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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine McLean
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wird. Er schlägt vor, den Aus­stieg dicht­zu­bom­ben, da­mit nicht noch mehr Luft ent­weicht.“
    Ah­med lausch­te wei­ter und neig­te sei­nen Kopf den Ge­räuschen ent­ge­gen, die aus sei­nen Hör­stöp­seln ka­men.
    „Da schwim­men Leu­te“, sag­te ich. „Bom­ben er­zeu­gen Er­schüt­te­run­gen. Laßt uns die Leu­te aus dem Was­ser ho­len.“
    „In Ord­nung“, sag­te der Pi­lot. „Aus­schau hal­ten.“
    Der Hub­schrau­ber ging tiefer und kreuz­te über dem Was­ser. Wir schau­ten nach un­ten und such­ten in den rol­len­den Wel­len nach ei­nem Schwim­mer, der un­se­re Hil­fe brauch­te.
    „Da.“ Ah­med deu­te­te auf einen ro­sa­far­be­nen, dün­nen Arm und einen dunklen Kopf. Der Pi­lot dreh­te um, blieb in der Schwe­be, ließ die Lei­ter hin­ab, und wir klet­ter­ten hin­un­ter und ver­such­ten mit ei­ner Schlin­ge ei­ne be­wußt­lo­se, nack­te Frau ein­zu­fan­gen. Ihr Kopf tauch­te un­ter, kam aber wie­der hoch, als wir sie end­lich hat­ten. Die Wel­len klatsch­ten ge­gen un­se­re Knie, als wir uns von der Strick­lei­ter zu­rück­lehn­ten.
    „A CHTUNG , ACH­TUNG!“ gab ei­ne lau­te, ver­stärk­te Stim­me be­kannt.
    „AL­LE IN DIE­SEM GE­BIET BE­FIND­LI­CHEN BOO­TE BE­GE­BEN SICH SO­FORT IN DIE KA­TA­STRO­PHEN­ZO­NE UND NEH­MEN ÜBER­LE­BEN­DE AUF. IN FÜNF MI­NU­TEN – BEIM NÄCHS­TEN SI­GNAL – HA­BEN SICH AL­LE BOO­TE AUS DER NÄ­HE DES LUFT­SCHACHT-ZEN­TRUMS ZU ENT­FER­NEN UND FÜNF­HUN­DERT ME­TER WEIT ZU­RÜCK­ZU­ZIE­HEN, UM EIN BOM­BAR­DE­MENT ZU ER­MÖG­LI­CHEN. WAR­TEN SIE AUF DAS SI­GNAL. ICH WIE­DER­HO­LE: SIE HA­BEN FÜNF MI­NU­TEN, UM NACH ÜBER­LE­BEN­DEN ZU SU­CHEN UND SIE AN BORD ZU NEH­MEN.“
    Ah­med und ich schri­en dem Pi­lo­ten zu: „Fer­tig!“ Das Netz, in dem die jun­ge Frau lag, wur­de nach oben ge­zo­gen und ver­schwand durch die un­te­re Fracht­lu­ke im In­ne­ren des Hub­schrau­bers. Die Klap­pe schloß sich. Wir klet­ter­ten, so naß wie wir wa­ren, wie­der hin­ein, brei­te­ten den be­wußt­lo­sen, hüb­schen Kör­per auf dem Bo­den aus und ver­such­ten es mit künst­li­cher Be­at­mung. Die Frau war kalt. Wir konn­ten ih­ren Puls nicht fin­den, und sie blu­te­te aus den Oh­ren, aus der Na­se und aus den ge­schlos­se­nen Au­gen. Auf ih­rer glat­ten Haut war kei­ne ein­zi­ge Schram­me zu se­hen; sie hat­te auch kei­ne Brü­che. Ich mas­sier­te sanft ih­ren Brust­kas­ten, da­mit sie wie­der an­fing zu at­men, aber aus ih­rem Mund ka­men nur ein Seuf­zer und et­was Blut. Ich drück­te noch ein­mal. Das Blut kam aus ih­ren Au­gen, wie Trä­nen.
    Ah­med sag­te mü­de: „Gib es auf, Ge­or­ge, sie ist tot.“
    Ich stand auf und wich zu­rück. Ich war rich­tig er­schro­cken. „Was ma­chen wir jetzt? Sol­len wir sie wie­der rein­wer­fen?“
    „Nein“, sagt der Pi­lot. „Wir müs­sen sie zum Hos­pi­tal brin­gen. Vor­schrift.“
    Wir flo­gen mit dem Ko­pter über die graue See. Wir wa­ren so tief, daß die Sprit­zer ge­gen die Schei­be klatsch­ten. Die To­te lag zwi­schen uns auf dem Bo­den und be­rühr­te un­se­re Fü­ße.
    Wir sa­hen einen Arm, der auf den Wel­len trieb.
    „Sol­len wir ihn rein­zie­hen?“ frag­te ich.
    „Nein, Ein­zel­tei­le brau­chen wir nicht mit­zu­neh­men“, sag­te der Po­li­zist ge­las­sen.
    Wir kreis­ten wei­ter und ka­men an den klei­nen Boo­ten vor­bei, de­ren Pas­sa­gie­re beim Fi­schen ge­we­sen wa­ren, als die Ka­ta­stro­phe be­gon­nen hat­te. Als sie zu uns auf­sa­hen, wa­ren ih­re Ge­sich­ter to­ten­bleich.
    Die Lei­che lag zwi­schen uns auf dem Bo­den. Der Kör­per war eben­mä­ßig und un­ver­sehrt. Der Ko­pter kipp­te. Die Lei­che roll­te wei­ter. Ih­re Ar­me und Bei­ne be­weg­ten sich.
    Ah­med nahm auf dem Sitz des Ko-Pi­lo­ten Platz, schnall­te sich an, beug­te sich nach vorn, leg­te das Ge­sicht in bei­de Hän­de und ver­such­te die Lei­che nicht an­zu­se­hen. Ich sah aus dem Fens­ter auf die im Was­ser trei­ben­den Mö­bel­stücke und un­kennt­li­chen Fet­zen und be­ob­ach­te­te die nä­her kom­men­den und das Meer ab­su­chen­den Schif­fe der Küs­ten­wa­che.
    Das Ko­pter-Funk­ge­rät pieps­te drän­gend. Der Pi­lot ging auf Emp­fang. „Be­fehl der

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