Der Esper und die Stadt
wird. Er schlägt vor, den Ausstieg dichtzubomben, damit nicht noch mehr Luft entweicht.“
Ahmed lauschte weiter und neigte seinen Kopf den Geräuschen entgegen, die aus seinen Hörstöpseln kamen.
„Da schwimmen Leute“, sagte ich. „Bomben erzeugen Erschütterungen. Laßt uns die Leute aus dem Wasser holen.“
„In Ordnung“, sagte der Pilot. „Ausschau halten.“
Der Hubschrauber ging tiefer und kreuzte über dem Wasser. Wir schauten nach unten und suchten in den rollenden Wellen nach einem Schwimmer, der unsere Hilfe brauchte.
„Da.“ Ahmed deutete auf einen rosafarbenen, dünnen Arm und einen dunklen Kopf. Der Pilot drehte um, blieb in der Schwebe, ließ die Leiter hinab, und wir kletterten hinunter und versuchten mit einer Schlinge eine bewußtlose, nackte Frau einzufangen. Ihr Kopf tauchte unter, kam aber wieder hoch, als wir sie endlich hatten. Die Wellen klatschten gegen unsere Knie, als wir uns von der Strickleiter zurücklehnten.
„A CHTUNG , ACHTUNG!“ gab eine laute, verstärkte Stimme bekannt.
„ALLE IN DIESEM GEBIET BEFINDLICHEN BOOTE BEGEBEN SICH SOFORT IN DIE KATASTROPHENZONE UND NEHMEN ÜBERLEBENDE AUF. IN FÜNF MINUTEN – BEIM NÄCHSTEN SIGNAL – HABEN SICH ALLE BOOTE AUS DER NÄHE DES LUFTSCHACHT-ZENTRUMS ZU ENTFERNEN UND FÜNFHUNDERT METER WEIT ZURÜCKZUZIEHEN, UM EIN BOMBARDEMENT ZU ERMÖGLICHEN. WARTEN SIE AUF DAS SIGNAL. ICH WIEDERHOLE: SIE HABEN FÜNF MINUTEN, UM NACH ÜBERLEBENDEN ZU SUCHEN UND SIE AN BORD ZU NEHMEN.“
Ahmed und ich schrien dem Piloten zu: „Fertig!“ Das Netz, in dem die junge Frau lag, wurde nach oben gezogen und verschwand durch die untere Frachtluke im Inneren des Hubschraubers. Die Klappe schloß sich. Wir kletterten, so naß wie wir waren, wieder hinein, breiteten den bewußtlosen, hübschen Körper auf dem Boden aus und versuchten es mit künstlicher Beatmung. Die Frau war kalt. Wir konnten ihren Puls nicht finden, und sie blutete aus den Ohren, aus der Nase und aus den geschlossenen Augen. Auf ihrer glatten Haut war keine einzige Schramme zu sehen; sie hatte auch keine Brüche. Ich massierte sanft ihren Brustkasten, damit sie wieder anfing zu atmen, aber aus ihrem Mund kamen nur ein Seufzer und etwas Blut. Ich drückte noch einmal. Das Blut kam aus ihren Augen, wie Tränen.
Ahmed sagte müde: „Gib es auf, George, sie ist tot.“
Ich stand auf und wich zurück. Ich war richtig erschrocken. „Was machen wir jetzt? Sollen wir sie wieder reinwerfen?“
„Nein“, sagt der Pilot. „Wir müssen sie zum Hospital bringen. Vorschrift.“
Wir flogen mit dem Kopter über die graue See. Wir waren so tief, daß die Spritzer gegen die Scheibe klatschten. Die Tote lag zwischen uns auf dem Boden und berührte unsere Füße.
Wir sahen einen Arm, der auf den Wellen trieb.
„Sollen wir ihn reinziehen?“ fragte ich.
„Nein, Einzelteile brauchen wir nicht mitzunehmen“, sagte der Polizist gelassen.
Wir kreisten weiter und kamen an den kleinen Booten vorbei, deren Passagiere beim Fischen gewesen waren, als die Katastrophe begonnen hatte. Als sie zu uns aufsahen, waren ihre Gesichter totenbleich.
Die Leiche lag zwischen uns auf dem Boden. Der Körper war ebenmäßig und unversehrt. Der Kopter kippte. Die Leiche rollte weiter. Ihre Arme und Beine bewegten sich.
Ahmed nahm auf dem Sitz des Ko-Piloten Platz, schnallte sich an, beugte sich nach vorn, legte das Gesicht in beide Hände und versuchte die Leiche nicht anzusehen. Ich sah aus dem Fenster auf die im Wasser treibenden Möbelstücke und unkenntlichen Fetzen und beobachtete die näher kommenden und das Meer absuchenden Schiffe der Küstenwache.
Das Kopter-Funkgerät piepste drängend. Der Pilot ging auf Empfang. „Befehl der
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