ara­ber? Sag, daß du ein Ara­ber bist. Sag, daß du ei­ner von uns bist. Wenn du sagst, daß du ein Ara­ber bist, neh­me ich den Fin­ger vom Knopf.“
    „Ich bin kein Ara­ber.“ Ah­med strahl­te we­der Angst- noch Schmerz­vi­bra­tio­nen aus. Schon als wir noch un­se­re Kin­der­ban­de hat­ten, war ihm manch­mal, wenn er uns ir­gend­wo her­um­führ­te, gar nicht auf­ge­fal­len, daß er blu­te­te oder sich ver­letzt hat­te. Hat­te er sich so dar­auf ge­drillt, daß er die Fol­ter­box gar nicht spür­te? Ich dach­te an elek­tri­schen Strom. So­gar die Vor­stel­lung tat weh.
    „Bist du ein Ara­ber?“
    „Nein.“ Kei­ne Schmerz­vi­bra­tio­nen von Ah­med, nur das Sum­men ent­schlos­se­ner Wach­sam­keit und das War­ten auf einen Si­tua­ti­ons­wech­sel. Aber von den Ara­bern kam das war­me Glü­hen ei­nes in­ter­es­sier­ten Sa­dis­mus und so et­was wie Ver­eh­rung für die Stand­haf­tig­keit ih­res Op­fers.
    „Du sollst lü­gen! Sag, daß du ein Ara­ber bist, dann neh­me ich den Fin­ger vom Knopf. Von wel­cher Ras­se bist du?“ Se­lim kämpf­te um sein Le­ben.
    „Müt­ter­li­cher­seits al­ge­risch-fran­zö­sisch und vä­ter­li­cher­seits spa­nisch-ro­ma­ni.“ Ah­meds Stim­me war dünn und sie kam keu­chend, aber er sag­te die Wahr­heit.
    Die nach­denk­li­che Stim­me des al­ten Füh­rers un­ter­brach ihn. „In­ter­essant … Ge­fan­ge­ner, ich ha­be Sie nur für einen Po­li­zei­spit­zel ge­hal­ten. Be­deu­tet Ro­ma­ni Zi­geu­ner?“
    „Nein, Zi­geu­ner be­deu­tet Ro­ma­ni“, keuch­te Ah­med, der es mal wie­der ganz ge­nau ha­ben woll­te.
    Se­lims Stim­me klang rauh und drück­te bei­na­he mehr Schmerz aus als die Ah­meds, denn jetzt sah er, daß ihm auch die letz­ten Mög­lich­kei­ten weg­schwam­men, sei­nen Geg­ner zu dis­kre­di­tie­ren. „Po­li­zis­ten­hund, wenn du dich einen Ara­ber nennst, hö­re ich auf, dir weh zu tun. Ich schal­te dann den Strom ab. Was bist du?“
    „Ein Mensch.“
    „Ge­nug, Se­lim, laß die Box jetzt los“, kom­man­dier­te der An­füh­rer.
    Und noch ein­mal, dies­mal et­was lau­ter, sprach His­ham den Be­fehl aus. „Laß die Box los, schal­te den Strom ab. Es ist zu spät. Es wird dich nicht mehr ret­ten.“
    Se­lim fällt mit ei­ner solch großen Laut­stär­ke ei­ne ver­zwei­fel­te Ent­schei­dung, daß ich so­gar mit ge­schlos­se­nen Au­gen sah, wie er sei­nen Füh­rer an­sprang. Ich hör­te das Zi­schen ei­nes La­sers, dann einen dump­fen Auf­prall und das Klir­ren auf dem Bo­den zer­schel­len­der Tas­sen. Ich hör­te mit dem Zäh­ne­knir­schen auf und lös­te mei­ne Hän­de von­ein­an­der. Dann lug­te ich wie­der durch den Spalt und sah, wie Se­lims Kör­per lang­sam von der Ober­flä­che ei­nes Kaf­fee­ti­sches her­ab­rutsch­te und un­ter dem Klir­ren wei­te­rer Tas­sen auf dem Fuß­bo­den lan­de­te.
    Mit ei­ner Hand­be­we­gung, die et­was End­gül­ti­ges aus­drück­te, steck­te Ak­bar His­ham sei­nen La­ser ein. Die ara­bi­schen Sol­da­ten ent­spann­ten sich. Ihr Füh­rer sag­te for­mell: „Ich bin für das Blut die­ses Man­nes nicht ver­ant­wort­lich. Der Zi­geu­ner hat Se­lims Tod vor­her­ge­sagt. Und er hat ge­sagt, daß sei­ne fins­te­ren Plä­ne ihm den Tod brin­gen wür­den. Ich bin nur das Schwert in Al­lahs Hän­den, das nach sei­nem Wil­len zu­schlägt. Der Zi­geu­ner hat eben­so ge­sagt, daß ihr und eu­re Kin­der er­folg­reich sein und großen Reich­tum er­wer­ben wer­det. Der Zi­geu­ner spricht die Wahr­heit; al­so fürch­tet euch nicht vor der Zu­kunft.“
    Die an­de­ren schri­en und lach­ten dank­bar und er­leich­tert auf, weil His­ham den Zi­geu­ner nicht frag­te, ob sie mit Se­lim un­ter ei­ner De­cke ge­steckt hat­ten. Be­schämt schwo­ren sie ih­rem Füh­rer ewi­ge Lie­be und Treue. Der klei­ne Ge­lehr­te mit dem son­nen­ge­bräun­ten Kahl­kopf nahm ih­re Ver­eh­rung mit ei­nem leicht mü­den Lä­cheln hin.
    Dann hob er die zu Bo­den ge­fal­le­ne Fol­ter­box auf. Es war ei­ne wür­fel­för­mi­ge Me­tall­schach­tel, auf de­ren Ober­sei­te ein ro­ter Knopf war. In ih­rem In­ne­ren be­fan­den sich zwei Bat­te­ri­en. His­ham drück­te

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