Der Esper und die Stadt
ein einziges Grollen. „Bist du ein Araber? Sag, daß du ein Araber bist. Sag, daß du einer von uns bist. Wenn du sagst, daß du ein Araber bist, nehme ich den Finger vom Knopf.“
„Ich bin kein Araber.“ Ahmed strahlte weder Angst- noch Schmerzvibrationen aus. Schon als wir noch unsere Kinderbande hatten, war ihm manchmal, wenn er uns irgendwo herumführte, gar nicht aufgefallen, daß er blutete oder sich verletzt hatte. Hatte er sich so darauf gedrillt, daß er die Folterbox gar nicht spürte? Ich dachte an elektrischen Strom. Sogar die Vorstellung tat weh.
„Bist du ein Araber?“
„Nein.“ Keine Schmerzvibrationen von Ahmed, nur das Summen entschlossener Wachsamkeit und das Warten auf einen Situationswechsel. Aber von den Arabern kam das warme Glühen eines interessierten Sadismus und so etwas wie Verehrung für die Standhaftigkeit ihres Opfers.
„Du sollst lügen! Sag, daß du ein Araber bist, dann nehme ich den Finger vom Knopf. Von welcher Rasse bist du?“ Selim kämpfte um sein Leben.
„Mütterlicherseits algerisch-französisch und väterlicherseits spanisch-romani.“ Ahmeds Stimme war dünn und sie kam keuchend, aber er sagte die Wahrheit.
Die nachdenkliche Stimme des alten Führers unterbrach ihn. „Interessant … Gefangener, ich habe Sie nur für einen Polizeispitzel gehalten. Bedeutet Romani Zigeuner?“
„Nein, Zigeuner bedeutet Romani“, keuchte Ahmed, der es mal wieder ganz genau haben wollte.
Selims Stimme klang rauh und drückte beinahe mehr Schmerz aus als die Ahmeds, denn jetzt sah er, daß ihm auch die letzten Möglichkeiten wegschwammen, seinen Gegner zu diskreditieren. „Polizistenhund, wenn du dich einen Araber nennst, höre ich auf, dir weh zu tun. Ich schalte dann den Strom ab. Was bist du?“
„Ein Mensch.“
„Genug, Selim, laß die Box jetzt los“, kommandierte der Anführer.
Und noch einmal, diesmal etwas lauter, sprach Hisham den Befehl aus. „Laß die Box los, schalte den Strom ab. Es ist zu spät. Es wird dich nicht mehr retten.“
Selim fällt mit einer solch großen Lautstärke eine verzweifelte Entscheidung, daß ich sogar mit geschlossenen Augen sah, wie er seinen Führer ansprang. Ich hörte das Zischen eines Lasers, dann einen dumpfen Aufprall und das Klirren auf dem Boden zerschellender Tassen. Ich hörte mit dem Zähneknirschen auf und löste meine Hände voneinander. Dann lugte ich wieder durch den Spalt und sah, wie Selims Körper langsam von der Oberfläche eines Kaffeetisches herabrutschte und unter dem Klirren weiterer Tassen auf dem Fußboden landete.
Mit einer Handbewegung, die etwas Endgültiges ausdrückte, steckte Akbar Hisham seinen Laser ein. Die arabischen Soldaten entspannten sich. Ihr Führer sagte formell: „Ich bin für das Blut dieses Mannes nicht verantwortlich. Der Zigeuner hat Selims Tod vorhergesagt. Und er hat gesagt, daß seine finsteren Pläne ihm den Tod bringen würden. Ich bin nur das Schwert in Allahs Händen, das nach seinem Willen zuschlägt. Der Zigeuner hat ebenso gesagt, daß ihr und eure Kinder erfolgreich sein und großen Reichtum erwerben werdet. Der Zigeuner spricht die Wahrheit; also fürchtet euch nicht vor der Zukunft.“
Die anderen schrien und lachten dankbar und erleichtert auf, weil Hisham den Zigeuner nicht fragte, ob sie mit Selim unter einer Decke gesteckt hatten. Beschämt schworen sie ihrem Führer ewige Liebe und Treue. Der kleine Gelehrte mit dem sonnengebräunten Kahlkopf nahm ihre Verehrung mit einem leicht müden Lächeln hin.
Dann hob er die zu Boden gefallene Folterbox auf. Es war eine würfelförmige Metallschachtel, auf deren Oberseite ein roter Knopf war. In ihrem Inneren befanden sich zwei Batterien. Hisham drückte
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