Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der ewige Gaertner

Der ewige Gaertner

Titel: Der ewige Gaertner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
Vom Netzwerk:
aus Messing und Stahl, mit Messinghaken für das Kaminbesteck. Feuerstelle und Rost waren rußbedeckt. Derselbe Ruß zog schwarze Linien über die Stahlgriffe der Zangen und des Schüreisens.
    Hier haben wir es also mit einem wunderbaren Geheimnis der Natur zu tun, erzählte er Tessa: Zwei verschiedene Dohlenkolonien suchen sich exakt denselben Zeitpunkt aus, um in zwei nicht miteinander verbundenen Schornsteinen Ruß loszuschlagen. Was schließen wir daraus? Du als Juristin und ich als geschützte Art?
    Im Salon war allerdings kein Fußabdruck. Wer immer den Esszimmerkamin durchsucht haben mochte, hatte freundlicherweise einen Fußabdruck hinterlassen. Wer aber im Salonkamin herumgestöbert hatte – ob derselbe oder jemand anders –, hatte dies nicht getan.
    Doch warum sollte überhaupt jemand in einem Kamin herumstöbern, geschweige denn in zweien? Sicher, alte Kamine gelten gemeinhin als Verstecke für Liebesbriefe, Testamente, beschämende Tagebücher und Beutel voller Goldtaler. Wahr ist auch, dass der Legende nach Geister in Schornsteinen hausen. Dass der Wind alte Schornsteine benutzt, um seine Geschichten zu erzählen, von denen viele geheim sind. Und auch an diesem Abend wehte ein kalter Wind, der an den Fensterläden rüttelte und durch die Türschlösser pfiff. Aber warum diese Kamine durchsuchen? Unsere Kamine? Warum in Nummer vier? Es sei denn natürlich, dass die Kamine Teil einer allgemeinen Durchsuchung des ganzen Hauses waren – ein Nebenschauplatz des Hauptangriffs gewissermaßen.
    Justin blieb auf dem Treppenabsatz stehen, um Tessas Hausapotheke in Augenschein zu nehmen, ein altes, nichtsnutziges italienisches Gewürzschränkchen, das in der Ecke des Treppenaufgangs hing und auf das sie selbst ein grünes Kreuz gemalt hatte. Nicht umsonst war sie die Tochter einer Ärztin. Die Tür des Schränkchens stand einen Spaltbreit offen. Justin stieß sie ganz auf.
    Geplündert. Umgekippte Pflasterdosen, Mull, verstreutes Boraxpulver – ein heilloses Durcheinander. Als er die Tür zumachte, schrillte das Telefon, das neben seinem Kopf im Treppenhaus hing.
    Wenn es für dich ist, sagte er zu Tessa, werde ich sagen müssen, dass du tot bist. Ist es für mich, werde ich mir Beileidsbekundungen anhören müssen. Oder es ist der Rührkuchen, der wissen will, ob ich alles Notwendige hier habe, um still und brav mein Trauma zu pflegen. Auf jeden Fall ist es jemand, der stundenlang nur das Besetztzeichen gehört hat, während ich mit Ma Gates telefoniert habe.
    Er nahm den Hörer ab und hörte eine Frau, die geschäftig auf ihn einredete. Blecherne Stimmen tönten im Hintergrund, Schritte hallten. Eine geschäftige Frau an einem belebten Ort mit Steinfußboden. Eine geschäftige Frau aus dem Londoner East End und mit dem Humor und der forschen Stimme einer Straßenhändlerin.
    »Also! Kann ich bitte mit Mr Justin Quayle sprechen, falls er zu Hause ist?« Sie sagte es so feierlich, als wäre sie im Begriff, einen Kartentrick vorzuführen. Und zur Seite gewandt, fuhr sie fort: »Er ist da, Darling, ich kann ihn hören.«
    »Hier Quayle.«
    »Willst du selbst mit ihm sprechen, Darling?« Darling wollte nicht. »Hier ist nämlich Blumen Jeffrey’s, Mr Quayle, aus der King’s Road. Wir haben hier einen reizenden Strauß – ich verrate Ihnen aber nicht, was es ist –, den wir auf alle Fälle heute Abend bei Ihnen abliefern sollen, falls Sie da sind, und so schnell wie möglich, und ich soll nicht sagen, von wem, stimmt’s, Darling?« Das tat es offenbar. »Also, wie wär’s, wenn ich den Jungen jetzt gleich vorbeischicke, Mr Quayle? In zwei Minuten ist er da, stimmt’s, Kevin? Oder in einer, wenn Sie ihm was Anständiges zu trinken geben.«
    Dann schicken Sie ihn her, sagte Justin zerstreut.
    ***
    Justin blieb vor Arnolds Zimmer stehen, das so genannt wurde, weil Arnold, wenn er zu Gast war, stets mit Hilfe eines vergessenen Stücks seinen Besitzanspruch anmeldete – einem Paar Schuhe, einem elektrischen Rasierer, einem Wecker, einem Stapel Papiere über das katastrophale Scheitern der medizinischen Hilfe für die Dritte Welt. Beim Anblick von Arnolds Kamelhaarstrickjacke, die über der Rückenlehne eines Stuhls hing, blieb Justin wie angewurzelt stehen und hätte beinahe Arnolds Namen gerufen. Dann begann er doch, sich dem Schreibtisch zu nähern.
    Durchsucht.
    Schubladen aufgestemmt, Unterlagen und Schreibpapier herausgerissen und achtlos wieder hineingeworfen.
    Das Schiffshorn dröhnte. Justin rannte die

Weitere Kostenlose Bücher