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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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gehofft habe. Er werde also über die Batthany, das Mädchen und den Prinzen etwas erfahren, was er noch nicht wisse. „Daß die Batthany des Prinzen Freundin ist, dürfte Ihnen nichts Neues sein. Der Wiener Kaiser hat doch schon gesagt, daß ihm wohl Eugens Ratschläge, aber nicht die der Batthany willkommen seien, auch dann nicht, wenn sie ihm durch Eugen zukämen.“
    Mit keinem Zucken verriet Beschir, daß ihm dies allerdings längst bekannt war.
    „Wenn ich sie“, fuhr Julienne fort, „eine blöde Ziege genannt habe -und das habe ich getan! -, so war das eine ganz gemeine Lüge von mir. Aber ich kann Ihnen leider nicht versprechen, daß ich das nie wieder tun werde. In Wirklichkeit ist sie stattlich, hat ein bemerkenswertes Dekollete und kann schrecklich liebenswürdig und geradezu damenhaft sein. Das andere erzähle ich Ihnen jetzt. Nur so als Beispiel. Sie hatte eine junge Ungarin zu ihrer Bedienung, ein hübsches, nettes Ding, das so herzlich gern einen der gräflichen Förster geheiratet hätte, nur daß die Gräfin, die sich an sie gewöhnt hatte, ihre Einwilligung versagte. Eines Tages vermißte nun die Batthany, die alte Schlampe, eine wertvolle Brosche und tat natürlich das, was solche Weiber immer in solchen Fällen tun: In ihrem ersten Ärger und ihrer Wut bezichtigte sie den ersten besten oder die erste beste des Diebstahls. Als Gutsherrin hatte die Batthany obendrein die Gerichtsbarkeit. Der Justitiar wurde in Bewegung gesetzt, und wenn sich die Brosche nicht rechtzeitig im Stallstroh gefunden hätte, wo die Gräfin sie verloren hatte, wäre das Mädchen Vilma als Diebin gehenkt worden. Glücklicherweise hatte nicht die Batthany selbst den Schmuck wiedergefunden, sondern der Stallmeister, der in seiner Dummheit erst einiges davon hermachte, ehe er der Gräfin die Brosche brachte. -Ich war damals im Schloß zu Besuch und hatte niemals an Vilmas Schuld geglaubt. In meiner Freude suchte ich sie nun, erhielt aber nur verlegene Antworten, bis ich Geschrei vernahm. Wenn ich doch nie wieder solche Schreie hören müßte! Um viele Zuschauer zu haben, hatte man eine Bank auf den Hof gestellt, Vilma nackt darauf geschnallt und zwei Heiduken - wissen Sie, was für Kerle das sind? -, also zwei von ihnen standen da, auf jeder Seite einer, und peitschten mit dicken Lederpeitschen auf das arme Ding ein, daß von Rücken, Lenden und Schenkeln das Blut nur so runterlief. Sie können sich denken, wie ich dazwischengefahren bin und wie schnell ich oben bei der Batthany war, als ich das Scheusal an einem Fenster bemerkte, wie es zusah. Es ist wahr, ich habe sie angebrüllt, aber sie war auch nicht gerade fein. Die Vilma sei ihre Leibeigene und nicht meine, schrie sie. Ich wollte sie ihr abkaufen, doch sie lachte nur. Dafür beschimpfte sie mich mit meiner Mutter und meiner Geburt, und ich hätte wohl noch viel zu hören bekommen, was ich noch nicht gewußt hatte, wenn ich nicht hinuntergerast wäre und mit allen meinen Leuten, die ich gerade schnell zu fassen bekommen konnte, daß Schloß verlassen hätte. Im Galopp, kann ich Ihnen sagen! - So, und nun können Sie mir auch mit Rechtssätzen und Grundsätzen kommen und damit, daß die Gräfin als Herrin nach all’ dem Lärm blamiert gewesen und das Vertrauen in die Rechtspflege erschüttert worden wäre, wenn die Vilma nicht wenigstens einen kleinen Denkzettel erhalten hätte. Einen kleinen Denkzettel! Fünfzig Peitschenhiebe! und dann: was es für ein ordentliches Mädchen wie die Vilma bedeutete, vor allen Leuten, die doch ihre Welt waren, sich splitternackt zeigen zu müssen! - Also“, schloß sie und schöpfte tief Atem, „jetzt dürfen Sie meinetwegen auch noch die Bibel zitieren. Daß Sie sich darin auskennen, traue ich Ihnen zu.“
    „War es der von Nesselrode oder der Csaky?“ erkundigte sich Beschir.
    „Was?!“ entsetzte sich Julienne wieder einmal über sein unheimliches Wissen.
    „Das ist nicht so verwunderlich“, beruhigte er sie aber. „Die beiden hochwürdigen Bischöfe sind in der Nähe des prinzlichen Besitzes begütert. Einer von den beiden dürfte es demnach gewesen sein.“
    „Es war der Nesselrode“, sagte sie. „Er meinte, daß die Leute der Obrigkeit untertan sein müssen, der Gott Gewalt über sie gegeben habe, und daß die Gräfin eher zu loben als zu tadeln sei.“
    „Und was haben Sie ihm geantwortet?“
    „ Iich möchte das lieber nicht wiederholen. Sie haben mir schon einmal gute Lehren gegeben, und ich begreife nicht,

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