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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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großen Herren als Ärzte, Haushofmeister und Dolmetscher, unabhängig von einem Regierungswechsel genossen sie stets den Schutz der Pforte. Und alle diese Leute waren wieder gleichsam die Außenvertreter der jüdischen Handelshäuser, die auf diese Weise zu Beziehungen bis in die Betten aller Leute von Einfluß gelangten. Es war also kein Wunder, daß sie schwer zu umgehen waren und auch europäische Firmen nicht ohne sie auskommen konnten.
    Ein weiterer Grund waren die mannigfachen Privilegien. Es handelte sich dabei um Beschäftigungen, die der Gläubigen angeblich nicht würdig seien und zu sehr ertragreichen jüdischen Monopolen wurden. Das letzte aber war die unentrinnbare Geschlossenheit des türkischen Judentums. Es war undenkbar, daß irgendwelche jüdischen Parteien ihre religiösen Streitigkeiten - wie es die Griechen taten - vor den großherrlichen Diwan brachten. Sie hatten ihre eigene, innere Gerichtsbarkeit nach mosaischem Gesetz, und der Große Fluch in der Synagoge bedeutete für jeden Verurteilten das wirtschaftliche und gesellschaftliche Todesurteil, das selbst der Padischah nicht beseitigen konnte. Zugleich schützte die Gemeinschaft jedes ihrer Mitglieder. Ein Außenstehender, der einen Juden, und sei er der geringste, beleidigt oder geschädigt hatte, bekam die ganze Macht der Gesamtheit zu spüren. Ihr opferte der fromme Jude sogar seine Eitelkeit. Er durfte wohl soviel verdienen, wie er vermochte; aber sein Lebensstil wurde ihm vorgeschrieben. Herausforderndes Protzentum wurden als zu gefährlich nicht geduldet. Von außen waren die Häuser selbst der Reichen bescheiden, ja ärmlich anzuschauen. Im Innern freilich war jeder Prunk, jeder Luxus anzutreffen und oft auch ein verfeinerter Lebensgenuß, der hinter abbröckelnden Mauern besser gedieh als in Palästen.
    In der Burg dieser türkischen Judenheit gab es keine Bresche, in die man hätte eindringen können. Das bedeutete für den Prinzen: Es gab keine Hoffnung, die türkischen Juden für einen äußeren Feind zu gewinnen und schon gar nicht für einen Feind wie die Deutschen, deren Juden so viel zu leiden hatten. Dagegen konnte es das Volk, aus dem das Christentum hervorgegangen war, nirgendwo besser haben als in der Türkei.
    „Und die Pforte?“ fragte der Prinz. „Braucht sie nie Geld?“
    „Da ich nicht Monseigneurs einzige Quelle bin . . ." Jesche zögerte. „Und wenn ich etwas noch so oft höre - irgend etwas Neues ist immer dabei. Sprechen Sie nur, Monsieur.“
    „Die türkische Steuerverwaltung beruht auf der alten byzantinischen, die nur jeweils den Bedürfnissen angepaßt wurde. Sie ist viel besser als unsere.“
    „Und gestohlen?“
    „Wird auch. Aber seltener und mäßiger. Es ist eben ein ganz anderes Verfahren. Wird ein Gouverneur wegen Bedrückung verklagt, so bekommt er eine Rüge, einmal, zweimal, wird vielleicht auch versetzt; aber wenn das alles nicht hilft, rollt sein Kopf auf das Blutleder. Haben Hoheit schon einmal gehört, daß bei uns ein Statthalter wegen Volksbedrückung und Unredlichkeit geköpft worden sei? Ich nicht. Es mag bei uns weniger barbarisch zu gehen ... für die Hocharistokraten . .. für den großherrlichen Schatz, der in der Hauptsache ein Volksschatz ist, und für das Volk selbst sind die türkischen Methoden humaner.“
    „Also keine Anleihen?“ knurrte der Prinz.
    „Ich habe nicht gehört, daß die Pforte je einer bedurft hätte.“
    „Ein gefährlicher Staat! Nun ja, Sie, Monsieur, sind für das Volk. Das verstehe ich natürlich, obwohl Sie und Ihre Firma an unserm Schlendrian verdienen. Glänzend verdienen! Aber ich .. .“ „Monseigneur sind natürlich für die Aristokratie!“ meinte der junge Oppenheimer mit größter Unbefangenheit, weil er wußte, daß seine Firma bald wieder gebraucht würde.
    „Offenbar wissen Sie mehr als ich. Vielleicht mögen Sie auch recht haben. Aber . . .“ — der Prinz dachte an alle die spanischen, böhmi-
    schen und anderen Herren, die ihm am Hofe Karls VI. das Leben schwermachten - „so genau weiß ich das nicht - ich meine, ob ich für die Aristokraten bin. Darüber habe ich oft nachgedacht. Doch zuletzt er versuchte zu einer festen Überzeugung zu kommen - „nein, mein Herr! Schon allein, daß die Türken keinen Adel haben ..."    —
    er verstärkte die Ablehnung mit dem Zeigefinger - „Nein! Diese Türken sind ein gefährliches Volk.“
    „Hoheit haben recht. Jeder türkische Soldat kann Stockprügel bekommen, aber dafür hat er auch

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