Der ewige Held 02 - Der Phönix im Obsidian
Wir müssen auch meinen Mitregenten, den weltlichen Fürsten, befragen. Ich bin sicher, er wird Eure Bitten gewähren und Euch willkommen heißen. Wir müssen Räumlichkeiten für Euch finden, Sklaven und so weiter. Diese Tätigkeiten werden auch dazu beitragen, die Langeweile zu vertreiben, die Rowenarc bedroht.«
»Ich brauche keine Sklaven«, wandte ich ein.
Bischof Belphig kicherte. »Wartet mit Eurem Entschluß, bis Ihr sie gesehen habt.« Dann aus seinen geschminkten Augen. »Aber vielleicht stammt Ihr aus einer Zeit, in der das Halten von Sklaven verpönt ist, eh? Ich habe gelesen, daß es so etwas gegeben hat. Aber in Rowenarc werden Sklaven nicht gezwungen. Nur solche, die den Wunsch haben, werden Sklaven. Wenn sie irgend etwas anderes sein möchten, nun, dann können sie tun, was immer sie wollen. Dies ist Rowenarc, Graf Urlik, wo es allen Männern und Frauen freisteht, ihren Neigungen zu folgen.«
»Und Ihr habt Euch dazu entschlossen, geistlicher Fürst zu werden?«
Wieder lächelte der Bischof. »In gewisser Weise. Der Titel ist erblich, aber viele, die in diese Stellung geboren wurden, zogen andere Beschäftigungen vor. Mein Bruder zum Beispiel ist ein einfacher Seemann.«
»Ihr befahrt diese salzigen Meere?« Ich war erstaunt.
»Wiederum in gewisser Weise. Wenn Ihr die Gebräuche Rowenarcs nicht kennt, werdet Ihr viele davon interessant finden.«
»Zweifellos«, sagte ich. Im geheimen dachte ich, daß manche dieser Gebräuche ganz und gar nicht nach meinem Geschmack waren. Hier erlebte ich die menschliche Rasse im Endstadium der Dekadenz - pervers, unbekümmert, ohne Ehrgeiz. Und ich konnte es ihnen nicht verdenken. Immerhin hatten sie keine Zukunft.
Und da war auch noch etwas in mir, das den Zynismus Bischof Belphigs widerspiegelte. Denn hatte nicht auch ich nur wenig, für das es sich zu leben lohnte.
Der Bischof erhob die Stimme. »Sklaven! Morgeg! Kommt wieder herein.«
Sie trabten in das halbdunkle Zimmer, Morgeg an der Spitze.
»Morgeg«, sagte der Bischof, »vielleicht könnt Ihr einen Boten zu dem weltlichen Fürsten schicken. Laßt ihn fragen, ob er bereit ist, Graf Urlik Skarsol eine Audienz zu gewähren. Und laßt ihm ausrichten, daß ich dem Grafen unsere Gastfreundschaft angeboten habe, falls er damit einverstanden ist.«
Morgeg verneigte sich und verließ das Zimmer.
»Und nun, während wir warten, müßt Ihr mit mir speisen, mein Fürst«, wandte sich der Bischof an mich. »Wir züchten Früchte und Gemüse in unseren Gartenhöhlen, und das Meer versorgt uns mit Fleisch. Mein Koch ist der beste von ganz Rowenarc. Nehmt Ihr die Einladung an?«
»Gerne«, erwiderte ich, denn mir war zu Bewußtsein gekommen, wie hungrig ich war.
IV
DER WELTLICHE FÜRST
Das Essen, obwohl für meinen Geschmack etwas zu üppig und überreichlich gewürzt, war köstlich. Als wir fertig waren, kam Morgeg, um uns mitzuteilen, daß der weltliche Fürst die Nachricht erhalten hatte.
»Es dauerte einige Zeit, bis wir ihn gefunden hatten«, sagte Morgeg und warf dem Bischof einen bezeichnenden Blick zu. »Aber er wird unserem Gast jetzt eine Audienz gewähren, wenn unser Gast es wünscht.« Er betrachtete mich mit seinen blassen, kalten Augen.
»Seid Ihr gesättigt, Graf Urlik?« fragte Bischof Belphig. »Habt Ihr noch irgendeinen Wunsch?« Er wischte mit einer Brokatserviette über seine roten Lippen und entfernte einen Saucenfleck von seinem Kinn.
»Ich danke Euch für Eure Großzügigkeit«, sagte ich und stand auf. Ich hatte mehr salzigen Wein getrunken, als ich eigentlich wollte, aber er machte die verzweifelte Sehnsucht nach Ermizhad erträglicher, die mich immer noch quälte - mich quälen würde, bis ich sie wiederfand.
Ich folgte Morgeg aus dem bizarren Raum. Als ich in der Tür stand, drehte ich mich um, weil ich Bischof Belphig nochmals danken wollte.
Er hatte etwas von der Sauce über den Körper eines jungen Sklaven gestrichen und bückte sich gerade, um sie wieder abzulecken.
Rasch wandte ich mich ab und beschleunigte meine Schritte, während Morgeg mich den Weg zurückführte, den wir gekommen waren.
»Des weltlichen Fürsten Provinz heißt Dhötgard und liegt über dieser. Wir müssen wieder auf den äußeren Weg hinaus.«
»Gibt es keine Verbindungsgänge zwischen den einzelnen Stockwerken?« erkundigte ich mich.
Morgeg zuckte die Schultern. »Ja, ich glaube. Aber dieser Weg ist einfacher, als erst die Türen zu suchen und sie dann vielleicht nicht einmal öffnen zu
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